6. Kapitel

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Schlechtes Gewissen überkam mich, als ich auf das Handy in meinen Händen hinab starrte.

Ich hatte Lou weggedrückt.

Meine beste und zu mal einzige Freundin!

Meine Finger zitterten, dann ließen sie das Handy los und es plumpste auf den weißen Bettbezug.

Ein dumpfes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit und verursachte mir leichte Übelkeit.

Ich würde hier nicht mehr so schnell wieder wegkommen, wenn sich die Sache mit den Domitoren als die Wahrheit bewies, das war mir bewusst.

Wenn es Domitoren wirklich gab und ich eine von ihnen war, dann musste ich hundertprozentig hier bleiben.

Ich ließ mich neben mein Handy und meinen Rucksack auf das Bett sinken und vergrub das Gesicht in den Händen.

Lou würde sicherlich eine neue beste Freundin finden. Eine Freundin, die auch besser zu ihr passte als ich. Eine Freundin, mit der sie über Mode und Jungs reden, richtig shoppen und Klatschzeitschriften lesen konnte.

Ich erinnerte mich noch am das eine Mal, als Lou mich als Jungs-Immun bezeichnet hatte. Weil ich mich für die Typen, die sie heiß fand, nicht sonderlich interessierte.

Klar, ich fand auch eine bestimmte Sorten von Jungs attraktiv, aber verliebt hatte ich mich im Gegensatz zu meiner Freundin und den restlichen Mädchen in meiner Klasse (und sicherlich auch in meinem Alter) noch nie.

"Man muss einfach nur auf den richtigen Typen warten", hatte Lara einmal zu mir gesagt, "Oder auf das richtige Mädchen." Sie hatte gegrinst und mir zugezwinkert, was mich nur dazu gebracht hatte, die Augen zu verdrehen.

Ich war im Gegensatz zu Lara nicht vom anderen Ufer, da war ich mir sicher.

Aber mit ihrem ersten Satz hatte sie Recht gehabt.

Man musste einfach warten.

Auf den richtigen Typen.

Ich seufzte laut und massierte mir die Schläfen, ehe ich wieder zu meinem Handy sah und überlegte, ob ich Lou nochmal zurück rufen sollte. Ihr alles erklären.

Aber in dem Moment klopfte es und das Mädchen mit den orangeroten Haaren, welches vorher durch den Flur gerannt war, öffnete die Tür.

Sie war vielleicht gerade mal vierzehn, vielleicht auch jünger, und ich konnte zahllose Sommersprossen auf ihrem Gesicht und den freien Oberarmen entdecken.

Frederika, erinnerte ich mich.

"Hey", das Mädchen sah mich etwas scheu an, "Du bist die Neue, hmm?"

Sie betonte das Wort, als sei es etwas Besonderes.

"Könnte sein", ich richtete mich auf, "Carol Fury."

"Frederika", Frederika nickte mir kurz zu, "Frederika McErwell. Ich soll dir später den Weg zum Abendessen zeigen und wenn du jetzt noch Fragen zu den Domitoren hast, dann immer raus damit."

Sie betrat mein Zimmer und setzte sich ohne zu fragen auf meinen Schreibtischstuhl.

"Du bist auch eine Domitor?", frage ich neugierig. 

"Klaro", Frederika grinste breit, wobei ihr ganzes Gesicht zu leuchten begann, "Um genauer zu sein bin ich ein Sommerkind."

"Das heißt?", fragte ich.

"Ich kann Wärme und Licht absondern", Frederika zuckte mit den Schultern, als sei das nichts Besonderes, "Ich bin also wie der Sommer. Ist nicht wirklich immer vom Vorteil. Höchstens in dunklen und kalten Höhlen, aber in so welchen war ich noch nie drinnen. Meine Freundin Kiri kann fliegen, das ist um einiges cooler."

Fury - Dunkles HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt