Buch 2
Seit vier Monaten ist Dean tot und Catherine hat es akzeptiert. Sie ist nach seinem Tod zu Bobby gezogen, hat viele Dinge von ihm gelernt und hat ein Leben als Jägerin begonnen. Ihre dämonische Seite kam nicht mehr zum Vorschein, alles schien...
Mit großen Schritten lief ich auf das Haus zu. Das Gewehr über die Schulter gelegt, stapfte ich die Stufen hoch zur Tür. Es war ein sonniger Tag, die Vögel zwitscherten, was meine gute Laune unterstützte. Schon seit langer Zeit hatte ich mich an dieses Leben gewöhnt, an das Haus und an Bobby, der wie ein Vater für mich war. Sam hatten wir nach der Beerdigung seines Bruders nicht mehr gesehen und auch nichts mehr von ihm gehört. Im Gegensatz zu mir hatte er Deans Tod nicht so einfach verkraftet. Aber es war immerhin sein Bruder und es war nur vier Monate her, so dass ich es ihm kaum übel nahm - Bobby hingegen umso mehr.
Ich öffnete die Tür und schmiss meine Lederjacke, die ich aufgrund der Temperaturen draußen ausgezogen hatte, über den Garderobenständer.
»Bin wieder zu Hause!«, rief ich durch das Haus. »Die Vampire sind tot. Ich sag' dir was, Bobby«, ich betrat die Küche und ergriff das Bier, was dort stand, »das waren ein paar Mistkerle ...«
Als ich mich umdrehte, fiel mir vor Schreck das Bier aus der Hand. Klirrend zerbrach die Flasche und die Flüssigkeit breitete sich auf dem Boden aus. Ich ergriff das Gewehr, welches ich kurz zuvor gegen den Schrank gelehnt hatte, und zielte damit auf die Person, die vor Bobbys Schreibtisch stand. Doch bevor ich schießen konnte, stellte sich Bobby in den Weg.
»Nein, nicht! Er ist es wirklich.«
Ich starrte ihn nur mit finsterer Miene an, das Gewehr immer noch gehoben.
»Cate ...«, sagte Bobby mit einem mahnenden Unterton.
Ich ließ die Waffe sinken und erst dann trat er zur Seite.
»Du bist Jägerin?«, fragte Dean.
Ich antwortete nicht, sondern ergriff den Flachmann vom Tisch, ging auf ihn zu und schüttete ihm den Inhalt ins Gesicht.
»Danke«, sagte der Mann und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Ich fiel ihm um den Hals und drückte ihn fest an mich. Dean erwiderte die Umarmung, wenn er auch erst etwas überwältigt war.
»Du lebst«, meinte ich, als ich mich von ihm löste, und ungläubig musterte ich ihn von oben bis unten. »Wie ist das möglich?«
»Sam muss es gewesen sein«, sagte Dean.
»Was? Wie -«
»Ich weiß es nicht. Aber er muss einen bösen Zauber angewandt haben.« Dean zog sein Hemd aus und zog den linken Ärmel vom T-Shirt hoch, so dass ich den roten Handabdruck sehen konnte, der wie ein Brandmal aussah. »Ich konnte die Präsenz spüren. Und das Grab ... du hättest sehen sollen, wie's um mich herum aussah. Wie ein Atombombeneinschlag …«
»Welcher Zauber hat solch eine Kraft?«, fragte ich verwundert.
»Ich weiß es nicht«, sagte Bobby. »Das Beste wäre, wir fragen Sam, doch den erreicht man nie.«
»Jetzt bin ich ja da«, meinte Dean und ergriff das schwarze Telefon. Bobby und ich sahen ihm abwartend zu, wie er die Nummer wählte, dann hielt er den Hörer an sein Ohr. »Ja, hallo. Ich hab' bei Ihnen einen Handyvertrag und ich ... ähm, hab' mein Telefon verloren. Könnten Sie für mich mein GPS anschalten? ... Ja, der Name ist Wetch Antilles ... die ist 2474 ... ich danke Ihnen.« Dean legte auf und ging herüber zum Computer.
»Woher wusstest du den Namen?«, fragte Bobby.
»Machst du Witze? Was weiß ich nicht über diesen Kerl?« Dean tippte etwas ein, dann ergriff er den Whiskey neben sich auf dem Tisch. »Sag' mal Bobby, gab's dafür Mengenrabatt? Muss ich mir etwa Sorgen machen?«
»Keine Angst, Dean. Ich hab' schon auf unseren Freund aufgepasst«, sagte ich und schlug Bobby auf die Schulter.
»So wie's aussieht, trinkst du neuerdings auch.« Dean nickte den Scherben und dem ausgelaufenen Bier zu.
»Als ob du nie etwas nach der Arbeit getrunken hättest«, gab ich mit verschränkten Armen zurück.
»Die letzten Monate sind nicht ganz leicht gewesen, Junge«, sagte Bobby.
»Verstehe.« Dean blickte wieder auf den Monitor. »Sam ist in Pontiac, Illinois.«
»In dieser Gegend haben wir dich beerdigt«, meinte Bobby.
»Und dort bin ich auch wieder aufgetaucht. Was für ein Zufall.«
Wir fuhren sofort zu dem Hotel Astoria, wo Dean an der Rezeption nach der Zimmernummer fragte und wir dann diese aufsuchten. Laute Musik drang durch die Tür hindurch und Dean sah uns zögernd an. Ich nickte ihm mit einem leichten Lächeln zu und er fasste sich und klopfte bestimmt gegen die Tür. Kurz darauf wurde diese geöffnet, doch anstelle von Sam stand eine braunhaarige Frau in Unterwäsche vor uns.
»Und? Wo ist sie?«, wollte sie wissen.
»Wo ist was?«, fragte Dean.
»Die Pizza. Sind zwei Kerle und 'ne Frau nötig, um sie zu liefern?«
»Ich glaub', wir haben das falsche Zimmer erwischt«, sagte Dean, doch in diesem Augenblick erklang eine bekannte Stimme.
»Wer ist da?« Sam tauchte hinter der Unbekannten auf und entsetzt starrte er seinen Bruder an.
»Hey, Sammy«, sagte Dean leise. Langsam trat er auf seinen Bruder zu. Bevor er diesen erreicht hatte, zückte dieser jedoch ein Messer und drückte ihn gegen die Wand. Die unbekannte Frau schrie und Bobby und ich versuchten mit aller Kraft den riesigen und muskulösen Mann von Dean wegzuzerren.
»Hör auf, Sam!«, rief ich. »Hör auf!«
»Wer bist du?«, schrie Sam, der nun allein von Bobby festgehalten wurde.
»Das hab' ich doch dir zu verdanken!«, brüllte Dean.
»Was denn?«
»Er ist es!«, rief Bobby. »Er ist es, Sam. Ich hab' das schon alles durch. Er ist es wirklich.«
»Aber …«
»Ich weiß.« Dean trat wieder auf seinen Bruder zu und Bobby ließ Sam langsam los. »Ich seh' großartig aus, he?«
Mit feuchten Augen fiel Sam Dean in die Arme und erst nach wenigen Augenblicken lösten sie sich voneinander.
»Ist das etwa ... dein Freund?«, wollte die Unbekannte wissen.
»Was?«, fragte Sam. »Äh ... nein ... nein ... er ist mein Bruder.«
»Oh ... versteh' ich ... ich denke, ich gehe jetzt besser.«
»Ja, ja, ist wahrscheinlich 'ne gute Idee.«
Als sie sich etwas angezogen hatte, brachte Sam sie zur Tür.
»Ruf mich einfach an«, sagte sie.
»Ja, ganz sicher, Chelsea«, meinte Sam.
»Christy«, verbesserte die Frau.
»Ja, klar.«
Kurz bevor sie ging, blickte sie zu mir und irgendwie hatte ich das Gefühl, sie zu kennen. Doch als Sam die Tür schloss, schüttelte ich den Gedanken sogleich wieder ab. Der Mann kam zu uns, setzte sich auf einen Stuhl und begann sich die Schuhe anzuziehen.
»Und was hat das Ganze gekostet?«, wollte Dean mit verschränkten Armen wissen.
»Das Mädchen? Dafür bezahl' ich nicht«, meinte Sam belustigt.
»Das ist nicht witzig, Sam.«
»Mann, Dean, jetzt lass ihn doch«, sagte ich leicht genervt von seiner Großen-Bruder-Nummer.
»Zu dir komme ich später noch«, erwiderte der Mann und deutete auf mich. »Jägerin? Bist du verrückt? Bobby, wie kannst du sie nur alleine auf die Jagd gehen lassen?«
»Sie ist alt genug«, entgegnete der ältere Mann.
»Außerdem hast du sie noch nie kämpfen sehen.«
Ich warf Bobby einen dankenden Blick zu.
»Ist ja gut«, sagte Dean. »Außerdem meint' ich, dass du mich wieder zurückgeholt hast. Wie viel hat das gekostet? War's nur deine Seele oder war's etwas Schlimmeres?«
»Du denkst, ich hab'n Deal gemacht?«
»Das ist genau das, was wir denken«, meinte Bobby.
»Hab' ich aber nicht.«
Ernst sah Dean seinen Bruder an. »Belüg mich nicht.«
»Ich bin kein Lügner!«
Dean richtete sich auf und lief auf Sam zu. »Ich bin jetzt raus aus dem Schneider und dafür haben sie dich. Ist es so? Bist du jetzt der Handlanger eines Dämons? So wollt' ich nicht gerettet werden!«
»Hör zu.« Sauer erhob Sam sich. »Ich wünschte, ich hätte es getan.«
Blitzschnell ergriff Dean seinen Bruder am Kragen. »Das ist die einzige Möglichkeit, wie's gelaufen sein könnte«, meinte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Sag' die Wahrheit!«
Sam befreite sich gekonnt aus dem Griff seines Bruders. »Ich habe alles versucht - das ist die Wahrheit! Ich hab' versucht das Teufelstor zu öffnen, ich hab' versucht einen Deal zu machen, aber kein Dämon wollte sich darauf einlassen. Du hast in der Hölle gelitten, viele Monate, aber ich konnte nichts tun, um es zu beenden. Es tut mir leid, dass ich es nicht war, okay? Es tut mir leid.«
»Schon gut, Sammy«, sagte Dean leise. »Du musst dich nicht entschuldigen. Ich glaub' dir.«
»Versteht mich nicht falsch. Ich bin froh, dass Sams Seele unbeschadet ist, aber eine unangenehme Frage bleibt«, sagte Bobby.
»Wenn nicht Sam, wer dann hat Dean aus der Hölle geholt?«, sprach ich es aus.
Niemand wusste eine Antwort darauf und ratlos ließen Bobby, Dean und ich uns auf dem Sofa nieder. Sam gab uns jeweils ein Bier und setzte sich ebenfalls mit einem zu uns.
»Wenn nicht meinetwegen, wieso bist du dann hier in dieser Gegend?«, fragte Dean, der erst meine, dann seine Flasche öffnete.
»Nachdem mir klar geworden ist, dass ich dich nicht retten kann, versuchte ich Lilith zu finden, um mich an ihr zu rächen«, erklärte Sam.
»Ganz allein?«, fragte Bobby. »Für wen hältst du dich? Für deinen Vater?«
»Na ja. Cat war besser bei dir aufgehoben als bei mir«, entgegnete Sam und warf mir leichtes Lächeln zu. »Du bist jetzt tatsächlich eine richtige Jägerin?«
»Ganz genau«, sagte ich schmunzelnd und prostete ihm mit der Flasche zu.
»Tut mir leid, Bobby. Ich hätte anrufen sollen, aber ich war ziemlich schlecht drauf.«
»Oh, ja.« Dean hielt einen BH hoch. »Dir muss es furchtbar gehen.«
»Na ja, was soll's. In Tennessee hab ich ein paar Dämonen aufgestöbert, aber dann haben sie sich auf den schnellsten Weg hier her verzogen.«
»Wann?«, hakte Dean nach.
»Gestern morgen.«
»Da bin ich auferstanden.«
»Du denkst, die Dämonen sind deinetwegen hier?«, fragte Bobby.
Dean zuckte nur mit den Achseln.
»Aber wieso?«, wollte Sam wissen.
»Keine Ahnung. Irgend so'n mieser Dämon zieht mich da raus und jetzt das? Da muss es doch 'ne Verbindung geben.«
»Also wenn ich ehrlich bin, glaub' ich nicht, dass es Dämonen waren«, meinte ich und lehnte mich zurück.
Fragend sah Sam mich an. »Wieso nicht?«
»Hast du schon mal 'n Dämon getroffen, der freundlich war?« Sam öffnete den Mund, doch ich kam ihm zuvor. »Ich bin 'n Halbdämon.« Ich stellte die Flasche auf dem Tisch ab. »Das ergibt für mich keinen Sinn. Warum sollte man Dean zurückholen? Nichts gegen dich.«
»Ja, klar«, sagte Dean gespielt beleidigt.
»Wie geht's dir eigentlich?«, fragte Bobby ihn.
»Ich hab' 'n bisschen Hunger.«
»Nein, ich meine, hast du das Gefühl, du selbst zu sein? Ist irgendetwas fremd oder anders?«
»Oder dämonisch?«, entgegnete Dean leicht sauer. »Wie oft soll ich noch beweisen, dass ich ich bin?«
»Ja, schon gut. Nur, kein Dämon lässt dich frei, nur weil er ein gutes Herz hat. Da hat Cate recht.«
»Sieh's doch mal so, Dean«, begann ich. »Man merkt nicht immer sofort, was man wirklich ist.«
»Wenn du deine dämonische Seite meinst, hast du recht«, gab Dean verbissen zurück.
Ich sah ihn nur an, erwiderte jedoch nichts. Wenn mich solch ein Satz aggressiv machen würde, wäre ich nicht hier. Ich hatte gelernt, mich unter Kontrolle zu bringen. Bobby hatte mir geholfen. Es war eine schwierige Tortur gewesen, Wochen um Wochen sind vergangen, doch letztendlich war ich wieder ich selbst - ich war wieder menschlich.
»Sie müssen irgendetwas Hinterhältiges geplant haben«, meinte Bobby.
»Na ja, ich fühl mich gut.«
»Okay, wir wissen nicht, was sie vorhaben«, sagte Sam. »Wir haben einen riesigen Haufen Fragen und keine Schaufel. Wir brauchen Hilfe.«
»Ich kenn' da 'ne Frau mit übersinnlichen Fähigkeiten. Etwas derart Großes ... vielleicht hat sie ja was gehört«, meinte Bobby.
Dean nickte. »Na ja, ein Versuch ist es wert.«
»Ich bin gleich zurück.« Bobby erhob sich und ging mit seinem Handy davon.
Auch Dean stand auf, doch sein Bruder hielt ihn zurück. »Hey, warte. Ich hab' da was für dich.« Er holte Deans Kette unter seinem Shirt hervor und zog sie sich über den Kopf.
Dean musterte sein Amulett, als er es ergriff. »Danke.«
»Nicht der Rede wert.«
Dean legte sie sich um und Sam sah ihn schweigend an.
»Hey, Dean, wie war das so?«, fragte er.
»Was? Die Hölle? Ich ... ich weiß nicht. Ich glaub', ich hab' das irgendwie verdrängt ... Ich erinner' mich an gar nichts.«
Sam nickte langsam. »Na ja, Gott sei dank.«
»Ja …«
Dean verschwand kurz im Bad und danach fuhren wir zu der Frau, von welcher Bobby gesprochen hatte. Ich saß bei Bobby im Auto, während Dean seinen Impala fuhr, den Sam die vier Monate bei sich gehabt hatte.
»Du bist so still«, bemerkte der Mann neben mir nach einer Weile.
Ich wandte mich von der Dunkelheit draußen ab und sah zu ihm.
»Ich habe nur ein eigenartiges Gefühl bei der Sache - das ist alles«, gab ich zurück.
»Dean geht es gut«, versicherte Bobby.
»Das mein' ich nicht. Außerdem weißt du, dass das nicht stimmt. Er war in der Hölle, Bobby. Wenn sie nur annähernd zu schrecklich ist, wie man erzählt, dann -«
»Meinst du, wie Dämonen es erzählt haben? Wie Ruby es erzählt hat?«
»Hör auf«, sagte ich leise. »Ich will diesen Namen nicht hören.«
Bobby schwieg. »Tut mir leid, Kleines«, sagte er schließlich. »Ich mache mir nur genauso Sorgen wie du, nur will ich es nicht wahrhaben, dass etwas nicht stimmt.«
Bobby klopfte und sofort öffnete eine junge Frau mit braunen gelockten Haaren, so ähnlich wie meine, die Tür. Sie lachte und fiel Bobby sogleich um den Hals.
»Du siehst umwerfend aus«, sagte der Mann.
Die Frau verschränkte die Arme vor der Brust und ließ ihre Blicke über die Brüder und mich schweifen. »So, sind das die drei?«
»Sam, Dean, Cate - Pamela Barnes, das allerbeste Medium im Land«, stellte Bobby vor.
»Hi«, begrüßten wir sie.
Pamela lachte. »Dean Winchester, raus aus dem Feuer, zurück in die Pfanne. Macht dich zu etwas Einzigartigem.«
»Wenn Sie es sagen.«
»Kommt schon rein.«
»Und, hast du irgendwas gehört?«, fragte Bobby im Flur.
»Ich habe etwa ein dutzend Geister befragt - keiner scheint zu wissen, wer deinen Jungen da rausgeholt hat oder wieso«, antwortete die Frau und schloss die Tür.
»Was können wir noch tun?«
»Eine Séance, denk ich. Dann können wir vielleicht sehen, wer diese Tat vollbracht hat.«
»Du willst doch das verdammte Ding nicht hier herrufen?«, fragte Bobby vorsichtig.
»Nein. Ich will nur 'n kurzen Blick drauf werfen. Wie bei 'ner Kristallkugel, nur ohne Kristall.«
Pamela lief an uns vorbei in eine Art Wohnzimmer. In der Mitte stand ein Tisch, auf welchen sie eine schwarze Decke mit einem Pentagramm legte. Bobby zog die roten, schweren Gardinen zu, und als das Medium sich vor einen Schrank hockte, nach bestimmten Dingen suchend, wurde ein Tattoo knapp über ihrem Steißbein entblößt, worauf sofort Deans Blick fiel.
»Wer ist Jesse?«, fragte er.
Pamela lachte. »Na ja, es war nicht für immer.«
»Pech für ihn«, sagte Dean schmunzelt.
Die Frau erhob sich und lief auf ihn zu. »Vielleicht Glück für dich.«
Als sie sich abwandte, drehten Sam und Dean ihr den Rücken zu. »Oh, die steht auf mich«, meinte Dean grinsend.
»Ja, die verschlingt dich mit Haut und Haaren«, sagte Sam.
»Ey, ich komm grad aus dem Knast. Ich hab's verdient.«
Daraufhin schlug ich Dean mit der Faust in den Bauch, so dass er sich vor Schreck krümmte. »'n bisschen mehr Respekt, ja? Sie will dir immerhin helfen.«
Kurz daraufhin saßen wir an dem Tisch, auf welchen nun auch ein fünfzackiger Kerzenständer mit sechs Kerzen stand.
»Gut. Fasst euch nun an den Händen«, sagte Pamela ruhig.
Ich ergriff Bobbys Hand zu meiner Rechten und Sams zu meiner Linken.
»Und ich muss etwas berühren, was auch unser geheimnisvolles Monster berührt hat.« Pamela griff unter den Tisch und Dean zuckte zusammen.
»Da hat es mich nicht berührt.«
Die Frau lachte. »Kommt nicht wieder vor.«
Dean zog sich auf der linken Seite das Hemd aus und entblößte den Abdruck. Pamela legte ihre Hand darauf und Dean ergriff mit seiner linken nun Bobbys. Wir schlossen die Augen und warteten ab.
»Ich rufe dich an, beschwöre dich und befehle dir, erscheine mir vor diesem Kreis«, sagte sie immer und immer wieder. Irgendwann stockte sie. »Castiel? Nein, entschuldige, Castiel, du jagst mir keine Angst ein.«
Der Name ließ in meinem Innern etwas regen und zugleich lief mir ein Schauer den Rücken hinunter. So fremd wie er auch klang, so vertraut wirkte er, und doch konnte ich nicht sagen, wieso.
»Castiel?«, wiederholte Dean fragend.
»Sein Name, er flüstert mir zu, warnt mich, umzukehren«, antwortete das Medium leise. »Ich beschwöre dich und befehle dir, zeige mir dein Gesicht. Ich beschwöre dich und befehle dir, zeige mir dein Gesicht. Ich beschwöre dich und befehle dir, zeige mir dein Gesicht. Ich beschwöre dich -«
»Vielleicht sollten wir aufhören«, sagte Bobby mit leichter Angst in der Stimme, als der Tisch unaufhörlich zu wackeln begann.
»Ich hab' ihn gleich«, erwiderte Pamela. »Ich beschwöre dich und befehle dir, zeige mir dein Gesicht. Zeige mir dein Gesicht, zeige mir dein Gesicht, zeige mir dein Gesicht.«
Ich öffnete meine Augen und sah, wie das Feuer der Kerzen wie kleine Fontänen emporschoss. Pamela schrie. Ihre Augen leuchteten in einem reinen Weiß auf, Blut trat heraus und lodernde Flammen. Das Feuer ließ nach und schwach sank sie zu Boden. Ich sprang auf. Scheppernd fiel der Stuhl zu Boden. Ich rannte zu ihr, während die Winchesters entsetzt und regungslos zu ihr hinunterstarrten.
»Ruft einen Krankenwagen!«, rief Bobby beinahe hysterisch.
Er nahm die Frau in den Arm und als sie die Augen öffnete, starrten uns nur leere, verkohlte Höhlen entgegen.
»Ich kann nichts sehen. Ich kann nichts sehen«, wimmerte sie.
Ich blickte nur fassungslos zu Bobby, der dasselbe zu denken schien - was auch immer Dean aus der Hölle geholt hatte, es war stark und wahrscheinlich nicht friedlich gesinnt.
Ich begleitete Bobby ins Krankenhaus, wo Pamela nach einigen Stunden glücklicherweise stabil war und von der Intensivstation herunterkam. Bobby und ich sprachen im Wartezimmer kaum ein Wort. Es gab auch nichts zu besprechen - Pam war blind, unseretwegen. Wer auch immer ihr das angetan, ich hatte Respekt vor ihm. Es war grauenvoll, einfach nur grauenvoll, aber es gab einen Namen und vielleicht konnte man damit etwas anfangen.
Castiel. Das Klang nach keinem Dämon. Dieser Name hatte etwas Magisches, auch wenn es albern war. Es klang göttlich, nicht so wie Ruby oder Johnny, solch dämonische Namen, die die meisten Dämonen ihrer Hülle abgenommen hatten.
»Wir holen Dean ab«, erklärte Bobby, als er sich nach dem Tanken wieder ins Auto setzte.
»Ja? Was ist mit ihm?«, fragte ich ein wenig besorgt.
»Ihm ist gerade sein Motel-Zimmer um die Ohren geflogen«, erklärte der Mann und fuhr los.
»Wie bitte?«
»Ja. Das ist ihm schon einmal passiert. Kurz nach seiner Auferstehung.«
Ich zog die Stirn in Falten. »Komisch. Was ist mit Sam?«
»Ist unterwegs. Mit Deans Wagen. Er hat auch keine Ahnung, wohin.«
Es war dunkel, als Dean bei uns im Auto saß. Ich saß auf der Rückbank, Dean vor mir. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Vier Monate saß ich immer nur auf dem Beifahrersitz. Seit vier Monaten hatte ich nicht mehr hinten gesessen. Vorne war ich nie eingeschlafen, doch auf der Rückbank erinnerte es mich wieder an die Zeit mit Sam und Dean, und seltsamerweise schlief ich, so wie damals sonst auch, ein.
Der Geruch der Verwesung hatte bereits eingesetzt. Mein Handy klingelte wieder, doch dieses Mal erhob ich mich und holte es aus meiner Tasche. Einige Nachrichten von Sam, ob es mir gut ginge, und zu viele Anrufe von Dean. Eine Sache brachte mich jedoch ins Stocken. Die unbekannte Nummer. Ich öffnete die Nachricht und als ich sie las, setzte mein Herz kurz aus.
,Komm in den Park heute Nacht. Du wirst dort jemanden finden, der dir viel bedeutet.'
Kein Absender stand dort geschrieben. Kein Name, nichts. Dieser Jemand wusste von mir, er wusste was vorgefallen war, und wahrscheinlich war er auch der Mörder meines Vaters.
Ich blickte aus dem Fenster. Es wurde bereits dunkel. Seit ich heute Nachmittag hier angekommen war, hatte ich mich nicht von der Stelle gerührt - jegliche Gefühle und Empfindungen waren aus meinem Körper gewichen. Der Unbekannte hatte keine Uhrzeit geschrieben, also ging ich sofort los. Er meinte sicher meine Mutter, die ich dort vorfinden würde. Bei diesem Gedanken beschleunigte ich meine Schritte. Vor mir tauchte der Zaun des Parks auf. Ich betrat ihn an der offenen Stelle und rannte los. Der Park war nicht sonderlich groß, doch standen einige Bäume hier.
Plötzlich loderte ein Feuer vor mir auf. Wie ein Ring, als hätte man ihn mit Öl gezeichnet und dann angezündet, legte es sich um mich. Eine Frau erschien auf einem Felsen, der sonst als Sitzgelegenheit diente. Ich atmete erleichtert aus, als ich sie erkannte.
»Jenna«, flüsterte ich und ich spürte die Tränen, die in meine Augen traten.
»Du hättest nicht herkommen sollen, Liebes«, sagte sie.
Ein Mann trat hinter sie und riss sie zu Boden. Ich schrie. Panik stieg in mir auf, doch konnte ich nicht zu ihr. Das Feuer war heiß und es machte mir Angst. Ich sah, wie der Unbekannte sich über meine Mutter beugte und mit einem Dolch in ihren Bauch einstach. Ich schrie ihren Namen. Verzweifelt sah ich, wie der letzte Lebenshauch sie verließ und ich hielt mir die Hände vor den Mund, in sie schluchzend.
Der Mann richtete sich auf und sah mich mit einem bösen Lächeln an. »Ich hab' auf dich gewartet, Cat«, sagte er und schritt auf mich zu.
Schweißgebadet schreckte ich auf. Mein Herz klopfte wild und mein Brustkorb hob und senkte sich rasend schnell. Ich sah mich verwundert um. Der Wagen hielt vor einer Lagerhalle. Bobby und Dean waren verschwunden. Es wurde allmählich hell und ich rappelte mich auf und verließ den Wagen. Die kühle Luft ließ mich mitsamt der nassen Kleidung frieren, doch ich versuchte das Gefühl zu unterdrücken, schlang stattdessen die Arme um meinen Körper und lief auf die Lagerhalle zu.
»Dean?«, fragte ich vorsichtig und trat ein.
Sofort fiel mir Bobbys lebloser Körper auf dem Boden der Halle auf.
»Was zum -«, setzte ich an, doch in diesem Moment bemerkte ich die Gestalt, die neben Dean stand.
Langsam wandte sie sich um und ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. »Hallo, Cat«, sagte der Mann mit den dunklen Haaren und dem Trenchcoat, und ich starrte ihn nur entgeistert an.
3644 Wörter
Ich glaube, ich habe auf Wattpad noch nie so ein langes Kapi geschrieben xD
Was haltet ihr von Castiel?
Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.