Tatsächlich geht es Ana immer besser, und im gleichen Maße, wie sie sich normaler benimmt, sie wirkt längst nicht mehr so abwesend, geht es auch mir besser. Ihre Heilung und meine innere Ruhe scheinen im gleichen Rhythmus abzulaufen. Die ersten Tage hat sie viele Manuskripte bekommen, die sie verschlang. Es scheint ihr gut zu tun, etwas zum Arbeiten zu haben. Elisabeth erzählt mir begeistert, dass Ana schon wirklich einige gute Zusammenfassungen an SIP gesandt hatte und nun ein neuer Autor ins Programm aufgenommen werden würde, nur auf ihren Bericht hin. Ana selbst blüht auf und ich kann wenigstens ein paar Stunden am Tag die wichtigsten Dinge in der Firma regeln. Trotzdem lasse ich sie nur ungern alleine, alles ist noch fragil, wie dünnes Glas, das bei einer zu harten Behandlung zersplittern würde.
Grace hat mit ihr einige Ärzte besucht und offensichtlich ist, bis auf ein leichtes Untergewicht, körperlich alles in Ordnung. Die fehlende Niere beeinträchtigt sie nicht, aber sie muss viel trinken, worauf Gail achtet. Ana hat heute Mittag noch einige Arzttermine, aber da vertraue ich auf Grace. Ana selbst nimmt diese Termine nur wahr, weil ich sie darum gebeten habe. Ich bin besorgt und es gibt mir Sicherheit, wenn ich weiß, dass ihr nichts fehlt, zumindest körperlich. Für ihre geistige Gesundheit ist Flynn da, und der äußert sich positiv.
Als ich mich nach dem Frühstück verabschiede, schenkt mir Ana ein Lächeln, das mich sehr an früher erinnert. Es ist voller Emotionen und so liebevoll, dass ich nur ungern gehe. Sie winkt mir noch kurz zu und setzt sich mit einer Tasse Tee in die Bibliothek oder besser ihr Büro, wie Gail sie momentan nennt. Ich selbst sehe zu, dass ich mit Taylor schnell zum Grey House komme, ich bin immer noch unruhig, wenn ich länger nicht in ihrer Nähe bin. Ich habe den Drang alles, was mit ihr passiert und jeden, der in ihre Nähe kommt, zu kontrollieren. Flynn versucht mir zu erklären, dass ich das nicht tun darf, aber soweit es mir möglich ist, schütze ich sie. Vor Kate, vor Carla, vor allem, was ihr zu viel werden könnte. Flynn hat mich ironisch gefragt, wer Ana wohl vor mir beschützen würde.
Der Vormittag ist schnell vorbei, ich habe genug Arbeit in der letzten Zeit liegen gelassen, die aufgearbeitet werden will, und Ros braucht bei einigen Dingen mein Okay oder auch nur eine Unterschrift. Wir rasen förmlich durch das Tagesgeschäft, denn ich will so schnell wie möglich zurück ins Escala. Ich will bei Ana sein. Als wir durch sind und Ros das Büro verlässt, ist es schon nach zwei Uhr und Taylor holt mich ab. Ich trete zu Hause aus dem Aufzug und gehe zu ihrem Büro, aber Gail schüttelt nur den Kopf, sie ist unnatürlich blass und steht fast starr in der Küche. Abrupt bleibe ich stehen, Gail sieht verstört aus.
„Wo ist sie?" frage ich und fühle Panik in mir aufsteigen.
Gail schluckt und das gefällt mir nicht.
„Im Schlafzimmer. Sie packt."
Sie tut WAS? Mit einigen langen Schritten bin ich am Schlafzimmer und bleibe erstarrt in der Tür stehen, als ich das Bild vor mir erfasse. Ana, oder jemand, der wie Ana aussieht, zumindest fast, steht vor dem Bett. Ein aufgeklappter Koffer liegt darauf und sie sortiert gewissenhaft Kleidungsstücke hinein. Langsam, fast bedächtig. Was mich mehr schockt als ihre Tätigkeit, ist ihr Aussehen.
Ana sieht wieder aus wie Rose. Weiße Bluse, ein Bleistiftrock, Stilettos, Nahtstrümpfe. Sie hat dezentes Makeup aufgelegt, was sie seit unserer Rückkehr nicht mehr getan hat.
Ich schlucke schwer und merke, wie die Panik mich zu überwältigen droht. Was zur Hölle ist passiert? Aber ihr Gesicht ist nicht das von Rose, es wirkt ruhig, allerdings sind ihre Augen gerötet und ihre Hände zittern leicht. Sie hat sich als Rose verkleidet, wird mir klar, aber ich verstehe es nicht. Und sie hat geweint. Warum?
„Was tust du?" Meine Stimme klingt hart und wütend, aber es ist mir egal. Sie kann nicht einfach packen und aus meinem Leben verschwinden.
Sie sieht auf und ihre Miene ist wie versteinert, als hätte sie es lange geübt. Was ist hier los?
DU LIEST GERADE
50 Shades of Ice
FanficAls Christian Ana nach vier Jahren wieder findet, ist nichts, wie er es sich je vorgestellt hat. Ein Spiel um Dominanz und Schmerz, um Geheimnisse und Verrat, um Lust und Leidenschaft beginnt und zu spät erkennt er, dass er mit der Erfüllung seiner...