S E C H Z E H N

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Den ganzen Tag über sah ich Neàmh nicht ein einziges Mal, es war seltsam... Coinìn hatte mich überredet mit ihm zusammen das Schloss zu erkunden, nachdem eine der zwei Sirenen, mit denen er geschlafen hatte, mit einem Schuh nach uns geworfen hatte, als ich die drei weckte. Um halb drei nachmittags war ich vorsichtig in das Zimmer geschlichen und hatte nach meinem zweiten Koffer gesucht, den ich in Coinìns Zimmer abgestellt hatte- und kaum hatte sie mich bemerkt, da warf mir diese blöde Sirene einen Schuh an den Kopf. Naja, sie traf meinen Kopf nicht, sondern meinen Rücken, aber es tat trotzdem ziemlich weh.
»Ich wette dieses Schloss hier hat einen verbotenen Flügel in dem irgendwelche kranken Experimente an Faes durchgeführt werden oder geheime Geheimgänge für die hohen Tiere, damit sie unbemerkt vom Schlafzimmer ihrer Meträssen in ihr eigenes zurück könnten«, murmelte mir Coinìn zu, ganz in seiner Manier als Verschwörungstheoretiker. Ich grinste. Was würde ich nur ohne ihn tun....
»Coinìn?«, piepste plötzlich eine helle Frauenstimme von der Seite. Coinìns Augen weiteten sich merklich und er lief plötzlich doppelt so schnell wie vorher, so schnell, dass ich Schwierigkeiten hatte mir ihm mitzuhalten. »Wer ist das? Was will die? Coinìn! Mach mal langsamer- bei den Göttern...«, maulte ich genervt und rannte neben ihm her. Plötzlich schlug er einen Haken nach rechts und rannte den Quergang entlang, ehe er eine der vielen Türen aufriss und verschwand. Was sollte dieser Blödsinn denn bitte?  Genervt öffnete ich die Türe und schlug sie dann hinter mir mit einem lauten Knall zu. Coinìn kauerte neben dem Bett und sah sich paranoid um, als hätte er einen Geist gesehen- was nicht mal so unrealistisch war, wenn man bedachte, wo wir uns hier befanden. »Wer ist diese Frau?«, fuhr ich ihn an. Er zuckte zusammen und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. »Nicht so laut«, beschwor er mich, »sie könnte dich hören!« Verständnislos schüttelte ich den Kopf und fragte erneut, wer diese öminöse Frau sei. Er zog mich mir zu sich neben das Bett und flüsterte dann: »Es ist Tiara, dieser Kali-Abkömmling von dem ich dir erzählt hatte. Die Latina mit den schönen Brüsten... du weißt schon...«, er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstand aber in seiner Stimme lag eine Panik, die mich stützen ließ. Er hatte diese Frau geliebt, das wusste ich. Und hätte sie eine andere Abstammung gehabt, hätte er sie sofort geheiratet. Das Problem war nur, dass Kali-Abkömmlinge die Angewohnheit hatten, sich einen Pool an Männern zuzulegen und sie zuerst für ihre sexuellen Befriedigung auszunutzen und sie anschließend zu essen- naja, sie aßen sie nicht wirklich, sie verspeisten eigentlich nur ihr Gehirn und trugen dann ihre Haut als Zeichen ihrer Macht als Kleidung. »Tiara? Bei Latobi, was will die denn hier, ich dachte sie war auf dem Weg in die Karibik zu diesem Tempel, um ihre Mutter zu ehren?«, fragte ich ihn. Hilflos zuckte er mit den Schultern und sah mich flehend an. »Ich will sie nicht sehen, ich kann das nicht.«, hauchte er verzweifelt und ballte seine Hände gefrustet zu Fäusten. Ich hatte ihn noch nie so erlebt und durch unser Band spürte ich all seine Gefühle. Es war wie eine Welle die mir ins Gesicht schlug- Angst vor Tiara, Zuneigung zu diesem seltsamen Mädchen, Wut auf sich selbst für seine Gefühle und pure Verzweiflung und Hilflosigkeit, weil er vollkommen überfordert war mit der ganzen Situation. Ich musste die Tränen zurückdrängen die sich in meine Augen geschlichen hatten, als all seine Gefühle über mir hereinbrachen. Es war schrecklich. Coinìn musste spüren, wie stark seine Last gerade auf mir lastete und zog mich in eine feste Umarmung. Meine Hände zitterten und immer wieder entwichen mir kleine Schluchzer, wie konnte er nur so leben? Wie konnte es sein, dass mir nie aufgefallen war, mit was für einer Last er lebte, seit er diese Frau getroffen hatte. Seine Liebe zu ihr war vom ersten Moment an stärker gewesen, als alles was ich jemals erlebt hatte- es war fast surreal, wenn man bedachte wer sie war und von welcher Art sie abstammte. Sie war ein Monster von Geburt an und sie war als ein solches geboren worden und trotzdem hatte sie ihn in ihr kalten verdorbenes Herz gelassen und ihn geliebt. Noch nie hatte ich davon gehört, dass eine Kali ein solches Verhalten an den Tag gelegt hatte. Und doch konnte sie ihren Trieben nicht widerstehen und hatte hinter seinem Rücken ihren Harem immer wieder vergrößert und sich an all den Männern dort gelabt und sich von ihnen ernährt. Sie war ein Luder und trotzdem liebte er sie immer noch. Ich atmete tief aus und lehnte mich gegen die Wand- es knarrte. Wieso knarrte die Wand? Verwundert stand ich auf und fuhr mit meinen Händen an der Wand entlang, die Tapete war uneben und erst jetzt fiel mir auf, dass dies hier einer der unbewohnten Räume sein musste, denn das Bett war nicht bezogen und die Tapete sehr alt. Wir befanden uns nicht mehr im Hotelflügel sondern im Schloss, wie es früher gewesen sein musste. Meine Finger führen weiter an der Wand entlang und ich stellte fest, dass das hier eine Tür war. Ein Geheimgang- typisch Schotten. Meine Hand wanderte automatisch zum Kerzenhalter, der neben der Geheimtür war und ich hoffte, dass sich die vielen Mittelalterfilme gelohnt hatten und sich der Geheimgang so öffnen ließe. Ich versuchte also den Halter irgendwie zu bewegen, aber es funktionierte nicht... »Saorla, was ist da?«, brummte Coinìn und stand ebenfalls auf. Als ich ihm von dem Gang erzählte grinste er mich an und tastete die Wand ab- wie ich es zuvor getan hatte. Dann drückte er die Tür einfach ein. Einfach so. Wie machte er das? Woher wusste er wie sowas ging? Und woher konnte er sowas wissen, obwohl er nie einen der alten Filme angeschaut hatte? Wobei in den Filmen die Türen immer relativ lautlos aufgingen und diese hier einen mordsmäßigen Krach machte und wir kurz darauf die klackenden Schritte einer Frau in hohen Schuhen hörten. Na toll! »Schnell.« Coinìn schubste mich in den Gang, der voller Spinnennetze war und in dem es stockdunkel war. Er schlüpfte direkt hinter mir durch die Tür und verschloss sie von innen wieder- cleveres Bürschchen. »Taschenlampe?«, fragte ich ihn vorsichtig. Irgendwas bohrte sich in meinen Rücken und ich hoffte sehr, dass es nur ein herausragender Stein war und kein Tier oder eine Falle- man könnte schließlich nie wissen, was die Schotten alles so eingebaut hatten. Coinìn holte sein Handy heraus, machte die Taschenlampe an und entfernte erstmal mindestens ein Kilo Spinnennetze aus meinen Haaren. Toll. Dann lief er los- immer der Nase lang, sagte er. Nach einigen Metern standen wir vor einer Abzweigung, der eine Weg sah sogar ziemlich angenehm aus, groß genug um aufrecht zu stehen, keine Spinnennetze oder ähnliches und natürlich nahmen wir den anderen Weg- eng, dreckig, eklig und nass. Wir landeten schließlich in einer Sackgasse, bestehend aus einem Fenster, oder eher einem einseitigen Spiegel, denn durch das Fenster konnte man direkt in ein Badezimmer sehen. In diesem Badezimmer standen mehrere Männerprodukte und gerade als Coinìn etwas sagen wollte und wieder umkehren wollte, da wir hier ganz offensichtlich nicht weiterkamen und da er fürchtete, ein hohes Tier zu verärgern wenn wir hier länger wären und vielleicht jemand hier duschen gehen würde, öffnete sich die Tür und Neàmh trat in das Zimmer. Am Ärmel hielt ich Coinìn zurück und begann den Gälen zu beobachten. Er trug kein Oberteil und seine trainierte Brust brachte mein Blut in Wallung, dieser Mann sah wirklich verboten gut aus. Mitten über seinen Oberkörper zogen sich dunkle Linien und erst bei näherer Betrachtung erkannte ich, dass es Narben waren- Narben, die sich wie Ranken über seinen gesamten Oberkörper zogen. Woher kamen diese Narben nur? Neàmh schnappte sich eine Zahnbürste und begann sich auszuziehen. Coinìn neben mir wurde unruhig und drängte mich zum weitergehen, aber ich war wie erstarrt. Ich fühlte mich wie zu der Zeit, als ich mit einem Sohn der Aphrodite eine Affäre hatte. Und als Sohn der Göttin der Schönheit und der Liebe, war dieser junge Adonis wirklich unbeschreiblich gutaussehend und dementsprechend wirklich gut im Bett. Aber Neàmh war nochmal eine völlig andere Liga... Als Neàmh schließlich in der Dusche verschwand hielt, atmete ich aus- ich hatte gar nicht mitgekriegt dass ich die Luft angehalten hatte. Verdammt hatte dieser Typ einen hübschen Hintern!

AìnfeanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt