34. Kapitel

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"Natürlich." Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich den Blick des Mädchens erwiderte, ehe ich meine Tür aufschloss und sie mit einer möglichst einladenden Handbewegung dazu aufforderte einzutreten. "Komm nur herein."

Und während Frederika an mir vorbei über die Türschwelle trat und ich ihr zusammen mit Jordan an meiner Seite nachfolgte, merkte ich, wie sich ein Gefühl der Erleichterung in mir breit machte. Denn auch, wenn das Mädchen mit den roten Haaren sichtlich nervös wirkte, schien sie dennoch den Mut aufgebracht zu haben mich anzusprechen und zu besuchen. Etwas, was den anderen Domitoren hier vor Ort ohne irgendwelche giftigen Blicke höchstwahrscheinlich nicht auch nur ansatzweise gelungen wäre.

"Also", begann ich zögerlich das Gespräch, als Frederika auf meinem Schreibtischstuhl Platz genommen und Jordan sich notgedrungen zu mir auf mein Bett gesetzt hatte, sich auf seinen Ellenbogen abstützend nach hinten gelehnt. "Worum geht es?"

Das Mädchen vor mir auf dem Stuhl sah mich überrascht an. "Wie worum geht es?", fragte sie, wobei ihre Finger unruhig an einem Loch ihrer kunstvoll zerschnittenen Jeans herumspielten und sie es somit nur noch umso mehr ausweiteten.

"Warum bist du hier?", fragte ich und beugte mich vor, faltete meine Hände in meinem Schoß. "Es muss doch einen Grund haben, weshalb du hier bist, oder?"

Das Mädchen mir gegenüber biss sich auf die Unterlippe und rieb sich dann mit einer Hand über die mit Sommersprossen besprenkelte Stupsnase. "Nunja", murmelte sie verlegen und ich bemerkte, wie sie ihren Blick nervös über meine Regale an der Wand und über meinen mit Schulaufgaben überhäuften Schreibtisch wandern ließ, als erhoffte sie sich dadurch ihre für jeden sichtbare Aufregung abzulegen.

Auch mein Blick blieb für einen Moment an dem hohen Stapel Papier auf meiner Schreibtischplatte hängen. Seitdem das Schuljahr sich in voller Fahrt befand, hatten die Lehrer vom Haus der Hekate damit begonnen, uns erbarmungslos mit einer Hausarbeit nach der anderen zu zudecken, damit uns in unserer Freizeit auch ja nicht langweilig werden würde. Besonders die Aufsätze für Mrs Frostknights Unterricht hatten es in sich. Denn auch, wenn sie die Lehrerin eines eher praktisch angelegten Faches war, so erwartete sie von uns jede Menge Papierarbeit an unseren freien Nachmittagen, die wir dann zur Benotung am nächsten Tag abgeben mussten - Und Mrs Frostknight bewertete streng, das stand außer Diskussion.

"Ich hatte vor ein paar Tagen eine Begegnung", begann Frederika in diesem Moment plötzlich und riss nicht somit von meine Gedanken über den Aufsatz über magische Tarnvorkehrungen los, den bereits oben erwähnte Lehrerin von mir nächsten Montag erwartete und den ich eventuell so langsam dringen anfangen sollte zu schreiben. "Eine recht seltsame Begegnung, wenn du mich fragst."

Sie sah auf ihre Hände herab und wieder einmal zupften ihre Finger an dem ausgefransten Loch über ihrem Knie herum.

"Eine recht seltsame Begegnung?", hakte ich möglichst interessiert klingender Stimme nach und mein Gegenüber nickte hastig.

"Es ist schwer zu beschreiben", sagte sie und sah von mir zu Jordan und dann wieder zurück zu mir. Sie wirkte verunsichert. "Und ihr müsst mir versprechen, dass ihr das nicht der Schulleitung weiter sagt, denn wenn mein Dad und seine neue Frau davon Wind bekommen, dann..." Sie biss sich auf die Unterlippe und schwieg betreten, während ich einen schnellen Blick mit Jordan austauschte.

Was auch immer diesem Mädchen auf dem Herzen liegen mochte, es schien nicht geradewegs mit irgendwelchen Problemen innerhalb des regulären Schulalltags im Haus der Hekate zusammen zu hängen. "Natürlich", versprach ich ihr schließlich und räusperte mich einmal, lächelte dem kleinen Mädchen mir gegenüber zuversichtlich zu. "Wir werden nichts weiter sagen. Alles, was du uns hier in diesem Raum erzählst, wird auch hier drinnen bleiben. Das verspreche ich dir."

Fury - Dunkles HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt