7. Kapitel

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Als es kurz vor zwölf Uhr war, holte Frederika mich vor meinem Zimmer ab.

Ich sagte ihr zwar, dass dies nicht nötig sei und ich den Weg selber zur Mensa finden würde, aber das rothaarige Mädchen bestand darauf.

Außerdem, so verbesserte sie mich, hieße es nicht Mensa sondern Speisesaal.

War das nicht das Gleiche?

Im Nachhinein erfuhr ich, dass ich ihre Strafe wegen ihren Regelverstößen von Mrs Gorren war.

Sie musste mich an meinem ersten Tag im Haus der Hekate etwas einführen.

Ich wusste nicht, ob ich das als Beleidigung hinnehmen sollte.

Ich glaube, für Bethany Smith wäre ich eine wahre Strafe gewesen, aber für Frederika, mit der ich mich sehr gut verstand, eher nicht.
Hoffte ich zumindest.

Als wir in den Strom der restlichen Jugendlichen eintauchten, fiel mir auf, dass viele auf irgendeine Art und Weise speziell aussahen.

Speziell wie ich.

Ein Junge mit blassblau gefärbten Haaren, welche wie Igelstacheln von seinem Kopf abstanden, schwebte über die Menge der Teenager hinweg.

Ich sah ein Mädchen mit dunkelgrünen, fast schwarzen Locken, welche eine Sonnenbrille trug und sich merkwürdig geschmeidig durch die Menge bewegte, elegant wie eine Schlange. Mir fiel auf, dass jeder ihren Augen auswich und den Blick zu Boden senkte, kaum dass sie an einem vorbei glitt.

"Das ist eines der Medusenmädchen", Frederika blieb kurz stehen und betrachtete die schmale Gestalt des Mädchens, wie sie sich an zwei sehr großen und kräftig gebauten Jungen vorbei wand, "Sie bleiben meistens unter sich."

"Können die auch Menschen in Stein verwandeln? Also wie die echte Medusa?", fragte ich und ein Schauer fuhr mir über den Nacken und ließ mir die kleinen, feinen Härchen dort zu Berge stehen.

"Allerdings", Frederika nickte, "Aber keine Angst, es gibt auch Gegenmittel."

Sie zwinkerte mir zu, packte mich dann am Unterarm und zerrte mich voran.

"Los, los!", drängte sie, "Sonst schnappt mir Embar noch meinen Platz weg!"

Die Mensa, oder der Speisesaal, was auch immer, war ein großer Saal mit hoher Decke und zahlreichen, riesigen Fenstern.
Lange Tische waren in Reihen aufgestellt, an denen bereits Leute saßen und aßen.

Ehe ich mich versehen konnte, hatte Frederika meinen Arm losgelassen und war in der Menge untergetaucht. Ich fluchte leise vor mich hin, da es in dem Meer aus Köpfen mit den aller merkwürdigsten Frisuren schwer war, das Sommerkind wieder zu finden.

Jemand drückte mir unsanft den Ellbogen in den Rücken und ich stolperte vor, wollte mich umdrehen, wurde aber von den hineinströmenden Menschen mitgerissen.

~~~

Als ich nach gefühlten zehn Minuten Frederika immer noch nicht gefunden hatte, setzte ich mich auf einen der noch wenigen freien Plätze am Rande eines langen Tisches.

Ich sah mich unschlüssig um.

Es war wieder etwas Ruhe in den Saal gekommen und ich hörte die gedämpften Stimmen der Anderen und das leise Klappern von Geschirr.

Jemand räusperte sich hinter mir und ich fuhr zusammen, sodass ich mit den Knien von unten gegen die Tischplatte knallte.

Ein paar mir in der Nähe sitzenden Domitoren warfen mir genervte Blicke zu, vertieften sich dann aber augenblicklich wieder in ihre Gespräche.

Fury - Dunkles HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt