Weitere Tage gingen ins Land bis Rosayln feststellen musste, dass der Herbst sich nun nicht mehr aufhalten ließe. Die goldenen Blätter, die der Wind in alle Himmelsrichtungen mit sich trug und auf dem Gelände der Gilde wie eine Decke ausbreitete, klebten in dem Nass unter ihren Schuhen fest und rasch zog sie sich dickere Unterkleider und Strümpfe unter die immer gleichen Roben. Die armen Gärtner konnte man nun von morgens bis abends beim Kehren der Wege beobachen - einer schier unmöglichen Aufgabe, wo der stetige Wind gegen sie arbeitete.
Einer Erkältung waren sie und Jaromir trotz ihres gewagten Bades im Meer entgangen. Häufig musste sie an diesen letzten Sommertag des Jahres zurückdenken, wenn sie über den Büchern saß und für die Prüfungen lernen musste.
Doch je kälter und ungemütlicher es auch wurde, so erschienen Rosalyn die Tage zunehmend merkwürdiger. Sie lernte mit den Novizen ihrer Klasse immer mehr Fertigkeiten und konnte inzwischen Dinge mit ihrer Magie vollbringen, von denen sie in ihrem früheren Leben nur hätte träumen können. Wenn sie sich überlegte wie ihre Zukunft ohne die Magie ausgesehen hätte, als einfache Tochter eines Händlers überlief sie nicht selten ein kalter Schauer.
Hinzu kam, dass sie kaum mehr Unterstützung durch ihren Mentor fand. Ein paar Mal die Woche bekam sie ihn kurz zu Gesicht - gerade genug Zeit um sich über das nötigste auszutauschen, doch dann musste er meißt wieder weiter oder ihr Unterricht begann. Er machte ihr einen viel angespannteren und ausgelaugteren Eindruck als noch vor einem Monat. Man hätte fast meinen können er wäre in der kurzen Zeit um Jahre gealtert. Rosalyn beschlich das ungute Gefühl, dass hinter dem von Jaromir belauschten Gespräch mehr stecken könnte als sie angenommen hatte. Dennoch sträubte sie sich davor ihn zu fragen was das andere Gesprächsthema gewesen war, wovon er ihr nichts gesagt hatte; es konnte doch nicht richtig sein seinem Mentor hinterher zu spionieren...
Umso geborgener aber fühlte sie sich in der Beziehung mit Jaromir. Immernoch ungläubig darüber, dass die ganze Freundschaft kein süßer Traum war aus dem sie bald aufwachen könnte, fühlte sie sich in jeder Minute, die sie mit ihm verbrachte frei und geborgen zugleich. Es gab nichts, das sie sich nicht anvertrauen konnten und auch Novizenleben unterstützten sie sich bestmöglich. Erfreut stellte Rosalyn fest, dass die langen Stunden in der Bibliothek mit Jaromir zusammen erträglicher wurden und schneller zu verstreichen schienen.
"Wo führst du mich denn hin?", fragte sie lachend. Er hatte am späten Nachmittag dieses verregneten Samstags an ihrer Zimmertür geklopft und sie dazu gedrängt sich die dicke Felljacke anzuziehen. Kaum fünf Minuten später zog er sie durch das Tor der Gilde hinaus in die dämmrigen Straßen den Stadt. Mit einem kugelförmigen Schild schirmte er sie und sich selbst vor dem eisigen Regen ab und schuf ein Umfeld von wohlig warmer Luft um sie herum.
Schmunzelnd legte er nun seinen Arm um ihre Schultern. "Ich will dich ausführen. Ist das etwa verboten?"
Fast unbewusst schmiegte sie sich noch ein bisschen näher an ihn. "Das habe ich nicht gesagt. Mich interessiert es aber nunmal."
"Du sitzt sowie so viel zu oft in deinem Zimmer und bist nur am Lernen...", konterte er leich hin.
Wenig später hielt er ihr galant die Tür zu einer Gaststube auf. Sie hatten überhaupt nicht weit in die Stadt hineingehen müssen. Sie befand sich in einer der breiten Ringstraßen nur wenige Ecken von dem Gildegelände entfernt. Draußen über dem Eingang schwang ein dunkelrotes Holzschild knarzend hin und her und verkündete mit seinen eisernen Lettern den Namen "Unter den 5 Eichen".
In Roslayns Augen war das große und prächtige Fachwerkhaus mit seinen bemalten schwarzen Balken viel zu gewaltig für ein Wirtshaus erschienen. Sie trat durch die Tür und blickte sich in dem halbdunklen Raum um, der das Herzstück bildete. Hier wurde geredet und gelacht, in einer Ecke spielte ein Klavierspieler ein heiteres Lied und alles wurde von dem verlockenden Geruch von fremdartigen Gewürzen, frisch Gebratenem und angezapftem Bier umhüllt.
"Ich hatte nicht geahnt, dass hier so gute Stimmung herrscht", murmelte Rosalyn. "Die Leute wirken richtig ausgelassen!" Sie ließ ihren Blick weiter schweifen.
Seine schlanken Finger umschlossen sanft ihren Arm und er geleitete sie zu einem noch freien Tisch in der Nähe des breiten Tresens. "Die Leute haben es satt, weiter unter den Missständen der Stadt zu leiden", flüsterte er ihr leise zu als sie an all den belegten Tischen vorbei liefen. "Sie wollen nicht länger im Elend sitzen und auf bessere Zeiten warten. Wer es sich leisten kann, verbringt seine Abende ganz bestimmt nicht zu Hause in der Not."
Sie setzten sich nun gegenüber an einen kleinen Vierpersonen-Tisch. Gerade als die Wirtin mit den Armen voller Geschirr an ihnen vorbei lief, schnippste Jaromir laut und hielt sie auf. "Bitte, bringen Sie mir das Übliche." er warf Rosalyn einen kurzen Blick zu, " Zweimal." Die Frau nickte kurz. "Und zu trinken...?"
"Ein Glas Raka bitte", antwortete Rosalyn schnell.
"Und bei ihnen wieder das Übliche?"
Jaromir bejahte und wandte sich dann wieder von ihr ab.
Rosalyn zog eine Augenbraue hoch. "Das Übliche also? Klingt fast so als wärst du häufiger hier."
Ein Schmunzeln zeichnete sich in seinem Gesicht ab. "Überrascht dich das so sehr? Ich habe mich hier oft mit meinen alten Freunden getroffen. Seit dem Sommer hab ich sie kaum noch gesehen, bis auf die wenigen Male hier unter den Eichen." Über den Tisch hinweg griff er nach ihrer Hand und hielt sie warm in seiner.
"Freunde... aus den Häusern?", fragte sie nach und bekam als Antwort ein knappes Nicken. "Ich hab sie nie kennengelernt..."
"Nun, das kann man ja noch nachholen. Demnächst, ja?" Er unterbrach sich, als die Wirtin mit zwei vollen Tellern an ihren Tisch trat. Auf jedem lag ein großes Bratenstück mit Chebol-Sauce und herzhaften Beilagen. Sie prosteten sich mit ihren Getränken zu und traken einen Schluck von den erfrischenden Getränken. Das warme Essen vertrieb das letzt bisschen Kälte aus ihrem Körper und plötzlich war egal was rundherum in ihrem Leben für Stress sorgte und welche Sorgen sie plagten.
Rosalyn genoss die muntere Stimmung der Schänke und der anderen fremden Leute dort. Zu zweit sahen sie den angetrunkenen Gästen an der Bar zu. Sie kringelten sich fast vor Lachen als plötzlich zwei Herren im mittleren Alter zum Tanz aufriefen und vor den Musikern gemeinsam zu tanzen begannen.
"Ich habe es erst vorhin gehört, wie seine Freunde ihn gefeiert haben. Der Gute ist ja wirklich ein anständiger Junge. Die feine Ausbildung hat er wirklich verdient." Die Stimme kang von einem der benachbarten Plätze an der Theke zu ihnen rüber. Jaromir warf einen kurzen Blick zu den drei alten Männern die, sich dort mit zwei Kellnerinen unterhielten und bei einem herzhaftem Bier ihr Abendessen genießten.
Rosalyn nippte noch einmal an ihrem frischen Getränk. Sie begonnen schließlich wieder über die Gilde, ihre neuen Freunde und vieles weiteres zu unterhalten. Dabei mischten sich ihre Stimmen und ihr Lachen mit den anderen Gesprächen und der heiteren Musik des Klavierspielers.
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Für alle, die die Bücher zum Nachschlagen nicht haben, hier Auszüge aus dem Glossar:
Raka: ein anregendes Getränk aus gerösteten Bohnen, das ursprünglich aus Sachaka stammt.
Chebol-Sauce: eine gehaltvolle Fleischsoße
Soweit erst mal. Gut möglich, dass ich dieses Kapitel noch mal ergänze - also schaut ab und an noch mal hier vorbei. Auch wenn ich zur Zeit etwas nachlässig geworden bin und viel zu selten was neues veröffentliche. Entschuldigung dafür.
Und vergesst nicht Bewertungen und konstuktive Kritiken dazulassen :D
Euer Schneefuchs98
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Die Gilde der Magier (FF)
FantasyEine fortführende Fan-Fiction Story zu der Trilogie "Die Gilde der schwarzen Magier" Sie hat es geschafft! Rosalyn ist tatsächlich an der Gilde der Magier aufgenommen worden und beginnt nun ihre Ausbildung. Als Tochter eines Händlers taucht sie nun...