Des einem Leid, des anderem Freud

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Ich lag auf dem Rücken in einem Bett. In welchem wusste ich nicht, ich wusste nur, dass es nicht meins war. Als ich meine schweren Augenlider hob, blickte ich in das sorgenvolle Gesicht von Robin.

Ich war also nach auf seinem Anwesen. Alles klar. Und ich war nicht in diesem Musikzimmer bei seinem unheimlichen Vater. Gut.

Ich lächelte Robin schwach an, er erwiderte mein Lächeln und strich mir seicht über die Wange. Ich hätte ewig so liegen bleiben können, es war einfach so gemütlich und dann noch dieses liebevolle Lächeln von Robin, der wie ein beschützender Engel auf mich herabschaute.

Ich schloss meine Augen wieder und fragte Robin mit leiser Stimme: >>Warum hast du mir nie erzählt, dass du so gut Klavier spielen kannst?<< >>Ich dachte, dass wär nicht wichtig.<< erwiderte er und ohne hinzuschauen wusste ich, dass er lächelte.

>>Hast du denn gut geschlafen?<< fragte Robin nach einer langen Pause. Ich schlug meine Augen auf und verzog mein Gesicht. Bei dem Gedanken an diesen Traum wurde mir regelrecht übel. Diese ganzen Leichen, Lucas der so litt und dann auch noch dieses Gefühl, welches ich hatte. Diese Genugtuung. Diese Zufriedenheit.

>>Nein. Nein das habe ich nicht.<< zischte ich schließlich. Robin sah mich entschuldigend an. Warum? Er konnte doch nichts dafür, dass ich schlecht geträumt hatte, oder? >>'Tschuldigung, ich hatte einfach nur schlecht geträumt.<< sagte ich und seufzte einmal tief. >>Nein, ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss.<< gab Robin zurück. >>Warum?<< >>Kann ich dir nicht sagen.<< >>Warum?<< >>Es ist kompliziert.<< >>Warum?<< >>Willst du jetzt die ganze Zeit immer nur >Warum?< sagen?<< >>Vielleicht.<<

Robin fing an leise zu Lachen und steckte mich sofort an. >>Sollen wir einen kleinen Spaziergang machen?<< fragte Robin dann auf einmal. >>Klar.<< sagte ich. Einerseits fand ich den Gedanken mit Robin durch die nächtliche Stadt zu spazieren ziemlich reizvoll, andererseits wollte ich nicht aufstehen weil es bedeutete, ich müsste mich von Robins Schoß erheben. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte schob Robin mich hoch, so das ich aufrecht saß und stand auf. Ich tat es ihm gleich und zog meine Schuhe an, die er mir anscheinend vorher ausgezogen hatte. Auch Robin hatte nun seine Schuhe an und hielt mir meinen Sommermantel hin. Schnell zog ich ihn über und folgte Robin in die kühle Nachtluft.

Und so schlenderten Robin und ich durch die Straßen und immer wenn jemand uns entgegen kam, zog er mich hinter die nächstgelegene Ecke. Warum wir das taten wussten wir auch nicht genau, wir brachen einfach nur jedes Mal in hysterisches Lachen aus. Wie zwei kindische Teenager, was wir ja anscheinend auch waren. Nachts war die Stadt noch viel schöner als am Tag: Überall waren Lampions aufgehängt und gaben ein warmes Licht ab, Die Straßen waren fast leer und die Sterne strahlten um die Wette.

Nach einiger Zeit kamen wir an einer kleinen Seitengasse an, an der Robin sagte: >>Komm mit, ich will dir was zeigen.<< Er nahm mich bei der Hand und zog mich hinter sich her. Ich war ziemlich gespannt darauf, was mir Robin zeigen würde, wie ein kleines Kind an Weihnachten. Doch dann blieb er plötzlich stehen und ich prallte gegen ihn. >>Was ist? Warum gehst du nicht weiter?<< fragte ich. >>Ich glaub das willst du nicht wissen.<< antwortete Robin mit unterkühlter Stimme. Da stimmte doch was nicht. Entschlossen drängte ich mich an Robin vorbei und das was ich zu Gesicht bekam, raubte mir den Atem.

Da war Biancaneve.

Da war Lucas.

Da war ein Kuss.

Augenblicklich schnürte es mir die Kehle zu und mein Herz fühlte sich so an, als würde es in tausende von Teilen zerspringen. Fühlte sich so ein gebrochenes Herz an? Wenn ja, dann wollte ich es wegwerfen und nie wieder zurück holen. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ein eindeutiges Zeichen, das ich wütend war. >>Robin?<< sagte ich mit Tränenerstickter Stimme und die ersten Tränen kullerten über meine Wange. >>Ja?<< gab er vorsichtig zurück. >>Bring mich nach Hause. Sofort.<< Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging kerzengerade aus der Seitengasse.

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