Irgendwann im Schreibprozess stößt jeder auf einen Moment, in dem man absolut nicht weiter weiß. Egal, ob es nun beim ersten Entwurf oder bei der Überarbeitung ist, es gibt diesen Punkt, an dem man vor dem leeren Blatt beziehungsweise Bildschirm sitzt und nicht den leisesten Schimmer hat, wie es weiter gehen soll. Nicht unbedingt was die gesamte Handlung angeht - zumindest die steht bei mir meistens, Probleme machen eher die Szenen, die verbindend zwischen den Schlüsselmomenten stehen, wichtige Informationen vermitteln sollen oder schlicht und einfach verhindern (solange sie nicht geschrieben sind), dass der Protagonist von A nach B kommt.
Mir ist das letztens bei der Überarbeitung von Caeth passiert. Egal, was ich gemacht habe, es klang immer noch scheiße. Irgendwann habe ich mich endlich überwinden können, die drei Kapitel zu löschen, stand dafür aber wiederum vor dem Problem, dass die nachfolgende Szene direkt daran anschließt. Wenn ich nicht auch die (wirklich gut gelungene) über den Haufen werfen wollte, musste ich irgendwie wieder auf den Ausgangspunkt kommen, aber ich wollte auch nicht die drei Kapitel inhaltlich beibehalten und neu schreiben, in der Hoffnung, danach zufrieden zu sein.
Ideen, was ich stattdessen machen könnte, wollten mir blöderweise auch nicht einfallen.
Bis ... (bitte keine voreiligen Schlüsse jetzt) ich mit dem männlichen Protagonisten über die Sache gesprochen habe. Da er mindestens für die gelöschten Kapitel verantwortlich war und es höchstwahrscheinlich auch für das neue sein würde, erschien er mir als bester Ansprechpartner.
Lacht jetzt jemand? Ja? Dann habt ihr das wahrscheinlich noch nie gemacht. Ich bin auch erst über den Blog www.schriftsteller-werden.de (übrigens sehr zu empfehlen) drauf gekommen und jetzt wünschte ich mir, es schon früher mal ausprobiert zu haben.
Es ist unglaublich faszinierend, was so ein Gespräch hervorholen kann.
Jackie (die Bloggerin) schreibt, dass sie oft mit ihren Charakteren spricht, wenn sie irgendwo nicht weiterkommt - und deswegen schon das ein oder andere Mal in der U-Bahn komisch angeguckt wurde.
Ich habe mich darauf beschränkt, das Gespräch gedanklich zu führen, aber wer weiß, irgendwann bleibt es vielleicht nicht mehr dort :D.Aber nochmal zum eigentlichen Problem: es macht wenig Sinn, mit einem Charakter zu sprechen, wenn man ihn nicht sehr gut kennt. Natürlich kann man ihn durch das Gespräch auch erst richtig kennenlernen, aber es ist nicht das selbe. Wenn man es dann wagt, sollte man auch nicht sofort fragen "Wie soll es jetzt weitergehen?" (Ich glaube, wenn ich Damon so angequatscht hätte, hätte er mir nur einen entnervten Blick geschenkt und erwidert, ob ich nicht jemand anderem die Zeit stehlen könne). Das verfälscht das Ergebnis irgendwie, finde ich. Man sollte sich erst die Zeit nehmen, sich richtig in die Situation und den Charakter einzufühlen bevor man loslegt.
Ich persönlich habe einfach ein paar belanglose Worte mit ihm gewechselt, während wir durch den Gang gelaufen sind. Irgendwann sind wir dann von selbst auf das Thema gekommen, weil ich gefragt habe, was eigentlich heute ansteht. Er war sich noch nicht sicher, deswegen habe ich ein paar Vorschläge rausgehauen (die er in der Mehrheit als sinnlos, schwachsinnig oder Zeitverschwendung abgefertigt hat). Ich weiß nicht mehr, wie, aber dann sind wir doch wieder vom Thema abgekommen und haben über den bevorstehenden Krieg geredet, bis es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen ist. Ich glaube, er hat mich innerlich für verrückt erklärt, als ich ihm urplötzlich mit den Worten "Du bist genial!" um den Hals gefallen bin, nur um sofort danach zu verschwinden, aber was solls - ich habe jetzt endlich die Idee für die Szene.So absurd es auch klingen mag, versucht es einfach mal. Es muss nicht einmal sein, um irgendwie weiter zu kommen. Vielleicht lernt ihr so den Charakter besser kennen oder habt schlicht Spaß zusammen - passt nur lieber auf, ihn oder sie nicht auf dem falschen Fuß zu erwischen ;)
PS: Das war Teil eins von meinen eigenen Erfahrungen bezüglich der großen Es geht einfach nicht! Verzweiflung. Wie viele es insgesamt werden, kann ich noch nicht sagen, aber zwei mindestens.
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Non-FictionEinige meiner (hoffentlich) hilfreichen Tipps zum Schreiben:)