Buch 2
Seit vier Monaten ist Dean tot und Catherine hat es akzeptiert. Sie ist nach seinem Tod zu Bobby gezogen, hat viele Dinge von ihm gelernt und hat ein Leben als Jägerin begonnen. Ihre dämonische Seite kam nicht mehr zum Vorschein, alles schien...
Dean und ich suchten uns eine Bar und setzten uns an den Tresen. Dean sah sich das Bild von Joe Barton an und ich blickte nur schweigend nach vorn. Die Barkeeperin kam und füllte zwei Gläser mit Bier.
»Für Polizisten geht das Bier aufs Haus. Gilt auch fürs FBI«, meinte sie.
»Ist das so offensichtlich?«, fragte Dean.
»Ich kenn' jeden Polizisten im Ort, und Sie beide haben diese Ausstrahlung von Recht und Ordnung.« Dean lachte. »Also, was macht das FBI in Windom?«
»Es geht um den Grabräuber«, meinte ich.
»Wir untersuchen das Verschwinden von Joe Barton«, fügte Dean hinzu. »Ich nehm' an, Sie kennen ihn.«
Die Frau sog scharf die Luft ein. »Ein wenig. Ich bin seine Frau, Lisa.«
Dean faltete das Bild zusammen und steckte es zurück in seine Jacke.
»Also, Lisa, was können Sie mir über sein Verschwinden erzählen?«
»Dasselbe, was ich dem Sheriff erzählt hab'. Vorletzten Freitag war er lange auf, um Inventur zu machen. Er kam nie nach Hause.«
»Und die Polizei?«, fragten Dean und ich.
»Gar nichts. Die Wahrheit ist, ich hatte Angst, dass sie aufhören zu suchen. Doch jetzt sind Sie ja hier.«
Deans Blick fiel auf die Bilder an der Wand hinter Lisa. »Joe war ein Cop«, bemerkte er.
»Hilfssheriff«, verbesserte Lisa. »Für kurze Zeit. Das ist schon sehr lange her.«
»Er hat damals, 1990, nicht zufällig an dem Grabräuber-Fall gearbeitet?«, wollte Dean wissen.
»Doch, hat er. Ja. Joe war derjenige, der diese Leichen gefunden hat. Dafür hat er eine Auszeichnung bekommen.«
»Das war 'n interessanter Fall. Hat er ihnen je erzählt, wie er's angestellt hat?«
»Die meiste Zeit hat er gesagt: »Gute, solide Polizeiarbeit.« Aber nach ein paar Bierchen hat er zugegeben, dass er ein wenig Hilfe hatte.«
»Von wem?«, fragte ich.
»Einem Spezialisten. Mehr hat er nicht gesagt«, meinte Lisa.
Dean musterte einen Zeitungsartikel, dann sah er wieder zu einer Frau. »Hat man den Leichenräuber je geschnappt?«, wollte Dean wissen.
»Nein, aber als ich Joe mal danach gefragt hatte, sagte er, ich solle mir keine Sorgen machen. Alles sei geregelt.«
Die Barkeeperin ließ uns allein und Dean stupste mich an und deutete auf den Zeitungsartikel, welchen er zuvor gemustert hatte.
»Ist das ...«, begann ich, als ich etwas verdeckt eine Gestalt erkannte.
»Ja. Mein Dad«, sagte Dean.
»Wie war er so?«, fragte ich leise.
Dean sah mich an. Wir hatten noch nie zuvor über seinen Vater gesprochen.
»Er war ... unglaublich«, meinte Dean. »Er hat uns alles über diese Welt beigebracht -«
»Ist das nicht irgendwie ein negativer Aspekt?«, fragte ich.
»Ich kann mir kein anderes Leben als das hier vorstellen.«
Ich lachte leise und malte mit meinem Finger den Rand meines Bierglases nach. »Das ist schon komisch.«
»Was?«
»Das hier, dieses Leben«, meinte ich und deutete um mich. »Vor knapp zwei Jahren wusste ich nicht mal einen Funken davon, und jetzt, jetzt reise ich mit euch durch die Staaten und rette Menschen.«
»Ja.« Auch Dean lachte und mit einem Grinsen ließ er den Kopf sinken. »Das ist tatsächlich komisch - wenn man es so betrachtet.«
»Hey.« Ich boxte ihn gegen die Schulter. »Du machst dich über mich lustig.«
»Nein, niemals«, sagte Dean mit einem ironischen Unterton. Er musterte mich und sein Blick wurde ernst. »Es ist schön, dich mal wieder lachen zu sehen.«
Auch mein Lächeln verschwand und verwundert sah ich ihn an. »Wieso? So wenig lach' ich doch nun auch nicht.«
»Na ja, die letzten Male warst du entweder wütend, ernst oder am Boden zerstört«, erklärte Dean. »Castiel hat mich zu dir gebracht, als die Engel dich gefangen genommen hatten.« Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit und ich atmete tief ein. »Du konntest mich nicht sehen, da die Tür für dich nicht existiert hatte, aber ich sah dich. Es tat weh, wie verzweifelt du gewesen warst, dein Weinen. Ich konnte nichts tun, Cat. Ich hatte versucht, Castiel zu überzeugen, dass du nichts Böses getan hattest, doch er hat nicht auf mich gehört.«
»Anscheinend ja doch, sonst wär' ich nicht hier«, gab ich zurück und umklammerte fest mein Glas, den Blick darauf gerichtet.
»Ich hätte mehr tun sollen, Cat. Ich hab' nur zugesehen. Du standest am Richtblock und ich hab' zugesehen - und die Klinge hat dich nur knapp verfehlt. Cat, es tut mir leid.«
»Dean, wir können das Vergangene nicht ungeschehen machen.« Ich sah ihn an. »Was passiert ist, ist passiert. Wir müssen versuchen, es zu akzeptieren.«
»Ich hätte auf dich aufpassen müssen«, entgegnete der Mann.
»Dean!«, rief ich und er sah mich an. »Hör auf, dich für mich verantwortlich zu fühlen.« Ich ergriff seine Hand. «Hör damit auf und kümmer' dich um dich.«
Wir blieben eine Weile in der Bar und als es bereits dunkel war, fuhren wir zurück. Als Dean auf den Parkplatz des Motels fuhr, sahen wir sogleich Adam und Sam, die mit einem Auto davonfahren wollten. Sam wurde plötzlich von den Beinen gerissen und unter das Auto gezogen. Dean hielt so schnell, er konnte, den Impala und stieg hastig aus. Ich verließ ebenfalls den Wagen und half Dean und Adam, Sam von dem unbekannten Angreifer zu befreien. Dean ergriff die Schrotflinte und schoss unter das Auto.
»Was ist da?«, fragte ich und ließ Sams Arme los.
»Nichts. Es ist weg«, erklärte Dean.
Adam fuhr seinen Wagen zur Seite und zum Vorschein kam ein Gully, der Deckel lag daneben. Dean lief mit erhobener Waffe darauf zu und zielte hinab in die Tiefe. Er hockte sich hin, seine Hand auf dem Boden abgestützt, und als er diese wieder anhob, waren Blutspuren auf der Haut zu erkennen.
»Ich hab's erwischt«, meinte der Winchester, als er sich erhob und an uns vorbeilief. »Hast du was gesehen?«
»Nein, gar nichts«, antwortete Sam.
Dean verstaute die Waffe im Impala. »Was, zum Teufel, war das?«
»Sollten wir es nicht verfolgen?«, fragte Adam.
»Nein, nein. Das Ding ist schon längst verschwunden«, sagte Dean.
»Na, schön, wir wissen nicht, was es ist, aber hinter wem es her ist«, meinte Sam. »Joe Barton, Adams Mum …«
»... und Adam«, beendete Dean. »Es hat unter seinem Wagen auf ihn gewartet.«
»Es hat uns 'ne Falle gestellt - und ich bin drauf reingefallen.«
»Egal. Du hattest recht, es gibt ein Schema. Joe Barton war ein Cop. Ich bin sicher, dass er auch Dad geholfen hat. Jetzt haben wir ihn, Dads Freundin und seinen Sohn.«
»Alles Leute, die Dad in der Stadt kannte«, stimmte Sam nickend zu.
»Das ist der Grund, warum es wieder hier ist«, meinte ich.
»Es will Rache«, sagte Adam. Er blickte starr nach vorn, wie hypnotisiert.
»Schnapp dir dein Zeug. Wir fahren«, wies Dean an, als wir wieder bei Adam zu Hause waren. Der Junge lief nach oben und Sam ließ sich in der Küche an dem Tisch nieder.
»Wir sollten hierbleiben«, meinte Sam.
»Ja, klar. Hier, wo dieses Ding die Mutter des Jungen kaltgemacht hat. Guter Plan«, entgegnete Dean ironisch.
»Ich mein's ernst.«
»Nein, Sam, wir werden den Jungen bei Bobby absetzen, und dann zurückkommen und das zu Ende bringen, was Dad angefangen hat.«
»Wie? Wir haben keine Anhaltspunkte, keine Zeugen.«
»Wir haben nur Adam«, fügte ich hinzu. »Er ist so was wie ein Köder.«
»Er ist noch ein Kind!«, rief Dean. »Und er ist der Sohn unseres Vaters. Wir können nicht zulassen, dass ihm etwas zustößt.«
»Vielleicht kommt es zurück«, meinte Sam. »Wir können den Jungen trainieren, ihn vorbereiten.«
»Er könnte draufgehen dabei.«
»Wir alle können draufgehen!«, erwiderte der junge Winchester. »Selbst wenn wir dieses Ding töten, es gibt tonnenweise Freaks, die sich rächen wollen - an Dad, an uns. Was ist, wenn sie stattdessen den Jungen finden und er ist nicht vorbereitet?«
«Ich mache es«, erklang auf einmal Adams Stimme in unserem Rücken und wir wandten uns um. «Egal, was es kostet, ich mache es. Ich will es tun.«
Die Winchester und ich sahen uns an, dann nickte Dean. «In Ordnung. Aber wenn die Situation außer Kontrolle gerät, blasen wir die Sache ab.«
Wir fuhren hinaus in den Wald, wo Adam mit einem Schild als Zielscheibe schießen übte. Sam half ihm dabei, gab ihm Anweisungen und Tipps. Dean und ich lehnten gegen seinem Impala. Ich spürte, dass er von dem Ganzen nicht wirklich angetan war. Er wollte das alles nicht.
»Hey.« Ich ergriff seine Hand. »Er muss lernen, wie man sich verteidigt.«
»Nein.« Dean riss sich von mir los.«Er ist noch ein Kind. Dad hätte das nicht gewollt.«
Ich schwieg - ich wusste nichts darauf zu erwidern.
Zurück in Adams Haus erzählte Sam Adam einige Geschichte, die vor einem Jahr vorgefallen waren. Dean war weiterhin davon genervt.
»Und dann, dann haben wir's angezündet«, beendete Sam die Wechselbälger-Story.
»Mit 'nem selbstgebauten Flammenwerfer?«, fragte Adam ungläubig.
»Ja, die sind leicht zu bauen. Ich zeig's dir.«
Adam lachte leise. »Ihr habt vielleicht 'n Job, Mann.«
»Glaub mir, ein Jäger zu sein, ist kein Job, Adam. Es ist das Leben«, meinte Sam. »Du willst Medizin studieren. Hast du 'ne Freundin? Freunde?«
Adam nickte.
»Jetzt nicht mehr, nein. Wenn du das wirklich tun willst, kannst du diese Art von Verbindungen vergessen. Sie sind Schwachpunkte. Du bringst diese Menschen nur in Gefahr, sie könnten sterben.«
Ich bemerkte Deans Blick aus den Augenwinkeln, doch ich reagierte nicht, sah stattdessen nur nach vorn zu Sam und Adam.
»Wir bezahlen diesen Preis.« Sam blickte zu uns. »Du musst sie vergessen, und du darfst nicht zurückblicken. Es gibt nur eine Sache, auf die du dich verlassen kannst – Familie.«
»Sam?«, fragte Dean plötzlich; seine Stimme war ungewöhnlich leise. »Kann ich dich kurz sprechen?«
Ich blieb sitzen, während Dean mit Sam in den Flur ging. Fragend sah Adam mich an und ich zuckte nur mit den Schultern. Ich konnte mir vorstellen, worüber sie sprachen - Dean schien das soeben Gesagte nicht zu gefallen. Ich hörte Gemurmel, nichts anderes. Als ich hinunter zum Flur blickte, sah ich nur Deans wütendes Gesicht; Sam hatte mir den Rücken zugedreht.
Unsere Taschenlampen waren die einzigen Lichtquellen. Die Nacht war tiefschwarz, der Mond nicht mal zu sehen. Die Gruft strahlte eine unheimliche Aura aus - aber ein Fall war ein Fall; und da fast jeder unheimlich war, traf mich das Unheimliche nur halb so sehr.
»Was suchen wir?«, fragte ich leise
»Einen Hinweis«, gab Dean zurück, eine Spur lauter als ich.
Ich sah mich weiter um, beleuchtete jeden Zentimeter genaustens, jedoch war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Plötzlich vernahm ich das Geräusch von zerbrechendem Gestein, und verwundert wandte ich mich um. Dean schlug auf eine Steinplatte ein und ich trat näher. Als der Mann die Platte zur Seite getragen hatte, hockte er sich hin und blickte in den Raum dahinter.
»Was siehst du?«, wollte ich wissen.
»Ein Tunnelsystem«, meinte Dean. »Ich werde reingehen.«
»Sollten wir nicht Sam anrufen und ihm Bescheid sagen?«
»Nein, auf keinen Fall.«
Genervt stöhnte ich auf. »Warum bist du nur so stur?«
Dean erhob sich und wandte sich mir zu. »Ich bin stur?«, gab er zurück. »Du bist auch stur.«
»Ach, ja?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust, der Lichtkegel, der zuvor vor mir auf dem Boden gerichtet war, erleuchtete nun die Ecke links von mir. »Wann denn?«
Dean antwortete nicht, sondern trat einen Schritt auf mich zu, umrahmte mit seinen Händen mein Kinn und küsste mich. Binnen weniger Sekunden lösten wir uns langsam voneinander. Ich blinzelte einige Male, dann schüttelte ich fassungslos den Kopf.
»Das ist der falsche Augenblick«, meinte ich.
Dean trat einen Schritt zurück und fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht. »Ja, du hast recht.« Er drehte zu um und deutete auf den Tunneleingang. »Ich geh' da jetzt rein.«
»Jap. Aber nicht allein.«
»Was? Nein. Du kommst nicht mit.«
»Doch«, erwiderte ich. «Rein da. Ich bin dicht hinter dir.«
Widerwillig ging Dean der Anweisung nach. Schwerfällig robbte ich mich über die staubige Erde die Tunnel entlang, Dean direkt vor mir.
»Was siehst du?«
»Hier geht's runter. Pass auf«, sagte Dean.
Er stöhnte, als er sich durch einen schmalen Bogen zwängte. Als er den Tunnel verlassen hatte, folgte ich ihm. Dean packte mich an den Oberarmen und zog mich die letzten Meter heraus. Ich spürte den Boden unter mir und sah mich um. Wir befanden uns in einem großen Raum unterhalb der Gruft. Es war kalt, feucht und dunkel. Dean hob die Taschenlampe und leuchtete in jeweils eine Richtung.
»Ich denke, mithilfe der Tunnel bewegt es sich fort«, meinte ich.
Dean beleuchtete den Boden. Knochen und Hautfetzen lagen verteilt auf der staubigen Erde. »Trautes Heim, Glück allein.«
Wir liefen weiter, das Licht unserer Lampen huschte umher. Mein Licht erfasste eine Leiche und ich verharrte.
»Dean ...«, sagte ich unruhig.
Der Mann wandte sich um und kam zu mir. Er hockte sich neben den Leichnam und hob eine Brille auf.
»Joe in Hackfleisch-Soße«, meinte Dean und warf die Brille zurück.
Auf einmal erklangen merkwürdige Geräusche. Dean hob die Hand, als Zeichen dafür, leise zu sein, und ich nickte. Langsam griff ich nach meiner Waffe. Dean erhob sich, blickte in den Nebentunnel, aus welchem das Geräusch gekommen war, und schoss hinein. Es polterte, als Steine hinunterstürzten. Dean zog mich mit zu Boden und als die Geräusche verklangen, erhoben wir uns wieder.
»Oh, so ein elender Schweinehund«, sagte Dean.
Er leuchtete mit seiner Taschenlampe um sich, dann holte er sein Handy hervor und suchte nach Empfang.
»Nichts.« Er ließ das Handy sinken.
»Hast du das Ding jetzt eigentlich getroffen?«, fragte ich und deutete auf den eingestürzten Tunnel.
»Wenn, dann ist es von Steinen erschlagen«, meinte der Mann.
Er lief weiter, ich folgte ihm. Vor uns erschien eine Tür, die Dean verzweifelt zu öffnen versuchte, doch es führte kein Weg hindurch. Wir liefen in eine andere Richtung. Der Mann deutete auf einen Sarg. Ich nickte zustimmend und er öffnete ihn.
»Und?«, fragte ich.
Dean hustete und hielt sich angewidert die Hand vor den Mund. Auf einmal starrte er entsetzt den Inhalt des Sarges an.
»Was?«
»Das ist Adams Mutter«, sagte Dean.
Er lief zu einem anderen. Abrupt öffnete er ihn und sofort hielt er sich die Hand vor den Mund. Dieses Mal trat ich näher, so dass ich das Gesicht des Toten sehen konnte. Auch ich schlug mir die Hand vor den Mund, doch eher vor Entsetzen als Anwidern.
»Adam«, flüsterte ich fassungslos und sah zu Dean. »Das ist Adam! Dean, wie ... wie kann das Adam sein. Ich meine, er ist doch bei Sam.«
»Hilf mir die Tür aufzubrechen.«
Dean rannte gegen das schwere Holz. Ich lief zu ihm, als sich nichts rührte, und er und ich traten gleichzeitig dagegen, doch nichts geschah. Verzweifelt sahen wir uns. Wir würden niemals rechtzeitig bei Sam sein. Egal, was dort bei ihm war, es würde die Chance nutzen und ihm etwas antun.
Dean leuchtete mit der Taschenlampe hinauf zur Decke und das Licht fiel auf ein Bild mit einem Engel.
»Das soll doch 'n Scherz sein«, meinte ich. »Was läuft hier, Dean?«
»Das sind wahrscheinlich Ghuls«, erklärte der Mann. »Sie ernähren sich gewöhnlich von Toten. Die Verschwunden waren nur eine Ablenkung. Sie waren schon tot. Und der Ghul hat Adams Gestalt angenommen.«
Dean und ich schoben einen der Särge unter das Bild. Er ergriff eine Metallstange, die auf dem Boden gelegen hatte und stieg auf den Kasten. Er zerbrach das Engelsbild, welches eigentlich ein Fenster war, und Scherben stürzten auf uns herab. Schützend verdeckte ich mein Gesicht mit meinen Armen. Als ich sie sinken ließ, hatte Dean die Stange bereits durch das Loch geschoben und sie so platziert, dass er sich hochziehen konnte.
»Steig auf den Kasten und nimm meine Hand«, wies Dean an.
Ich tat, wie mir geheißen, und ließ mich von ihm hochziehen. Zitternd landete ich in seinen Armen und unsicher starrte ich zurück in die Tiefe.
»Du hast mich da hochgezogen?«, fragte ich verblüfft.
»Du wiegst nicht unbedingt viel«, gab Dean zurück.
Er zog mich mit sich und zusammen rannten wir zum Auto. So schnell wir konnten, fuhren wir zu Adams Haus. Wir stürmten mit erhobenen Waffen hinein. Dean ließ ein lautes »Hey« von sich, bevor er auf den Ghul, der Adams Gestalt angenommen hatte, schoss.
»Dean, es sind Ghuls«, erinnerte Sam, der auf dem Tisch gefesselt war.
Dean zielte mit der Schrotflinte auf den Kopf der Frau, die wie Adams Mutter aussah, und als er schoss, blieb nur noch ein Torso übrig.
»Das bedeutet Kopfschuss«, meinte Dean nickend.
Er und ich begannen, Sam zu befreien, als Dean plötzlich von den Beinen gerissen wurde.
»Befrei Sam!«, rief Dean mir zu, während er gegen den Ghul kämpfte.
Ich versuchte Sams Fessel zu lösen, was sich als äußerst schwierig erwies, da sie fest verknotet waren.
»Ein Messer«, brachte Sam mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Ich sah mich panisch um. In einem Messerblock entdeckte ich eines und sofort rannte ich zu ihm, ergriff eines und begann die Seile durchzuschneiden. Sam war schwach. Er hatte zu viel Blut verloren. Ich befreite ihn und in diesem Moment kam Dean zu uns und zog seinen Bruder hoch.
»Komm her, komm her«, sagte er.
Sam stöhnte auf.
»Warte. Alles klar, so ist's gut.«
Ich wandte mich um. Der Adam-Ghul lag mit zermatschtem Kopf auf dem Boden. Dean hatte ihm wirklich übel zugesetzt.
Der Winchester sprach beruhigende Worte auf seinen Bruder ein und verband seine Arme. Sie zeigten tiefe Schnittwunden auf, die ihm die Ghuls zugesetzt haben mussten. Wahrscheinlich vertrugen sie sein Dämonenblut nicht und wollten ihn ausbluten lassen, um nur sein Fleisch zu essen.
»Danke«, sagte Sam schwach.
»Dafür hat man Familie doch, oder?«, gab Dean zurück.
Ich sah ihn an. »Er war die ganze Zeit ein Ghul gewesen. Adam ... er war die ganze Zeit … tot.«
Wir holten Adams Leiche aus den Tunneln unter der Gruft. Dean baute einen Scheiterhaufen und kippte Benzin über das Holz.
»Sollten wir das wirklich tun?«, fragte Sam unsicher.
»Die Ghuls haben diese Fotos nicht gefälscht und auch nicht Dads Tagebuch«, meinte Dean. »Adam war unser Bruder. Er ist wie ein Jäger gestorben und hat es verdient, wie einer von uns zu gehen.«
»Vielleicht könnten wir ihn zurückholen …«
»Sam ...«, begann ich.
»Wir könnten Castiel um einen Gefallen bitten.«
»Adam ist an einem besseren Ort«, erwiderte Dean und zündete den Scheiterhaufen an.
Adams Leichnam, in einem Tuch eingewickelt, loderte in hellen Flammen auf. Das Feuer tanzte umher, ein schöner Anblick, auch wenn es ein trauriger Anlass war.
»Endlich versteh' ich, wieso du dich so oft mit Dad gezofft hast. Ihr zwei seid praktisch die gleiche Person. Ich hab' den Kerl verehrt. Ich hab' mich gekleidet wie er, ich hab' mich verhalten wie er und die gleiche Musik gehört. Aber du bist ihm viel ähnlicher als ich es je sein werde. Das weiß ich jetzt«, sagte Dean leise.
»Das versteh' ich als Kompliment.«
»Versteh' das, wie du willst«, gab Dean tonlos zurück, den Blick auf die Flammen gerichtet.
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Hättet ihr damals gedacht, dass es nicht Adam ist?
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