Als ich zu mir komme, dringt durch das Fenster gedämpftes Dämmerlicht. Abenddämmerung. John sitzt neben dem Bett und liest ein Buch, einen dicken, alten Schmöker.
„John?" Meine Stimme klingt rau und leise.
„Hallo Ana, wie geht es Ihnen?"
„Ich habe Durst."
John nickt, legt vorsichtig das Buch, offensichtlich eine Originalausgabe, beiseite und steht auf. „Bleiben Sie liegen, ich hole Ihnen etwas. Ich musste Ihnen ein starkes Beruhigungsmittel geben, sie sollen noch nicht aufstehen."
Ich liege in dem Gästezimmer, in dem ich schon die Nacht verbracht habe. So ruhig und klar habe ich mich lange nicht mehr gefühlt. Rose scheint weg zu sein.
John kehrt mit einem Glas Wasser zurück und vorsichtig setze ich mich auf. Ich fühle keine Angst, keine Schuld. Es ist fast so, als würde ich mir selbst unbeteiligt zusehen.
„Das war wohl ein richtig starkes Beruhigungsmittel?" frage ich ruhig.
John nickt mit einem entschuldigenden Blick.
„Sie waren fast schon katatonisch. Es war notwendig."
Vorsichtig trinke ich ein paar Schlucke Wasser.
„Was ist mit Christian?" Meine Stimme ist ziemlich gefasst. Verblüffend.
„Er hat sich schnell beruhigt. Es war mehr Schock als Wut, Ana. Er macht sich unglaubliche Sorgen um Sie."
Das allerdings glaube ich weniger. Ich sitze nun aufrecht im Bett und John nimmt wieder daneben Platz.
„In welchem Monat war die Totgeburt?"
Oh, John Flynn ist gut.
„Ende fünfter Monat." Er nickt, als hätte er sich so etwas gedacht.
„Können Sie darüber sprechen?"
Ich nicke, so ruhig wie ich im Moment bin könnte ich über alles reden. Was immer er mir gegeben hat – es macht mich völlig gelassen. Er lächelt sanft.
„Soll Christian dabei sein? Er möchte es, aber ich werde Ihre Wünsche natürlich berücksichtigen."
Ich überlege. „Er hat ein Recht, es zu hören. Es wäre wahrscheinlich sogar besser. Ich weiß nicht, ob ich es mehr als einmal erzählen kann."
John steht auf und geht hinunter, während ich im Dämmerlicht zurück bleibe. Ich werde alles erzählen, dann kann ich wieder nach Hause. Ich schließe die Augen und denke an das Meer. Was würde ich dafür geben, jetzt schwimmen gehen zu können.
Ich höre, wie John zusammen mit einer weiteren Person wieder den Raum betritt.
Christian.
„Ana?"
Ohne die Augen zu öffnen, nicke ich.
„Ich würde jetzt so gern schwimmen. Stundenlang."
John lacht leise.
„Schwimmen Sie gerne, Ana?" Ich nicke nur.
Ich spüre, wie sich jemand auf die Bettkante setzt und meine Hand nimmt. Wieder Christian. Warum will er meine Hand halten? Das ist sehr verwirrend.
„Ana? Wollen Sie jetzt Ihre Geschichte zu Ende erzählen?"
Ich nicke, aber ich lasse die Augen immer noch zu. Christians Daumen fängt an, meinen Handrücken zu streicheln, mit kreisenden, beruhigenden Bewegungen. Es macht mir keine Angst, im Gegenteil.
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50 Shades of Ice
FanficAls Christian Ana nach vier Jahren wieder findet, ist nichts, wie er es sich je vorgestellt hat. Ein Spiel um Dominanz und Schmerz, um Geheimnisse und Verrat, um Lust und Leidenschaft beginnt und zu spät erkennt er, dass er mit der Erfüllung seiner...