Kapitel 4

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Der Mann vollführte eine Handbewegung und die Flammen verschwanden. Wut brodelte ihn mir auf, Wut und Verzweiflung.
»Hast du wirklich gedacht, sie würde am Leben bleiben?«, fragte er, während er langsam mit dem Messer auf mich zulief. »Ich habe lange auf dich gewartet, doch ich wusste, dass du irgendwann kommen würdest. Wir haben Wache gestanden, wochenlang, und nun habe ich dich Ehre, es zu beenden.«
Er ließ seine Augen schwarz werden und ich starrte ihn nur entgeistert an, unfähig mich zu bewegen.
»Viele von uns sind mit dir nicht einverstanden, damit, was der Gelbäugige mit dir vorhatte.«
»Ich weiß nicht, was er von mir wollte«, gestand ich. »Lass mich gehen. Ich werde euch nicht in den Weg kommen.«
»Das geht nicht«, sagte der Dämon mit einem Lächeln. »Du sollst einer der Obersten werden. Ein Halbdämon als Anführer? Wir dulden das nicht, und deswegen wirst du sterben.«
Er hob seine freie Hand und ballte sie zur Faust. Auf einmal verspürte ich einen riesigen Schmerz und stöhnend sank ich auf die Knie.
»Ich werde dich leiden lassen - und ich werde Spaß daran haben.«
Er verstärkte den Griff. Ich schrie und fiel nach vorn, meine Finger in mein Shirt gekrallt, so dass die Knöchel weiß hervortraten. Da tauchte eine Gestalt hinter dem Dämon auf. Ein helles Licht erstrahlte und der Mann schrie grell auf, als seine Augenhöhlen verbrannten.
Der Unbekannte lief auf mich zu, während der tote Körper des Dämons zu Boden glitt. Als er vor mir stehenblieb, erkannte ich ihn, und Verwirrung und Erstaunen zugleich spiegelte sich in meinem Gesicht wieder.
»Du darfst nicht länger auf der Erde verweilen«, sagte er und berührte mich an der Stirn, so dass ich bewusstlos zu Boden sank.

Ich öffnete langsam meine Augen und blinzelte einige Male, da mir die Sonne direkt ins Gesicht schien.
»Wovon hast du geträumt?«, hörte ich eine bekannte Stimme sagen und erst jetzt bemerkte ich die Gestalt, die neben mir auf dem Bett saß.
Ich wich sogleich nach hinten zurück, die Decke gegen meinen Brustkorb gepresst. »Was tust du? Verschwinde!«, rief ich mit pochendem Herzen.
Es klopfte an der Tür und ich sah zu ihr, als Bobby eintrat.
»Ich hatte Stimmen gehört und mir Sorgen gemacht. Hattest du wieder einen Albtraum?«
Ich antwortete nicht, sondern wandte mich um, doch Castiel war verschwunden.
»Nein«, sagte ich schließlich. »Ich ... ich hab' nur mit mir selbst gesprochen.«
Bobby runzelte verwundert die Stirn, erwiderte jedoch nichts darauf. »Wie viel hast du gestern getrunken, Kind?«
»Was meinst du?«
»Als ich nach Hause kam, stand das Essen auf dem Herd und du hast tief und fest in deinem Bett geschlafen«, erklärte der Mann.
Ich fuhr mir mit dem Handballen über die Augen. Ich erinnerte mich wieder an gestern Abend, obwohl ich gehofft hatte, und es innerlich auch noch immer tat, dass es ein Traum gewesen war. »Ja, ein paar ... Gläser Whiskey«, log ich.
Bobby hob die Augenbrauen und ich nickte noch einmal zur Bestätigung. »Na ja, das Wichtigste war, dass du schläfst. Frühstück ist in der Küche. Ich bin kurz auf dem Hof.« Der Mann wandte sich zum Gehen, doch blieb er im Türrahmen noch einmal stehen. »Ach, ja. Dean hat versucht, dich die ganze Zeit zu erreichen. Ich hab' ihm gesagt, dass du später zurückrufst.«
»Danke, Bobby«, sagte ich.
Er nickte nur, dann ging er.
Ich atmete tief durch und erhob mich. Ich trug noch die Sachen von gestern und ich ging sofort ins Bad, um mich zu waschen. Das Wasser war angenehm kalt und ich beugte mich hinunter und spritzte mir etwas ins Gesicht. Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich im Spiegel hinter mir den Engel stehen und vor Schreck zuckte ich zusammen.
Meine Finger krallten sich um den Rand des Waschbeckens und mit pochendem Herzen wandte ich mich um, doch stand niemand hinter mir. Als ich wieder in den Spiegel sah, sah ich auch dort keinen Engel mehr.
»Oh, Mann«, murmelte ich und lief hinunter zur Küche.
Auf dem Tisch stand ein Teller mit Marmeladentoast und diesen ergriff ich und setzte mich auf das Sofa. In diesem Moment klingelte mein Handy, welches neben mir lag, und ergriff es. Sofort nahm ich ab und legte es ans Ohr.
»Ja?«
»Cat! Ich dachte, ich erreiche dich gar nicht mehr.«
»Dean, was ist los?«, fragte ich besorgt.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll. Sam, er ... er trinkt Dämonenblut und dieses Miststück, Ruby …«
»Was?« Ich spürte Unbehagen in mir aufkommen.
»Er trinkt Dämonenblut, um stärker zu werden. Durch seine Adern selbst fließt dämonisches Blut und die Schlampe, Ruby, hilft ihm dabei«, erklärte der Mann.
»Dean, immer langsam. Ruby ist in der Hölle«, sagte ich.
»Nicht mehr.«
Mein Herz setzte kurz aus und ich spürte, wie sich mein Körper verkrampfte. »Nein ...«, flüsterte ich.
»Ich will sie wahrscheinlich genauso gerne töten wie du, aber Sam -«
»Dean, hör mir zu. Egal, was Sam sagt, du musst ihn von dem Blut abbringen. Das, was er jetzt tut, ist nur ein Bruchteil von dem, was er wirklich werden könnte. Ich werde so schnell, es geht, zu dir kommen.«
»Ja, danke«, sagte Dean. »Cat, Castiel hat mir etwas erzählt. Er sagte, du hättest ebenfalls Dämonenblut des Gelbäugigen in dir.«
Ich schwieg.
»Cat?«
»Er hat recht. Ich bin ein Halbdämon, und deswegen sage ich dir, pass auf deinen Bruder auf, bis ich bei dir bin«, wies ich an. »Es ist nicht so, dass du es nicht geahnt hättest. Du wusstest, dass ich ein Halbdämon bin. Nur, dass ich eines seiner besonderen Kinder bin.«
Nun schwieg Dean. »Na, schön. Ich warte auf dich.«
Dean legte auf und mit einem Seufzen lehnte ich mich zurück.
»Castiel, du verdammter Mistkerl!«, fluchte ich und schlug wütend mit der Faust auf das Polster.
»Dean vertraut dir«, erklang plötzlich die Stimme des Engels.
Er lehnte wieder an der Küchenzeile und abrupt erhob ich mich.
»Du wolltest ihn gegen mich aufhetzen«, meinte ich und lief sauer auf ihn zu.
»Es hat nicht funktioniert. Er war nicht so wütend wie auf Sam.«
»Du bist grausam!«, schrie ich. »Grausam und hinterhältig!«
Castiel legte den Kopf schief, antwortete jedoch nicht.
»Was willst du hier?«, zischte ich.
»Ich habe eine neue Anweisung.«
»Ach, und welche?«
»Ich soll dich nicht in den Himmel bringen, ich soll dich nur von den Menschen fernhalten«, erklärte der Engel und sah mich an.
»Ich werde nicht mit dir gehen«, fauchte ich.
»Du hast keine Wahl.«
»Doch, die habe ich. Denn es ist meine Entscheidung!«
Flügelschlag erklang und augenblicklich stand Castiel vor mir. Bevor ich zurückweichen konnte, hatte er mich am Handgelenk ergriffen und mich woanders hingebracht. Wir befanden uns in einer alten Lagerhalle. Einige Tonnen standen herum und ein brauner Holztisch.
»Was soll das?«, verlangte ich zu wissen.
»Du wirst hier bleiben«, erklärte er.
»Auf keinen Fall.«
Ich lief zur Tür, doch als ich sie erreicht hatte, war sie verschwunden.
»Du wirst diesen Ort nicht verlassen«, sagte Castiel nachdrücklich.
Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, und wandte mich um, doch war der Engel fort.
»Ich schwöre, das nächste Mal, wenn ich dich sehe, bringe ich dich um!«, schrie ich, den Kopf gen Himmel gerichtet, und mit unheimlicher Wut im Bauch.

Ich lehnte mit verschränkten Armen gegen den Tisch. Seit gefühlten Stunden wartete ich bereits auf Castiels Rückkehr. Es gab keinen Ausweg, ich war hier gefangen, und ich war stinksauer. Welches Recht hatte dieser Möchtegern Engel, mich einfach zu entführen?
»Castiel, beweg' deinen arroganten Arsch hier runter, oder ich werde -«
»Oder du wirst was?«, erklang die Stimme des Engels.
Er stand einige Meter von mir entfernt und sauer wandte ich mich ihm zu.
»Du bringst mich jetzt zurück nach Hause«, befahl ich.
»Nein.«
»Wie bitte?«
»Das werde ich nicht.«
Mir klappte die Kinnlade hinunter und fassungslos sah ich ihn an. »Du kannst mich hier nicht festhalten.«
»Doch, das kann ich«, erwiderte der Engel.
»Weil Gott es so will? Der Mann, der die ganze Zeit tatenlos dabei zusieht, wie die Welt den Bach herunterläuft? Wie Kriege ausgetragen werden, Menschen sterben?«
»Mir missfällt dein Ton.«
»Und mir missfällt die Lage!«, rief ich.
Urplötzlich stand der Engel vor mir. Er packte mich an den Schultern und drückte mich gegen einen Pfeiler.
»Du denkst, das ist alles nur ein Spiel. Du denkst, wir machen das, um dein Leben zu zerstören«, meinte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Ich versuchte gegen seinen Griff anzukämpfen, doch er war zu stark.
»Lass mich ... gehen ... bitte«, flehte ich. »Bitte, Castiel. Was soll das?«
»Du bist ein Engel des Herrn und du wirst hier bleiben, bis du dies verstanden hast.«
»Ich bin kein Engel oder Halbengel«, erwiderte ich. »Ich bin ein Mensch. Bitte, lass mich gehen!«
»Du hast keinen Glauben«, meinte Castiel. »Tief im Inneren weißt du, was du bist, wer du bist, doch du hast zu große Angst vor der Wahrheit.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, das stimmt nicht.«
Der Engel ließ mich los und trat einen Schritt zurück. Er legte seine Hand auf meinen Kopf und in diesem Augenblick begann er in reinem Weiß zu erstrahlen. Seine Augen wurden so blau wie das klarste Meer und zu meinen Füßen erschien ein Schatten, mein Schatten, riesig und mächtig. Zwei Flügel breiteten sich auf dem Boden aus, und binnen weniger Lidschläge war das Spektakel wider verschwunden. Castiel ließ seine Hand sinken und wandte sich von mir ab.
»Nein«, sagte ich wieder. »Das war nur irgendein Zauber. Ich bin nicht das, was du behauptest.«
»Du wirst es irgendwann verstehen, Catherine«, meinte Castiel. Wieder erklang Flügelschlag und er war verschwunden.
Mein Herz pochte wild. Mein Kopf versuchte die ganze Sache zu verarbeiten, doch bekam ich nur Kopfschmerzen. Ich musste hier weg, ich musste zu Dean, ich musste ihm helfen. Ich hatte jedoch kein Handy und keine Tür, um ihn zu erreichen oder um zu fliehen.
Ich sah mich in der Halle um und mein Blick fiel auf eine Stange aus Stahl, die an der Wand lehnte. Sofort nahm ich sie in die Hand, wog sie einige Male und holte dann in der Drehung aus. Der Schlag wurde abgebremst. Als wäre es das Einfachste der Welt, hatte er sie festgehalten, und mit einer immensen Kraft geschleuderte er mich durch die Halle, so dass ich gegen eine Trennwand stürzte, die sofort einbrach. Staub quoll auf und stöhnend drehte ich mich auf den Rücken.
»Hast du wirklich geglaubt, dass mich das aufhält?«, fragte Castiel, der mit großen Schritten auf mich zulief.
Er packte mich am Kragen und zerrte mich zu einer Wand, gegen welche er mich drückte. Ich hatte eine Platzwunde am Kopf und Blut floss aus meiner Nase. Mein Körper schmerzte so sehr, dass das Gefühl beinahe verschwand, und ich presste nur die Lippen aufeinander, nur, um dem Engel nicht zu zeigen, wie ich litt.
»Du bist ein erbärmliches Wesen. Warum der Himmel dich in Gefangenschaft wissen will, ist mir ein Rätsel«, sagte er. »Du bist schwach und unfähig. Du konntest nicht einmal deine Familie beschützen. Und sie starben alle nur deinetwegen!«
Ich schrie und stieß Castiel mit aller Kraft von mir. Er wurde von den Beinen gerissen und landete unsanft gegen einem Schrank, der ächzend unter ihm zusammenbrach. Jeder Schmerz war aus meinen Gliedmaßen verschwunden, das Einzige, was ich spürte, war Wut.
»Halt die Klappe!«, brüllte ich und lief auf ihn zu.
Castiel erhob sich. Aus seinem Mund und seiner Nase floss Blut und er spuckte einige Klumpen aus. Ich blieb neben einer Wassertonne stehen. Mein Blick fiel darauf und mein Spiegelbild starrte mir finster entgegen. Die schwarzen Augen bohrten sich wie Nadeln in meine Haut und fassungslos sah ich wieder zu dem Engel.
»Was hast du getan?«, flüsterte ich.
Sofort spürte ich wieder den Schmerz und stöhnend sank ich auf die Knie.
»Ich sagte dir, dass deine dämonische Seite nur schläft«, meinte Castiel. »Genau wie deine himmlische.« Er trat langsam auf mich zu. »Solange du dich nicht unter Kontrolle hast und du nicht weißt, was du bist und wohin du gehörst, wirst du hier bleiben. Du hast die Wahl, Cat. Du hast die Wahl zwischen dem Himmel und der Hölle.«
»Meine Wahl wird immer auf das dazwischen fallen«, erwiderte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Auf die Menschen, auf meine Familie - Sam und Dean und Bobby.«
»Wenn du dich weigerst, dich uns anzuschließen, bleibt uns nichts anderes übrig, als dich zu vernichten. Denn wenn es nicht der Himmel ist, wird es letztendlich immer die Hölle sein.«
Castiel berührte mich wieder an der Stirn und ich spürte den kurzen Schmerz, der sich durch meinen Körper zog, dann war er jedoch verschwunden - und mit ihm meine Wunden und der Engel. Ein verzweifeltes Schluchzen erfüllte meine Kehle und ich legte die Hände auf den Kopf und weinte stumm in mich hinein.

2099 Wörter

Ach, Castiel. Was war er am Anfang nur für einer kleiner Zinnsoldat xD

Was sagt ihr zu der Story? Lasst bitte Kommis da!

Was sagt ihr zu der Story? Lasst bitte Kommis da!

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