9. Kapitel

4.3K 377 83
                                        

Ich rief Lou nicht mehr zurück. Wieso auch?

Wieso sollte ich ihr noch nachlaufen wie ein Dackel?

Klar, sie war meine beste Freundin, aber seit dem ich hier war, im Haus der Hekate, hatte sich etwas verändert.

Ich war eine Domitor.

Ich war eine Zähmerin, eine Bezwingerin und nicht mehr die Schneekönigin vom Dienst oder Lou's Schoßhündchen.

Ich war nicht mehr anders.

Ich war zwar immer noch speziell, aber im Haus der Hekate wimmelte nur so von speziellen Menschen.

Von Freaks wie mir.

Bei einem saß ich sogar gerade im Zimmer.

Shae hatte nach Lou's Anruf und ihrem Auftritt als Krümelmonster sofort eine Packung Kekse aus einer Schreibtischschublade hervor gesucht und bot mir gerade welche an.

Ich lehnte ab und starrte das Thor-Plakat direkt gegenüber von mir an.

"Du magst wohl Superhelden, hm?", fragte ich.

"Nicht zu übersehen, oder?", mampfte Shae mit vollem Mund.

Sie grinste, wischte sich ein paar Krümel von der Hose uns schnippte dann mit dem Finger.

Eine Rose aus der Vase auf Shaes Schreibtisch senkte augenblicklich den schönen Kopf, wickelte sich um die Kekspackung und zog sie dann nach oben.

"Du hättest die Kekspackung auch einfach auf den Schreibtisch zurück stellen können", ich sah sie verwirrt an.

"Hätte ich", Shae betrachtete nachdenklich die Rose und strich dann behutsam über die rosaroten Blütenblätter, "Aber umständlich mag ich's lieber. Außerdem bin ich mit dann auch sicher, dass niemand anderes mir Kekse klauen kann. Rosie wird schon auf sie aufpassen, nicht wahr Rosie?"

Hatte sie der Rose gerade wirklich einen Namen gegeben?

Shae stand auf und schien mein Stirnrunzeln nicht zu bemerken: "Ich frage mich schon die ganze Zeit, was du für eine Begabung haben könntest."

Sie sah mich nachdenklich an.

"Vielleicht hast du ja auch Seele wie deine Mum", überlegte sie laut.

"Du wolltest mir noch über meine Mum erzählen", erwähnte ich so beiläufig wie möglich.

"Ich habe später gesagt", Shae begann im Kreis auf und ab zu laufen.

"Ist später nicht jetzt?", eine Spur Ungeduld mischte sich unter meine Stimme.

"Meinetwegen", Shae seufzte, blieb jedoch nicht stehen, "Aber ich weiß natürlich nicht alles über sie. Nur das, was meine Mum mir über sie erzählt hat. Sie waren im gleichen Jahrgang."

"Vielleicht waren sie ja sogar Freundinnen?"

"Vielleicht", Shae lachte auf, "Das weiß ich aber leider nicht. Meine Mum redet nicht oft über ihrer Schulzeit und es hat schon genügend Zeit gedauert, bis ich sie für das Thema Sapphire Fury weichgeklopft hatte. Sie hat mir aber nur das gesagt, was jeder der älteren Generationen weiß."

"Du hast dich für meine Mutter interessiert und dafür deine Mum ausgequetscht?", ich sah sie ungläubig an.

"Hey!", verteidigte sich Shae, "Deine Mutter ist berühmt! Sicherlich hat sich jeder in unserem Alter schon mit ihr befasst!"

"Jeder außer mir", murmelte ich halblaut, "Und ich bin ihre Tochter."

"Du wusstest doch auch vor einem Tag noch nicht mal von den Domitoren", erwiderte Shae, ehe sie sich wieder auf ihren Stuhl fallen ließ und sich einen Keks aus der Kekspackung fischte.

Fury - Dunkles HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt