Jetzt tanzte ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit mit Ilaria Walzer und sie hatte immer noch etwas zu bemängeln. >>Deine Körperhaltung ist zu steif, versuche, dich etwas zu entspannen.<< Du wirst ja auch gleich nicht gekrönt! >>Aber sonst ist alles perfekt.<< Und nochmals gingen wir die Schrittfolge durch. Und nochmal, und nochmal, und nochmal…
Erst nach ein paar hundert Tanzschritten später sagte Ilaria zufrieden: >>Ja, jetzt bist du bereit.<< >>Na super…<< murmelte ich, so dass sie es nicht hören konnte. >>Komm, es sind bestimmt schon einige Gäste eingetroffen.<< sagte die kleine Frau. Die Sonne war schon untergegangen und man sah nur noch den silbernen Mond, der von vielen kleinen Sternen umringt wurde. Noch einmal checkte ich mein Outfit und meine Haare in dem riesigen Spiegel, der die ganzen Wände des Tanzsaales schmückte. Ilaria bot mir den Arm an und nickend hackte ich mich bei ihr unter. So liefen wir, bis wir vor der Tür zu den Gemächern der Königin und des Königs anhielten. >>So meine Liebe, ich gehe jetzt in den Festsaal und begrüße die Leute und du machst dich mit deinen Eltern fertig.<< sagte Ilaria und war auch schon weg.
Ich klopfte an die Tür und wartete, bis die Königin >>Herein<< rief. Das Zimmer der Königin und des Königs ähnelte sehr stark meinem, nur das hier ein doppelt so großes Bett drin stand. >>Ah, Lynn! Ich habe mich schon gefragt wo du bleibst.<< sagte die Königin und lief freudestrahlend auf mich zu. Auch der König kam zu mir und nickte mir einmal zu. Okay, er war definitiv nicht der geborene Vater. >>Komm, wir sind spät dran.<< sagte er nur und ging durch die Tür hinaus. Damiana guckte mich entschuldigend an: >>Er ist von der ganzen Vorbereitung ziemlich gestresst, nimm es nicht persönlich.<< Ich lächelte sie an. Sie versuchte wirklich eine gute Mutter zu sein, auch wenn es ihr nicht ganz gelang.
Schweigend gingen wir drei die Gänge entlang und meine Nervosität stieg mit jedem Schritt. Als wir vor der Tür standen drohte mein Herz zu zerspringen. Aus dem Raum erklang ein Stück von Johann Strauss >An der schönen blauen Donau<. Woher ich das wusste? Wir hatten dieses Stück erst neulich in der Schule. Also in der modernen Schule im 21. Jahrhundert. Die Königin drückte mir noch einmal ermutigend die Hand und stellte sich dann in Position. Ich tat es ihr gleich und streckte meinen Rücken durch, und wie heißt es doch immer so schön: Bauch rein, Brust raus!
Der König stieß die Türen auf und sofort verstummte die Musik und die ganzen Unterhaltungen. Ein Mann in komischer Kleidung rief daraufhin durch den ganzen Saal: >>Ihre Majestäten: König Giacinto und Königin Damiana.<< Wo ist mein Name?! Warum sagt er meinen Namen nicht?! Damiana spürte anscheinend meine Unsicherheit und flüsterte schnell: >>Keine Angst Lynn, du kommst erst nach uns herein.<< Ich nickte kaum merklich und da war die Königin auch schon den roten Teppich entlang gegangen, der einmal von der Tür bis zu den Thronen reichte. Alle blickten auf die beiden, wie sie sich anmutig und würdevoll auf ihre Throne setzten.
>>Die verschollene Tochter des Königs und der Königin: Lynn Havensbee.<< rief nun der Mann und alle wandten den Blick zu mir. Das Herz sackte mir in die Hose und ich konnte mich nicht bewegen. Dann fiel mir wieder ein was mir Ilaria gesagt hatte: >>Wenn du da rausgehst, habe keine Angst. Die Leute vergöttern dich. Denk immer daran: Anmutig, Graziös und vor allem Würdevoll!<<
Anmutig, Graziös und Würdevoll. Ich hob mein Kinn und setzte einen Fuß nach dem anderen auf den roten Teppich. Die Leute um mich herum blendete ich aus und konzentrierte mich nur auf das, was vor mir lag. An dem Thron angekommen, drehte ich mich zu der Menschenmasse – die einfach riesig war – blickte einmal durch die Runde und setzte mich hin. Puh, geschafft. Alle blickten gespannt auf uns drei, bis Giacinto aufstand, um das Wort zu ergreifen. In lautem, machtvollem Ton sagte er: >>Ich danke euch, dass ihr zu diesem freudigen Anlass hergekommen seid. Dies ist für mich besonders wichtig, da meine Familie nun endlich wieder vereint ist. Nun, lasst uns beginnen. Massimiliano, wenn ich bitten dürfte.<< Ein anderer, komisch gekleideter Mann kam au Giacinto und hielt ging in die Hocke und hielt ihm ein dunkelblaues Kissen hin, auf dem ein weißes Diadem war.
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Zeitenwanderer
RomanceWas würdest du tun, wenn dein ganzes Leben eine einzige Lüge war? Die 16 jährige Lynn Havensbee ist ein ganz gewöhnliches Mädchen. Das dachte sie auf jeden Fall. Nach einem zunächst harmlosen Traum verändert sich ihre Sichtweise auf ihr Leben und na...