Die Gilde der Magier (FF)

1. Kapitel

"Lord Rothen? ", erklang der Gedankenruf.

Der ältere Mann richtete sich auf und antwortete: "Administrator Osen! Was gibt's?"

"Könntet Sie bitte in mein Büro kommen? Ich muss etwas mit Ihnen besprechen."

"Natürlich. Ich mache mich sofort auf den Weg."

"Bitte benachrichtigt auch Euren Sohn Dorrien. Er soll mitkommen" , fügte Osen hinzu.

"In Ordnung."

Während des Gespräches hatte Lord Rothen abwesend durch das Fenster auf die Gärten der Gilde geschaut. Nun stand er von seinem Stuhl  auf und zupfte seine purpurfarbene Robe zurecht. Er fragt sich, was Administrator Osen wohl mit ihm und  seinem Sohn zu besprechen hatte. Doch blieb er nicht lange in seinen Gedanken versunken und machte sich auf den Weg. Dabei nahm er jedoch einen Umweg in Kauf um seinem Sohn persönlich von der Nachricht zu unterrichten. Hoffentlich ist er überhaupt in seinem Magierquatier, dachte Rothen bei sich. Tagsüber widmet er sich viele Stunden der Abschließung von Soneas Ausbildung und dann übernimmt er auch noch die Nachtschichten im Hospital. Wenn er so weitermacht überarbeitet er sich noch.

Langsam streckte der ältere Mann seine Hand aus um anzuklopfen  und kaum hatte er das getan, schwang die Holztür lautlos nach innen auf. Rothen trat hindurch und erblickte am gegenüberliegenden Ende des Raumes seinen Sohn grinsend an der Tür zum Schlafzimmer lehnen. "Was gibt es Vater?"
"So, so, du bist also immer noch zu faul um die Tür mit deinen Händen zu öffnen?"
Dorriens Lächeln verblasste ein wenig. "Nein. Ehrlich gesagt war ich dafür einfach zu müde." Er gähnt leise und Rothen sah die Müdigkeit nun auch in den Augen seines Sohnes.
"Du solltest auf die Nachtschichten wirklich verzichten", sagte Rothen mit einem tadelnden Tonfall. "Gerade du als Heiler solltest eigentlich wissen, wie schlecht es für jemanden ist, wenn er nicht genug Schlaf bekommt."
"Vater, wie oft noch? Die Menschen dort brauchen unsere Hilfe. Und wir Freiwilligen sind schon so wenige, die in diesem Hospital arbeiten. Da kann ich nicht einfach weniger arbeiten, oder ganz aufhören. Das wäre unverantwortlich!"
Rothens Mine wurde sanfter. "Darüber können wir später noch diskutieren. Der Administrator wünscht uns in seinem Büro zu sehen. Wir sollten uns auf den Weg machen."
Der junge Heiler nickte nur knapp und trat dann mit seinem Vater auf den Korridor. "Weißt du schon worum es geht?"
"Nein, er hat nichts weiter gesagt, als dass er uns sprechen will."

Die purpurne Robe Rothens und die grüne von Dorrien rauschten leise während sie sich hastig auf den Weg zum Büro machten. Die meiste Zeit des Weges liefen sie schweigend nebeneinander her. Schließlich konnte der ältere Magier die drückende Stille nicht mehr ertragen. "Macht Sonea schon Fortschritte? ", fragte er.
"Ja ", antwortete sein Sohn lächelnd. "Du kennst sie selbst. Sie lernt sehr schnell, wie du weißt."

Als sie das Büro betraten, stieß Dorrien  einen überraschten Laut aus. Alle hohen Magier, einschließlich des Hohen Lords, waren im Raum versammelt. Sie standen alle an die Wände des Raumes gelehnt in einer Art Halbkreis. Während sich die Zwei vor den hohen Magiern verneigten blickte der Administrator auf. "Ah, sehr schön, Lord Rothen und Lord Dorrien." Er ließ seinen Blick durch die Runde schweifen. "Ich glaube jetzt sind alle da. Wir können anfangen." Fragend schaute er zu Lord Balkan. "Hoher Lord wollt ihr beginnen?"

Der einzige weißgekleidete Mann lächelte. "Nein, Osen. Fangt Ihr ruhig an."

"Nun gut", antwortete der Administrator und wandte sich wieder an die übrigen Magier. "Wie euch allen bewusst ist, beginnt in drei Monaten das Wintersemester. Der Hohe Lord und ich haben uns dafür entschieden einige Änderungen für die Novizen einzuführen. Und zwar sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir am diesem kommendem Semester auch Schüler aufnehmen werden, die nicht aus den wohlhabenden Familien der Häuser kommen."

Er wurde von einer lauten Unruhe unterbrochen, die plötzlich im Raum herrschte. Er wartete geduldig, dass es wieder leiser werde. Nach und nach beruhigten sich die Magier wieder.

"Aber wir nehmen doch keine aus den Hüttenvierteln auf, oder?", fragte der Studienleiter Lord Garrin und blickte fragend zum Administrator.

Nach einem kurzen Zögern antwortete dieser mit einem knappen "Doch" und im Zimmer war es schlagartig leise. Flüsternd, damit es kein anderer hörte, sagte Rothen zu Dorrien: "Sonea wird sich freuen, nicht wahr?"

"Ich denke schon", antwortete er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.