P R O L O G

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Pling.
Surrend öffneten sich die Aufzugtüren und ich quetschte mich zwischen einen jungen Mann, eine übergewichtige Mutter im rosa Kleid und ihre kleine Tochter, die mindestens genauso viel Platz einnahm. In der hintersten Ecke des Aufzugs knibbelte ich genervt an einem Stück Papier in meiner Jackentasche herum und wartete darauf, dass Big Mama und ihre Kopie aus dem Aufzug verschwanden. Die Anzeigetafel zeigte zuerst eine leuchtende drei, dann eine vier. Beim sechsten Stockwerk klingelte Monster Mamis Telefon und sie begann den Boden mit Speicheltröpfchen zu besudeln, während sie sich brabbelnd mit jemandem über ausländische Gastarbeiter beklagte. Bei der grell orange leuchtenden Ziffer fünfundzwanzig stiegen die beiden Grazien endlich aus und verbreiteten den Geruch nach billigem Parfüm auf einer anderen Etage. Ich rümpfte die Nase und steckte mir ein Pfefferminz-Kaugummi in den Mund, ehe sich die Türen des Aufzugs wieder schlossen. Ruckelnd setzte der Aufzug sich erneut in Bewegung. Der junge Mann schien mich erst jetzt zu bemerken, denn er lächelt jetzt süffisant und musterte mein enges schwarzes Business-kostüm anerkennend. »Sie haben einen wirklich auserlesenen Geschmack, junge Lady.« Sein britischer Akzent ging mir auf die Nerven. Er zwinkerte. Ich lächelte ihn auffordernd an und bedeutete ihm näher zu kommen und öffnete den vorne angebrachten Reißverschluss des Kleides, bis meine dunkelroten Dessous zu sehen waren. Sein Blick wechselte von überrascht zu verräterisch glitzernder Lust und Begierde. Männer sind doch alle gleich- ein enges Kleid, hohe Schuhe, ein hübsches Gesicht, heiße Unterwäsche... und zack wollen sie die Nacht oder wenigstens ein paar Stunden mit dir verbringen. Versteht mich bitte nicht falsch, aber ich bin über die Jahre schon oft von Männern enttäuscht und ausgenutzt worden, mit der Zeit wird man da einfach etwas zynisch. Aber dennoch hatte ich hier meinen Job zu tun. Dass der Kerl nicht misstrauisch wurde, wenn da eine völlig fremde Frau plötzlich halb nackt vor ihm stand...
Die Hände immer noch in den Taschen meiner Lederjacke ging ich einen kleinen Schritt auf ihn zu. »Haben Sie- na, Sie wissen schon- dabei?«, bemühte ich mich um einen schüchternen Tonfall, als ich vor ihm stand und meine Hände an seinem Schritt auf und ab glitten. Zuerst wirkte er schockiert, dass ich die Sache so direkt anging, doch ich lächelte auffordernd und öffnete seinen Gürtel. Entnervt stöhnte er dann auf und wollte sich schon von mir abwenden, als ich erneut die Hände in meinen Jackentaschen versenkte. Das süffisante Grinsen zierte wieder sein Gesicht und er rückte wieder näher an mich heran. Als er sah, was ich in meinen Händen hielt, verschwand besagtes Grinsen jedoch.
Die kleine schwarze Pistole mit phallischem Schalldämpfer schmiegt sich angenehm kühl in meine Handinnenfläche als ich abdrückte.
Einmal. Zweimal.
Wie vom Donner gerührt stand er da und starrte mich an- ein junger Mann, vielleicht Ende zwanzig, im Aufzug einer beeindruckend erfolgreichen Agentur, zwei rote Zwillingslöcher in seiner Stirn... und ein ausgeführter Auftrag für mich. Verfluchte Satyrn und ihr Verlangen nach Sex. Sie waren so naiv und leicht zu manipulieren dass sie fast niedlich waren. Auf der neunundzwanzigsten Etage stoppte ich den Aufzug und machte mich auf den Weg zu den Toiletten. Die Pistole verschwand wieder in meiner Tasche und ich in Kabine drei, in der ich einige Stunden zuvor meine Tasche verstaut hatte.
In einer engen schwarzen Hose und einem ebenso schwarzen Oberteil verließ ich die Toilette- meine Tasche hing lässig über meiner Schulter und auf jemand Außenstehenden musste ich wie eine genervte Mitarbeiterin wirken, die nach ihrer Schicht endlich ins Wochenende entlassen worden war und sich im Büro schon umgezogen haben musste. Mit einem arroganten Lächeln verabschiedete ich mich von dem Portier, der mir die Tür aufhielt und verschwand. Ein paar Straßen weiter holte ich ein kleines altmodisches Tastenhandy heraus und rief die einzige Nummer an, die dort eingespeichert war. Eine kratzige Männerstimme hustete ins Telefon und sagte dann die Worte, die mein Wochenende versüßten: »Das Geld müsste innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden auf ihr Konto überwiesen sein, Miss.« Er hustete wieder und nach meiner Verabschiedung noch einmal, ehe er auflegte. Etwas besänftigt schlenderte ich nun in Richtung Imbiss- ein niedliches kleines asiatisches Restaurant lachte mich von der anderen Straßenseite an und nachdem mein Magen sein Einverständnis dazu abgegeben hatte (in Form von lautstarkem Knurren) machte ich mich auf den Weg mir ein paar asiatische Köstlichkeiten mit Nachhause zu nehmen. Töten machte hungrig, so seltsam das jetzt klingen mochte.

AìnfeanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt