Kapitel 2

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Unaufhörlich lief ich in Bobbys Küche auf und ab, einen Arm vor der Brust verschränkt, den anderen aufgestützt und mit den Fingern das Kinn umklammernd.
»Woher kannte er deinen Namen?«, fragte Dean mich. »Woher kannte dieser Mistkerl deinen Namen, Cat?«
»Ich weiß es nicht!«, rief ich und blieb stehen. »Wie oft soll ich das denn noch sagen?« Ich hatte nicht einmal die Chance gehabt, Castiel zu fragen, denn kaum hatte er dies gesagt, war er verschwunden. »Oh, Gott.« Ich fuhr mir mit der Hand verzweifelt durch die Haare.
»Nein. Nicht »Oh, Gott««, erwiderte Dean. »Sag' das nicht. Es gibt keinen Gott, und das war auch kein Engel!«
»Ich meinte auch nicht -«
»Nein.« Wieder unterbrach Dean mich.
»Das sag' mir, was es noch gewesen sein könnte«, meinte Sam.
»Ich weiß nur, dass ich nicht von einem Engel angegrabscht wurde«, erwiderte Dean.
»Was war's sonst?« Fragend sah ich ihn an. »Welches Wesen hat solch eine Kraft? Wir wissen beide, dass uns noch nie eines über den Weg gelaufen ist. Wieso soll's dann kein Engel sein?«
»Genau. Wieso glaubst du, dass dich dieser Castiel belogen hat?«
»Vielleicht ist es eine Art Dämon. Dämonen lügen!«
»Ein Dämon, der immun ist gegen Salzkreise?«, gab Sam zurück. »Und Teufelsfallen? Und Rubys Messer?«
Ich blickte bei diesem Namen auf, sagte jedoch nichts. Ruby. Falls ich sie je wiedersehen sollte, würde ich sie brennen lassen, für das, was sie mir angetan hatte.
»Dean, sogar Lilith hat Angst vor diesem Ding.«
»Wenn es Engel wirklich gäbe, glaubst du nicht, dass irgendein Jäger mal irgendwo einem begegnet wär'?«, fragte Dean verständnislos. »Ein einziges Mal? Irgendwo?«
»Ja. Du hast gerade einen gesehen«, erwiderte Sam.
»Ich versuch' hier nur eine Theorie zu entwickeln.«
»Dean, wir haben eine Theorie!«
»Ja, aber eine mit etwas weniger Feenstaub bitte.«
»Hör zu, ich sag' ja nicht, dass wir es mit Sicherheit wissen, ich sag' doch nur, dass ich glaube, dass -«
»Okay, genau das ist der Punkt. Wir wissen es nicht mit Sicherheit. Ich werde also nicht glauben, dass dieses verdammte Ding ein Engel des Herrn ist, nur weil er es behauptet!«
»Dean!«, brüllte ich und schlug mit der Hand mit voller Wucht auf die Tischplatte. »Hör jetzt endlich auf, uns in Rechenschaft dafür zu ziehen, dass wir auch diese Möglichkeit betrachten. Egal, wie deine Meinung ist, aber die Fakten sprechen nun mal mehr als deutlich dafür!« Die beiden sahen mich perplex an. Noch nie war ich so laut geworden und nun war auch ich etwas davon überrascht, dass mich dieses Thema so mitriss.
»Wollt ihr zwei Dummköpfe euch nun weiter über Religion streiten oder wollt ihr euch das hier mal ansehen?«, fragte Bobby von seinem Schreibtisch aus.
Ich stapfte mit Wut im Bauch zu ihm und kurz darauf kamen auch die Brüder.
»Ich hab' hier stapelweise Geschichten - biblische, prä-biblische, einige sogar in Keilschrift.« Er drehte ein Buch zu uns um, so dass wir das Bild darauf sehen konnten. »Überall steht, dass ein Engel dazu in der Lage ist, eine Seele aus der Hölle zu holen.«
»Was noch?«, hakte Dean nach, seine Hand auf die linke Schulter gelegt - direkt auf die Stelle, wo sich der Abdruck befand.
»Was noch was?«, fragte Bobby verwirrt.
»Was könnte es noch sein?«
»Was deinen Hintern aus dem Grab gehievt hat? Ich wüsste nicht, was es sonst sein sollte.« Bobby lehnte sich im Stuhl zurück.
Sam musste schmunzeln. »Dean, das ist eine gute Nachricht.«
»Wieso?«
»Weil da endlich mal was ist, was nichts mit Dämonen zu tun hat. Vielleicht bist du von einem von der guten Seite gerettet worden.«
»Okay. Sagen wir, es ist wahr. Sagen wir, es gibt Engel. Gibt es dann auch einen Gott?«
»Ich würd' sagen, sieht ganz danach aus«, meinte Bobby.
Dean schüttelte den Kopf und wandte sich von uns ab. »Ich weiß nicht, Leute.«
»Okay, hör zu, ich weiß, du bist nicht begeistert von diesem Kram, aber ich glaube, hier geht es immer weniger um Glauben, sondern viel mehr um den Beweis«, sagte Sam.
»Den Beweis?«, wiederholte Dean verständnislos.
»Ja.«
»Den Beweis, dass es da draußen einen Gott gibt, der sich plötzlich für mich ganz persönlich interessiert? Tut mir leid, aber das glaub' ich nicht.«
»Wieso nicht?«, wollte Sam wissen.
»Wieso hat er mich ausgesucht?«, gab Dean zurück. »Wenn es da draußen einen Gott gibt, wieso sollte er gerade an mir Interesse haben?«
»Dean, vielleicht solltest du von den Wenn's und Vielleicht's ablassen«, meinte ich ruhig. »Manchmal muss man Dinge einfach akzeptieren.«
»Ich bin nur ein ganz gewöhnlicher Junge.«
»Tja, und dieser gewöhnliche Junge ist dem Mann da oben anscheinend sehr wichtig«, sagte Sam.
»Na ja, das macht mir Angst. Ich mag es nicht, bei einer Geburtstagsparty ins Abseits gestellt zu werden. Schon gar nicht ... von Gott.«
Ich seufzte genervt auf, zog meine Jacke vom Sofa, die ich zuvor achtlos dort hingeschmissen hatte, und lief zur Tür.
»Wo willst du hin?«, wollte Dean sofort wissen.
»Ich werde versuchen, herauszufinden, wer dieser Castiel ist und warum die Engel dich gerettet haben. Dann kannst du wenigstens wieder beruhigt schlafen«, sagte ich.
»Was? Nein!«
Dean wollte mir hinterherlaufen, doch ich hörte noch, wie Bobby ihn zurückhielt, und dann hatte ich auch schon das Haus verlassen. Ich nahm eines von Bobbys funktionierenden Wagen und fuhr damit los. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich eigentlich musste. Einen Engel rufen? Gestern hätte ich noch gedacht, dass es keine gäbe und eigentlich konnte ich es auch nicht so richtig glauben, doch irgendwas im Innern sagte mir, dass es richtig war.
Ich tippte unruhig mit dem Fingern auf dem Lenkrad herum, die Augen immer auf die Fahrbahn vor mir gerichtet. Wie würde ich diesen Castiel erreichen können? Zu Gott betete man, aber vernahm Gott auch Gebete. Falls es einen Gott gab, natürlich. Ich musste Dean in dieser Hinsicht recht geben. Daran glauben, war schwer, aber es so zu nehmen, wie es war, war etwas einfacher.
Ich fuhr mir mit der Hand über mein Gesicht und atmete tief durch. »Das ist Schwachsinn, Cat«, murmelte ich zu mir selbst. »C-Castiel?«
Merkwürdigerweise kostete es mich Überwindung, diesen Namen zu sagen.
Vielleicht weil du gerade versuchst, mit einem Engel Kontakt aufzunehmen?, ermahnte ich mich.
Wieder holte ich tief Luft, bevor ich sprach. »Okay ... Castiel? Ich bin Catherine. Aber das weißt du ja bereits ... Du hast bei deinem Besuch für etwas Verwirrung gesorgt, das soll keine Beleidigung sein, aber es wäre vielleicht ganz ... nett«, bei dem Wort musste ich selbst die Stirn runzeln, »wenn du uns ... oder ... mir einige Antworten gibst. Nur, wenn du willst, natürlich.«
Ich schwieg, auf eine Antwort hoffend, doch es kam keine.
»Okay, klasse. Irrenanstalt ich komme.«
Ich fuhr zur nächsten Stadt, wo ich in einem Diner etwas aß. Ich las ein wenig in der Zeitung, die ich zuvor bei irgendeinem kleinen Laden gekauft hatte. Da aber nichts Merkwürdiges darin stand, schlug ich sie wieder zu und legte sie neben meinen Teller.
Mein Blick glitt durch die Glasscheibe neben mir, herüber zum Park. Sofort fiel mir die Gestalt mit den dunklen Haaren und dem Trenchcoat ins Auge, die auf der anderen Straßenseite vor dem Park stand. Hastig holte ich einen Geldschein heraus, schmiss ihn auf den Tisch, nahm meine Sachen und verließ den Diner. Als die Straße leer war, rannte ich herüber, aber da war der Mann bereits verschwunden. Fluchend sah ich mich um, doch er war tatsächlich fort.
Ich betrat den Park. Kinder spielten auf einem Spielplatz und die Mütter saßen auf Bänken und sahen ihnen dabei zu. Ich lief über den Rasen, langsam auf eine freie Bank zu, als ich plötzlich zur Seite gezerrt und gegen einen Baum gedrückt wurde. Blaue Augen blitzten mir entgegen, und ich war mir sicher, dass es das schönste Blau war, was ich je in meinem Leben gesehen hatte. Der Mann schnürte mir mit seinem gebeugten Arm ein wenig die Luft ab, da er ihn genau gegen meinen Hals drückte.
»Warum rufst du nach mir?«, verlangte er zu wissen.
»Du hast mich also doch gehört«, sagte ich und ein Lächeln huschte über meine Lippen. »Dann weißt du ja, wieso.«
»Dean kann für sich selbst sprechen«, gab er zurück.
»Oh, ja, das kann er. Aber ich bezweifle, dass du das willst.« Ich grinste ihn an. »Du scheinst nicht viel über die Menschen zu wissen.«
Verwundert blickte er mich an. Einige Leute, die durch den Park spazierten, waren stehengeblieben und sahen nun zu uns herüber.
»Sonst wüsstest du, dass es als Verbrechen gilt, gewalttätig zu werden.«
Er lockerte seinen Griff und da stieß ich ihn von mir, jedoch nur soweit, dass ich meine Arme um seinen Nacken legen und ihm einen lange, einfachen Kuss auf den Mund drücken konnte.
»Verlobt!«, rief ich den Leuten zu, die uns verwundert musterten, als ich mich von ihm gelöst hatte, und verwirrt wandten sie sich von uns ab.
»Was war das?«, fragte er verdattert.
»Ein Kuss«, gab ich knapp zurück. »Keine Sorge, das war kein Heiratsantrag, oder so. Das hab' ich schon einmal gemacht. Tarnung, Rettungsmission, blabla. Nichts von Belang. Ich muss nur sagen, dass Sam besser geküsst hat als ein Engel.« Ich grinste ihn amüsiert zu.
»Wir Engel haben keine Gefühle.«
»Das kann ich mir vorstellen. Denn es war genauso gefühllos von dir, Pamela die Augen auszubrennen!« Meine Miene war ernst und entzürnt verschränkte ich die Arme vor der Brust.
»Ich habe ihr gesagt, sie soll mich nicht rufen. Sie hat nicht auf mich gehört.«
»Und deswegen brennst du ihr die Augen aus?«, rief ich verständnislos. »Warum bist du hier, Castiel?«
Er sah mich ebenso ernst an wie ich ihn. »Weil Gott es so wollte.«
»Das sagen auch manche Serienmörder. »Ich habe die Frau umgebracht, weil Gott es so wollte.« Genau.« Mein ironischer Unterton war kaum zu überhören.
»Du machst dich über mich lustig«, sagte Castiel.
»Nein.« Verwundert runzelte ich die Stirn. »Ich will damit nur sagen, dass man die Antwort auf jede Frage geben kann.«
»Das denke ich nicht.«
Ich wartete darauf, dass er noch mehr sagte, doch es kam nichts zurück. »Woher kennst du meinen Namen?«, fragte ich schließlich.
»Ich bin ein Engel«, gab er zurück, als wäre dies das Normalste auf der Welt.
»Ja, aber du hast ... ich habe das Gefühl, dass mehr dahintersteckte.« Allmählich spürte ich Verzweiflung in mir aufkommen. Es war einfach zu schwierig, mit diesem Wesen zu sprechen, wenn es kaum etwas sagte.
»Du bist noch nicht bereit für die Wahrheit«, sagte er nur. Beim nächsten Lidschlag war er verschwunden - und so ließ er mich ahnungsloser und verwirrter als zuvor zurück.

1733 Wörter

Keine Sorge. Catherine steht nicht auf diesen Engel xD

Was, denkt ihr, ist die Wahrheit? Wie findet ihr die Story bis jetzt? Schreibt es in die Kommis!

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Meine Ferien sind zuende, morgen ist mein erster Schultag ...

Ich wünsch' euch auf jeden Fall noch einen tollen Sonntag :*

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