"Du siehst hübsch aus."

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Ein Klingel weckte mich auf. Meine Haare fielen mir ins Gesicht als ich nach meinem Handy greifen wollte. Rüya rief mich an. Ich nahm ab und wischte die kleinen Schweißperlen von meiner Stirn weg. "Hmm.", murmelte ich in meinem Halbschlaf. "Masal?? Hast du geschlafen?", schrie Rüya mich an. Au mein Ohr!  "Eh ja.", nuschelte ich und streckte mich einmal. "Wie viel Uhr ist es?", fragte ich sie und versuchte meine Augen aufzubekommen. "Kurz vor 4." "4. 4? Was schon? Omg wie viel Uhr ist es genau? Rüya mein Bild wird um 4 ausgestrahlt. Ich hätte fast die Veröffentlichung von meinem Bild verschlafen. Scheisse! Ich ruf dich später nochmal an." Ich stand schnell auf wobei das keine gute Idee war, da es mir sofort übel und schwindlig wurde.

Ich belegte ein Brot mit Käse und aß es schnell. Für meine immernoch vorhandenen Kopfschmerzen schluckte ich Tabletten runter und rannte wieder in mein Zimmer. Ich putzte mir schnell die Zähne und warf einen Blick auf die Uhr. 15.45 Uhr. Da ich gestern meine Haare geflochten hatte waren sie jetzt wellig, deswegen ließ ich sie offen und holte mir ein schwarzes knielanges basic Kleid raus. Das Kleid kombinierte ich mit schwarzen eleganten flachen Schuhen, tuschte meine Wimpern und nahm noch meine Tasche mit. Im Auto schmückte ich meine Lippen mit einem rosé farbenen Ton und gab Vollgas.

Die Firma war überfüllt mit vielen Geschäftsleuten. Alle waren fein angezogen und warteten gespannt auf das Bild. Ein großer Monitor wurde in die Aula angebaut. Die große Uhr rechts an der Wand zeigte auf 15.55 Uhr. Noch 5 Minuten. Natürlich wurde nicht nur mein Bild gezeigt. Es gab zahlreiche andere fantastische Bilder zu sehen aber das Bild, welches mich abbildete sollte überall ausgestrahlt werden. 'Die weinende Frau.' Wenn ich an das dachte, bedrückte mich etwas. Mein Herz zog sich zusammen. Wollte ich das wirklich? War das eine schlechte Idee? Das Geld könnte ich gebrauchen aber mich dafür zur Schau zu stellen? Hätte ich doch lieber auf Demir hören sollen? Ach Masal! Wenn du jetzt absagst, verlierst du deine Arbeitsstelle, dein Studium wird abgebrochen und die Wohnung kann ich dann gar nicht mehr zahlen. Dunkle Wolken würden über mir ziehen aber das wäre immernoch besser als mich der ganzen Welt zu präsentieren. Ich rannte die Treppen so schnell ich konnte hoch. Vor Herr Ünal's Zimmer klopfte ich dreimal. Es kam keine Antwort. Ich drückte die Klinke runter und trat hinein. "Herr Ünal ich glaube ich will das nicht." Sechs Augenpaare schauten mich an. Neben Herr Ünal war Herr Camdal und Herr Kartal zu sehen. "Ah Frau Karaca. Willkommen. Wir gehen gerade ihren Vertrag nochmal durch. Was genau wollen sie nicht?", fragte er mich. "Ich denke, dass das Bild nicht ausgestrahlt werden soll Herr Ünal." "Wie?" Toll Masal! Meine Blicke huschten zu Herr Kartal. "Ich will das nicht, bitte. Von mir aus kann ich alles verlieren aber ich will das nicht.", versuchte ich ihm zu erklären und war dabei die ganze Zeit angespannt. Herr Camdal änderte seine Gesichtszüge zu einem wütenden Gesicht. Herr Kartal schaute mich geradewegs an und Herr Ünal schien leicht überrascht zu sein. "Sie haben den Vertrag unterschrieben Frau Karaca und sie sind nicht ganz pünktlich mit ihrem Wunsch. In zwei Minuten wird sich ihr Leben verändern." Ich schüttelte meinen Kopf. "Nein. Nein ich will das wirklich nicht mehr. Stellen sie ein anderes Bild rein. Ich bitte sie. Den Vertrag können wir doch auflösen. Ich bin bereit alles aufzulösen." Meine flehenden Blicke füllten den Raum. "Ich denken nicht, dass das funktionieren wird.", sagte Herr Camdal.

"Herr Camdal. Können sie das schnell regeln? Stellen sie ein anderes Bild rein.", befahl Herr Ünal Herrn Camdal. "Und beeilen sie sich. Die Dame hat sich umentschieden.", sagte er und lächelte mir zu. Na geht doch! Mein Körper entspannte sich im Nu und ich konnte wieder regelmäßig atmen. Ich lächelte ihn auch an. "Danke." "Gern geschehen."

Ich schaute auf meine Uhr. 16.05 Uhr. Ich hoffe er hat es geschafft. Herr Ünal's Handy blinkte einmal auf. "Herr Camdal hat es geschafft. Ihr Bild wurde aus der Diashow und von all den anderen Monitoren gelöscht." "Danke Herr Ünal, wirklich danke. Sie haben mir einen ganz großen Gefallen getan. Ich bin Ihnen was schuldig." Ich atmetet erleichtert aus. "Herr Kartal. Danke, dass sie da waren. Würden sie uns bitte kurz alleine lassen?", fragte Herr Ünal, Herr Kartal. Er nickte und lächelte mich an bevor er den Raum verließ. Was war das denn? "Frau Karaca ich habe das gern gemacht. Ich zwinge niemanden zu etwas. Der Vertag kann aufgehoben werden, das ist kein Thema aber-." "Aber sie werden mich kündigen und mein Studium nicht mehr unterstützten. Ich weiß. Ich wollte es ja auch so. Ich danke Ihnen für alles. Zwar konnte ich hier nicht viel arbeiten und war selten da aber mir hat die Zusammenarbeit sehr gefallen. Danke dafür.", unterbrach ich ihn und beendete seinen Satz. Es war unhöflich aber da ich jetzt eh gekündigt werde, war mir das unwichtig. Er stand auf und kam auf mich zu. "Ach nein Frau Karaca. Ich werde sie nicht kündigen und ihren Studium werde ich weiterhin unterstützen, nur würde ich den Grund wissen warum sie sich umentschieden haben, natürlich wenn sie möchten.", sagte er. "Ich wollte nicht, dass dieses Bild ausgestrahlt wird, da mein Leben sich komplett verändern würde. Man kann sehen, dass ein Leben, wie Sie vorhin meinten, in zwei Minuten sich ändern kann. Klar das Leben kann sich jede Sekunde ändern aber nicht so. Nicht wenn ich es stoppen könnte, in meinem Fall, Sie. Die Menschen dort draußen würden mein Bild hinterfragen, Sie wahrscheinlich auch. Wahrscheinlich jeder, der sich dieses Bild anschaut aber ich bin nicht bereit den Leuten diese Antwort zu ihren Fragen zu geben. Ich müsste wahrscheinlich zu irgendwelchen Interviews und dort meine Stellung zu diesem Bild festlegen aber nein. Genau das alles möchte ich nicht. Ich möchte nicht im Rampenlicht stehen, von Fotografen forografiert werden oder in Magazinen zu sehen sein. Mein Leben gefällt mir so wie es ist. Ich will es nicht ändern. Und ich danke ihnen und einer bestimmten Person, dass sie mich von diesem Bild und den schrecklichen Folgen abgehalten haben." "Ich verstehe sie.", sagte er nur knapp. "Seien Sie morgen um 9 bei der Arbeit Frau Karaca." Ein Lächeln zierte sein Gesicht sowie meins. "Bis morgen." Ich schloß die Türe hinter mir und schaute auf mein Handy. 16.30 Uhr.

Die dunkle SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt