Tränen

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Mit Tränen in den Augen saß das Mädchen nun am Boden. Sie war allein in ihrem Zimmer. Alleine in diesem großen Haus.
Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und hinterließ eine unangenehme Gänsehaut. Nun fing sie an zu zittern und sie wusste, dass sie ihre Tränen nicht mehr lange aufhalten konnte. Doch sie wollte nicht weinen. Auf gar keine Fall. Das tat sie nämlich momentan ziemlich oft. Zu oft.

Sie weinte wegen IHM.
Er ist einfach gegangen und hatte nicht einmal den Mut, ihr zu sagen, was sie falsch gemacht hatte. Es lang doch nur an ihr. Oder? 

Sie wusste es nicht. Er reagierte ja nicht auf ihre Nachrichten, auf ihre Anrufe.
Auf nichts. Er ignorierte sogar ihren Brief, den sie ihm geschrieben hatte. Sie hatte darin alles aufgeschrieben, was sie fühlte oder dachte. Hat ihren ganzen Frust abgelassen. Ihre Gefühle. Während sie das alles schrieb, weinte sie. Sie weinte bitterlich. So sehr das sie ungefähr ein Stunde gebraucht hatte um sich wieder zu beruhigen. Sie hatte sich vorgenommen diesen Brief, ihren Brief, niemals abzuschicken, weil sie ahnte, dass er nicht darauf reagieren würde. Und trotzdem hatte sie ihn abgeschickt. Weil sie noch Hoffnung hatte. Sie hoffte, dass sie sich getäuscht hat und alles ein riesen Missverständnis gewesen ist.

Doch das alles ist jetzt schon Monate her. Sie wusste das er ihn gelesen hat. Sie spürte es. Eine Antwort hat sie nie bekommen und sie würde nie eine bekommen. Das wusste sie mittlerweile. Ihr Kopf wusste es. Nur ihr Herz wollte es nicht verstehen. Es hing immer noch an ihm, obwohl er sie schon so oft verletzt und ihr Herz gebrochen hatte.
Und sie wusste, sie wusste, dass sie ihn los werden musste. Sie musste ihn vergessen. Nur wie?

Sie nahm alles, was sie von ihm hatte. Wirklich alles. Seine Briefe, die Bilder, die zeigten, wie glücklich sie einmal waren, seinen Pulli, den er ihr mal geschenkt hatte. Sie nahm es und ging hinunter in den Garten. Sie nahm ihr Lieblingsbild von ihnen beiden und zündete es an.

Die Flamme züngelte gierig an dem Foto und langsam aber sicher verbrannte es. Als das Foto abgebrannt war machte sie mit dem Rest weiter und zündete alles an. Das Einzige, was nur noch von ihm blieb war ein Haufen Asche.
Einen Haufen Asche und all ihre Erinnerungen, die sie wohl nie ganz loswerden würde.

Aber war das etwas schlechtes? 
Sie wusste es nicht.
Doch eins war ihr klar. Sie würde ohne ihn weiter leben. Sie musste es. Ob sie nun wollte oder nicht.



Alles und Nichts - KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt