Es tut mir leid

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Ich stand vor ihr und mit weit aufgerissenen, blauen Augen sah sie mich an und ich sah, wie geschockt sie war. Nun füllten sich ihre Augen mit Tränen.

„Warum?! Warum tust du das?", fragte sie mich flüsternd mit Tränen erstickter Stimme. Es war eher ein leises Wispern und ich musste mich zu ihr hinunter beugen, um sie verstehen zu können, da sie etwas kleiner war als ich. Als sie dies sagte blickte sie nach unten, auf das Messer, dass ihn ihrem Bauch steckte. Das Messer, welches ich in der Hand hielt. Meine Hände zitterten leicht und mir liefen stille Tränen herunter.

„Es tut mir leid, aber es ist besser für dich. Wenn ich es nicht machen würde, würden SIE es tun. SIE würden dich quälen und verletzen um an mich heran zu kommen. Es tut mir so wahnsinnig leid." Meine Stimme brach. Ich atmete tief ein um das zu tun was ich tun musste. Ich musste sie töten. Sonst würden SIE es tun.

Ich beugte mich noch weiter runter bis ich meine Lippen auf ihre drücken konnte. Doch es war nicht wie die ganzen anderen Male vorher als ich sie küsste. Es war anders. Verzweifelter. Sehnsüchtiger. Weil ich genau wusste, dass ich sie nun zum aller letzten Mal küssen würde. Es zerriss mir mein Herz. Aber ich musste es tun.... ich musste. Ich konnte sie nicht leiden sehen. Ich beugte mich ein letztes Mal zurück, um ihr in die Augen zu sehen. Ich sah die Angst in ihnen. Und noch etwas, was ich nicht ganz deuten konnte. War es Liebe? Hoffnung? Ein letztes Mal flüsterte ich die drei Worte.

„Ich liebe dich!"

Ich wollte es nicht. Oh mein Gott, ich wollte das hier nicht tun. Hätte ich sie nur nie in mein Leben gelassen und sie niemals in das ganze hier rein gezogen. Dann würden wir jetzt nicht hier stehen. Ich zog das Messer, welches immer noch in meiner Hand lag, aus ihrem Bauch und ließ es fallen. Scheppernd landete es auf den Boden.
Ich sah, wie die Farbe aus ihren Augen wich und sie zusammenklappte. Ich konnte sie gerade noch auffangen und jetzt lagen wir umschlungen auf den kalten Fließen der Küche. „Ich liebe dich auch. Das werde ich immer tun.", flüsterte sie und langsam schlossen sich ihre Augen. Mein Herz zerbrach.

Nein. Nein! Nein, das kann nicht sein! Was habe ich getan?! Ich brauche sie doch.

Schnell kramte ich mein Handy aus meiner Hose und wählte den Notruf. Ich nannte der Person am Telefon die Adresse und legte auf. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät. Oh mein Gott, hoffentlich hatte ich sie nicht.....

Ich konnte den Gedanken nicht zu Ende führen.

Ich zog mein Shirt aus und versuchte ihre Blutung zu stoppen. Ich konnte es mir nie im Leben verzeihen, wenn sie sterben würde. Warum habe ich das nur gemacht? Ich liebe sie doch! Ich will sie nicht verlieren.

Der Krankenwagen kam und brachte sie ins Krankenhaus.Ich fuhr im Krankenwagen mit. Ich konnte sie nicht alleine lassen. Nicht jetzt.

***

2 Stunden später kam eine Ärztin aus dem OP. Ich rannte zu ihre und fragte sie unter Tränen wie es meiner Freundin ginge. „Sie ist stabil. Sie wäre fast gestorben aber sie hatte einen echten Schutzengel."

„Wann kann ich -" Die Ärztin unterbrach mich. „Sie ist im Aufwachraum 122."

Ich ging so schnell ich konnte in die Richtung, in dem das Zimmer 122 lag. Im Flur angekommen sprintete ich zu dem Zimmer. Vor der Tür blieb ich stehen. Sollte ich wirklich rein gehen? Was wenn sie mich nicht sehen wollte? Was wenn sie mich jetzt hasste? Ich konnte es nachvollziehen, wenn sie mich jetzt hasste. Ein letztes Mal atmete ich tief ein und trat in das Zimmer.

Sie lag in dem großen Krankenhausbett und war weiß wie eine Kalkwand. Das Krankenhaushemd schien viel zu groß für sie zu sein. Langsam ging ich auf das Bett zu und nahm auf einem Stuhl platz und nahm ihre Hand in meine. Sie jetzt so zu sehen machte das, was ich getan hatte viel realer.

Und nun fing ich an zu weinen und zu schluchzen. „Es tut mir leid, Amy. Es tut mir alles so leid."

Plötzlich spürte ich, wie sich ihre Hand bewegte und sie langsam ihre Augen öffnete. Als sie mich erkannte sah sie mir in die Augen. „Nick?", fragte sie mich schläfrig. „Ja? Amy ich bin hier. Bei dir. Es tut mir leid. Es tut mir alles so leid." Wieder fing ich an zu weinen.

„Nick. Nick?" Ich sah ihr in die Augen. „Ich...Ich weiß.... Ich kann es verstehen, wenn du mich jetzt hasst. Ich kann es verstehen, aber ich muss dir noch etwas sagen. Ich-" „Nick sein leise. Hör auf damit. Wie könnte ich dich hassen, Nick? Ich liebe dich. Ich liebe dich!"

„A.. Aber ich habe versucht dich umzubringen!"

„Ich weiß, Nick. Ich weiß. Trotzdem liebe ich dich."

„Ich liebe dich auch, Amy"

Dann küsste ich sie. Ich küsste sie, wie nie zuvor. Mit all meinen Gefühlen die ich für sie hatte. Die Liebe, die ich für sie empfand. Die Sehnsucht, die ich verspürt,e wenn sie nicht da war. Und diese unglaubliche Angst, die sich tief in meinem Herzen breit machte, dass SIE sie bekommen und mir wieder weg nehmen könnten. Doch ich würde alles tun damit das nicht passierte. Auch wenn es das Letzte ist was ich tue. Ich würde sie nie wieder gehen lassen. Niemals.



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