Drogen oder Medikamente?

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Am Morgen konnte ich nur wenig von den Schmerzen spüren. Über Nacht musste es wohl gelindert sein. Meine Augen öffneten sich sehr schwer, da es draußen immernoch dunkel war. Wie viel Uhr hatten wir eigentlich? Mein Handy zeigte 05.34 Uhr. Ich ließ mich wieder auf mein Bett fallen, kriegte aber die Augen nicht zu. Wenn ich einmal aufstehe kann ich mich leider nicht mehr zurücklegen. Leider! Ich stand auf und erledigte meine Morgenroutine. Die Sonne ging langsam auf und ich entschied mich ganz spontan joggen zu gehen. Sauerstoff und Bewegung ist meiner Meinung nach eine gute Kombination am Morgen. Naja nicht immer. Die meiste Zeit bin ich faul aber heute wollte ich mal was anderes probieren. Ich zog meine Sporthose und eine Fleece Jacke an. Dazu zog ich mir meine neuen Sportschuhe an und steckte mir Kopfhörer rein. Mein Lieblingssänger war Sancak. Ein Newcomer aber ich muss sagen, dass er eine gute Stimme hat und dazu noch gute Lieder bzw. Raps. Ich bezog all seine Texte auf mein nicht vorhandenes Liebesleben. Zu allererst lief  ich eine Strecke und joggte dann. Die Waldluft atmetete ich tief ein und aus. Dieser Wald war eigentlich ein Stadtwald. Um die Uhrzeit waren paar andere Füßgänger unterwegs. Manche trieben Sport wie ich. Ich machte eine Pause auf der Bank und dehnte mich. Die aufgehende Sonne schimmerte auf dem kleinen Fluss. Langsam wurde es mir kalt, weshalb ich beschloß zurückzukehren. Ich wollte wieder zurück joggen aber fand den Weg nicht mehr. Der Wald war einfach wie ein Labyrinth. Die Vögel zwitscherten und der Wind wehte aber ich stand wie angewurzelt da und kannte mich hier nicht mal annähernd aus. Ich setzte mich auf die Bank und legte meine Arme auf meine Schenkel. Ich überlegte von wo ich herkam und stand auf um diesen Weg zu gehen. Der müsste es wohl sein. Ich ging weiter aber als ich merkte, dass es doch nicht der Weg war drehte ich mich und knallte gegen etwas hartes. Ich taumelte nach hinten aber konnte noch stehen. Meine Augen schossen nach oben und ich erkannte Cihan. Er lächelte mich an. Ich lächelte zurück. "Was machen Sie hier?", stellte ich ihm die dümmste Frage, da ich durch seine Sportklamotten erkennen konnte, dass er auch joggte. "Ich jogge. Was machen Sie hier?", stellte er mir dieselbe Frage. Ich schaute mich im Wald um und schaute zu ihm. "Ich hab mich verlaufen", gab ich kleinlaut von mir. "Kennen Sie sich hier aus?", fügte ich noch hinzu und er nickte. "Ja. Ich jogge jeden morgen hier. Wo wollten Sie denn hin?" "Eigentlich nach Hause aber ich weiß nicht mal wo sie jetzt liegt." Ich rümpfte an meinem Ärmel. "Ok. Also hier gibt es eine Ost und eine Westseite. Ich denke wir sollten auf die Hauptstraße", sagte er zu mir gewandt. Dieses Braun wurde dunkler. Ich nickte und lief vor. Nie im Leben würde ich mit ihm wohin gehen, wäre ich nicht verzweifelt. "Wollen Sie nicht joggen?", fragte er mich. "Doch. Ich wollte gerade joggen.", log ich. Meine Kondition war schon verbraucht. Wie soll ich jetzt mit ihm standhalten? Er joggte schon los und ich ihm hinterher. "Danke nochmal", sagte ich und er verlangsamte sein Tempo um mit mir standhalten zu können. "Wofür?" "Na für gestern." "Sie haben sich doch schon entschuldigt." "Ja ich weiß. Ich wollte mich eben nochmal entschuldigen. Ihre Nachricht habe ich erhalten, konnte ihnen aber nicht zurückschreiben, weil- danke von hier aus komm ich schon klar." Wie ein Schlag weiteten sich meine Augen. Was mache ich eigentlich hier? So unhöflich es auch war, drehte ich mich um und joggte weiter. Ja ich ließ ihn da stehen. Mein Kopf war im Moment so verwirrt. Ich musste ihn da stehen lassen. Schon dass er in mein Haus kam und mich nach Hause gebracht hatte war zu viel. Ich joggte in die Richtung, die er beschrieben hatte. Er kam mir nach aber ich steigerte mein Tempo. Auf der Hauptstraße konnte ich mich wieder orientieren und bog in die kleine Gasse ab. Von weitem beobachtete ich ihn, wie er nach mir ausschau hielt und in eine andere Straße einbog. Gott sei Dank! Ich joggte nach Hause und bereute es überhaupt in den Wald gegangen zu sein. Zu Hause machte ich mir einen Tee und stieg auf den Dach. Mein Handy klingelte. Demir. "Ja?" "Wie geht es dir? Wollte dich gestern nicht stören. Alles okay?", fragte er mich. Wenn du nur wüsstest. "Naja. Ja eigentlich schon." Ich wollte ihm nicht noch das von gestern erzählen. Er ist schon genug in Schwierigkeiten geraten. Wegen mir. Ich habe ihn zwar nicht dazu gezwungen aber trotzdem fühlte ich mich schlecht. "Ich habe die Sticks", sagte ich leise. "Die was? Wie?" "Ich bin gestern zu Yusuf gegangen und sein Chef hat mir geholfen bzw. ihn dazu gezwungen aber schlussendlich habe ich sie", erklärte ich ihm kurz, er aber hackte nach. "Wie der Chef? Wie heißt er? Geht es dir gut? Ich komme jetzt!" Und schon hörte ich ein Tuten am Ende der Leitung. Hä? Ich verstand gar nichts mehr. Wusste er es? Aber wie? Nur Cihan und ich wussten es, ok nicht nur wir aber wie sollte es Demir erfahren? Ich legte die Tasse ab und zog mir meine Jacke zu. Winter. Die ersten Schneeflocken fielen gestern schon auf den Boden und natürlich wurde es sehr früh dunkel. Es war mittlerweile 17 Uhr und der Himmel nahm einen schönen Farbton an. Orange wurde mit gelb und bisschen lila gemischt. Ein wunderschöner Ausblick entstand. Wenn jetzt Demir hierherkommt, was soll ich ihm dann erzählen? Bestimmt will er alles wissen.
'Wo bist du? Nicht zu Hause?', bekam ich daraufhin eine Nachricht von ihm.
'Dachterasse', tippte ich in mein Handy und tat ihn zurück in meine Jackentasche. Ich verschrenkte meine Arme und spielte mit dem Stein auf dem Boden.
"Masal?" Mein Kopf hob sich in die Höhe und fanden sich in seinen Augen wieder. "Demir?" "Was machst du hier?" Wo warst du gestern noch? Erzähl mir alles!", befahl er mich nahezu. "Demir beruhig dich mal. Was ist mit dir los? Ich wollte diese eine Sache alleine regeln. Du hast schon so viel-." "Alleine Regeln? Alleine also? Na gut. Ich wollte dir nur helfen, dir die Last abnehmen aber gut, dann mach doch alles alleine!", sagte er aufgebracht. Ich verstand im Moment seine Reaktion gar nicht. "Dein Ernst? Ich versuch hier gerade was zu erklären und du urteilst schon. Ich wollte nur sagen, dass du schon so viel gemacht hast und nicht noch mehr in Schwierigkeiten geraten sollst. Ja gut, wenn du es so willst. Tut mir sehr Leid, dass ich dich mit meinen Problemen so beschäftigt habe Demir! Tut mir so Leid habe deine kostbare Zeit für unnötiges Zeug verschwendet zu haben", sagte ich noch sarkastisch und nahm meine Tasse und war bereit die Dachterasse zu verlassen aber es sollte wohl so nicht kommen, da er sich vor mich stellte. "Warte. Es tut mir Leid. Ich habe das nicht so gemeint." "Hör auf! HÖR VERDAMMT NOCHMAL AUF! Immer machst du das! Immer! Du sagst was und meinst es dann doch nicht so. Entscheide dich. Es reicht langsam. Du verletzt und entschuldigst dann aber somit kannst du es auch nicht rückgängig machen. Ist dir das bewusst? Cihan! Er heisst Cihan und ist der Chef von Yusuf. Yusuf hat mich erwürgt. Ich bin fast gestorben, hätte mich Cihan nicht gerettet. Da hast du es!" Ich zog meine Jacke runter und zeigte ihm Yusuf's Kreation. Demir's Augen weiteten sich. Meine Finger krallten sich an die Tasse, die glücklicherweise nicht zerbrach und mich vor blutigen Fingern hinderte. Bevor ich aber einen Schritt machen wollte, wurde ich in eine Umarmung gezogen. Die ganzen Schmerzen ließ ich an seiner Brust aus. Wahrscheinlich verschmierte ich sein T-Shirt mit meiner Mascara und mit meinen Tränen. In den letzten Tagen habe ich die ganze Frust in mich hineingefressen und heute, heute musste es raus. Ich schluchzte und weinte mir die Seele raus. Demir's Hände streichelten meine Haare. Es beruhigte mich. All das mit Zeynep Ünal, meinem Vater, Cihan und Yusuf, die Hochzeit, meine Mutter, die Sticks und Demir fraßen mich innerlich auf. Ich habe es zurückgehalten bis heute aber ich kann einfach nicht mehr. Langsam versuchte ich mein Atem unter Kontrolle zu halten. Meine Haare verdeckten mir die Sicht. Demir steckte mit die Haare hinters Ohr und wischte mit seinen Daumen meine Tränen weg. "Wein bitte nicht Masal. Ich bin bei dir", sagte er. Wie süß konnte man bitte sein? Ich hatte den Drang ihn fest umarmen zu müssen. Ich schaute zu ihm hoch und wahrscheinlich sahen meine Augen, mein Gesicht sehr schrecklich aus aber das war das geringste im Moment an was ich dachte. "Ich weiß", flüsterte ich ihm zu, da ich schwer was rausbekam. Ich schluckte einmal und entfernte mich von ihm. Noch einmal wurde mir bewusst, dass ich mich verliebt habe. Ich wollte es ihm so gerne sagen aber ich konnte nicht. Mein Verstand wollte es nicht. Was wäre, wenn er mich zurückweisen würde? Oder wenn er mir nicht gut tun würde? Mich ständig verletzten würde? Demir Atahan. Das kam mir so absurd vor.

Die dunkle SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt