In der folgenden halben Stunde- so lange dauerte das Mittagessen im Haus der Hekate- lernte ich Shae und ihren nicht ganz so einfachen Charakter näher kennen.
Sie besaß ein rebellisches Verhalten, welches man ihr zwar von Außen nicht ansah, sich jedoch sehr schnell bemerkbar machte. Sie ging nicht immer mit dem Strom mit, sondern nur dann, wenn es ihr passte.
Sie nahm kein Blatt vor den Mund, erklärte mir, von wem ich mich besser fern hielt und wer in Ordnung war. Hier und da setzte sie noch eine ironische Bemerkung hinzu und brachte mich dadurch zum Grinsen.
Sie war nett zu mir und erinnerte mich dadurch an die Freundin, welche ich nie gehabt hatte. Die Freundin, neben der ich kein exotisches Schoßhündchen war, wie bei Lou. Die Freundin, bei der ich einfach so sein konnte, wie ich war und nicht schweigen musste, damit niemand auf die Idee kam, mich die Schneekönigin vom Dienst zu nennen.
Klar, Lou war meine beste Freundin und sie hatte mich nie eine Schneekönigin genannt, aber Shae war dennoch anders als sie. Shae trug keine Maske, die sie bei Mitschülern beliebt machte. Shae war ehrlich. Gnadenlos ehrlich.
Wie ich das nur innerhalb von dreißig Minuten sagen konnte?
Ich wusste es nicht.
Das war mein Gefühl, tief in mir drinnen. Und diesem Gefühl vertraute ich, da es mich noch nie enttäuscht hatte.
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Nach dem Mittagessen schleifte Shae mich mit auf ihr Zimmer, welches einen Flur über meinem lag.
Nun saß ich auf ihrem Bett an der Kante und betrachtete die Batman-Bettwäsche unter mir. Shae hockte auf ihrem Schreibtischstuhl und drehte sich unaufhörlich um ihre eigene Achse. Ihr schien dabei überhaupt nicht schwindelig zu werden.
Das Zimmer meiner neuen Bekannten war im Gegensatz zu meinem sehr vollgestopft und sehr bunt gestaltet.
Auf der einen Seite des Raumes waren die Wände mit Bandposters und Superhelden-Filmplakaten bedeckt, sodass man kaum ein freies Stück Tapete sehen konnte.
Die andere Hälfte des Zimmers war mit einem großen und richtig echt aussehendem Efeumuster bemalt und Blumentöpfe voller blühender Pflanzen drängten sich die Wand entlang und standen auf der Fensterbank.
"Die Efeuranken habe ich selber gemalt", Shae hielt den Schreibtischstuhl an, sodass sie direkt die Wand ansehen konnte.
Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen: "Ich liebe sie, meine Pflanzen."
Als sie meinen fragenden Blick bemerkte, machte sie bloß eine allumfassende Geste zu der Pflanzenwand hin: "Das ist meine Fähigkeit. Flora. Pflanzen. Ich kann sie wachsen lassen und somit lenken. Und ja, ich male sehr gerne. Das beruhigt meine Nerven. Besonders wenn ich zuvor Kate begegnet bin." Sie verzog das Gesicht.
Ich hatte Kate noch nicht persönlich kennen gelernt, aber nach Shaes Worten schien sie wie Bethany Smith sehr eingebildet und verwöhnt zu sein.
Eben die typische Miss Ich-bin-viel-besser-als-du.
Klischee.
Einfach Klischee.
Ich meine, es muss schließlich an jeder Schule eine solches Mädchen geben, welches sich aufführt, als sei sie eine Prinzessin und die Thronfolgerin von England, und hier war ihr Name eben Kate.
Ich beschloss dennoch innerlich Kate erst mal selber kennen zu lernen und mir ein eigenes Bild von ihr zu machen, wobei mir das bei Shaes abfälligen und sehr detaillierten Beschreibungen über sie sicherlich nicht besonders leicht fallen würde.

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Fury - Dunkles Herz
Fantasia"Du weißt nicht, zu was du Fähig bist, Carol Fury. Niemand weiß das. Und genau deswegen bist du eine Gefahr." ~~~ Nach dem Tod ihres Vaters beginnt Carol Fury ein neues Leben im Haus der Hekate, ein Internat für Domitoren, die Erben der Magie. Dort...