21. Kapitel

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In dieser Nacht träumte ich.

Ja, träumen ist nichts besonderes. Auf jeden Fall nicht immer.
Aber dieser Traum war anders als all die anderen Träume, welche ich jemals zuvor gehabt hätte.

Er war real.

Auf jeden Fall so real, dass ich nach dem Erwachen wusste, dass es etwas mit der Wirklichkeit zu tun hatte und keine skurrile Verarbeitung meines erlebten Schultages war.

Ich stand auf einem Fels, mitten in einem endlosen, tobenden Meer.

Die Luft roch salzig, schäumendes Wasser leckte über den rauen Stein, auf dem ich stand.

Ein dünner Silberstreif funkelte schwach am Horizont, wirkte fremd in dieser Welt aus Wasser, Stein und Wind, welcher mir drohte die Haut von den Knochen zu reißen.

Ich trug nur ein einziges Hemd.

Um genau zu sein, trug ich das Nachthemd, welches Mrs Pimplin mir angezogen hatte, als ich in ihrem Hospital lag.

Ich drehte mich um meine eigene Achse und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, welche feucht von der Gischt an meiner Haut klebte.

Dabei fiel mir auf, dass meine Finger ebenfalls nass waren. Ich roch einen süßlichen Duft und es dauerte, bis ich realisierte und meine Handflächen ansah.

Meine Haut war dunkelrot verfärbt.

Blut.

Klebrig strömte es über meine bleiche Haut, floss aus meinen Handflächen, unter meinen Fußsolen und meinem Haaransatz hervor, tränkte mein Nachthemd.

Ich schrie.

Laut und schrill.

Der Schrei wurde von dem tobenden Sturm davon getragen und als wäre dies ein geheimes Zeichen gewesen, schien das Meer um mich herum auf einmal zu explodieren.

Die Wellen wurden wilder, ungezähmter. Sie überschwemmten den Fels, nun in der Farbe des Blutes, und schwappten meine Beine hinauf. An den Stellen, an denen  sie mich berührten, verfärbten sie sich schwarz wie Tinte.

Das dunkelrote Meer kroch meinen Körper hinauf und umschloss mich wie ein Kokon.

Meine Atmung versagte. Aber ich brauchte keinen Sauerstoff mehr, um zum atmen.

Die Dunkelheit, welche sich allmählich um mich herum bildete, war mein Atem, mein Sauerstoff.

Sie wurde immer tiefer und schwärzer und mein Brustkorb zerplatzte.

Ohne Vorwarnung.

Dunkelheit quoll zwischen meinen Rippen hervor und begann mich Stück für Stück zu verschlingen.

Ich begann Teil dieser Schwärze zu werden.

Ich öffnete den Mund..


.... und erwachte schreiend.

Mein Herz pochte so stark, dass ich befürchtete, es würde mir jeden Moment aus dem Hals springen.

Meine Haare klebten mir verschwitzt im Nacken und es dauerte mehrere gierige Atemzüge, in denen ich nach Sauerstoff rang, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte.

Ich lag auf dem Boden.

Meine Bettdecke hatte sich um meine Beine und um meinen Unterleib gewunden wie eine Schlange.

Fury - Dunkles HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt