Schokotorte

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Am nächsten Tag denke ich immernoch über den toten Mann in der Mülltonne nach. War das die Mafia? Ist hier sowas normal? Hat Angus das veranlasst?

Ablenken bringt nichts. Das Foto löschen auch nicht. Also überwinde ich mich und rufe Angus an.

"Hi, ich bins Lorena." "Hallo Lorena. Wie gehts?" "Ganz gut. Aber ich würde dich gerne wiedersehen." "Ich dich auch. Soll ich dich abholen?" "Ja. Wann kommst du denn dann?"

Er nennt mir die Zeit und ich fange an mich fertig zu machen. Ich schlüpfe in ein Top mit hochkanten Streifen, welches einen gewagten Ausschnitt hat und kombiniere dazu einen weißen Faltenrock und Sandalen. Ich packe meine Kamera ein, den Hausschlüssel, mein Handy und die Waffe, welche ich seit ich hier bin immer dabei habe. Dann trinke ich noch was und warte auf Angus.

"Sollen wir los?", fragt er mich und ich frage zurück, wo es denn hin geht. "Wir gehen auf den Markt." Gespannt nicke ich und laufe auf seinen Wagen zu.

In der Altstadt herrscht wildes Treiben und wir stellen etwas außerhalb den Wagen ab. Wir laufen rein und unterhalten uns über unsere Heimatländer.

"Warum bist du eigentlich damals nach Mexiko gezogen? Genug vom Regen gehabt?", schmunzel ich. "Nein, das nicht, aber mein Vater hatte hier mehr berufliche Chancen gesehen. Und da es sein Heimatland war sind wir eben hier her gezogen." "Ok, ja kann ich verstehen. Aber mein Vater wollte nie mit uns nach Mexiko ziehen, er meinte hier wäre es zu gefährlich." "Ja. Hier ist es ja auch gefährlich. Wenn du zu viel siehst, wirst du das bereuen." Und schon wieder muss ich an den Mann im Müll denken.

Auf dem Marktplatz angekommen staune ich. Die bunten Schirme über den Ständen leuchten in der Sonne, das Obst glänzt und überall unterhalten sich Leute auf spanisch.

"Macht es dir was aus, wenn ich ein wenig fotographiere?" Er schüttelt den Kopf und ich fange an die lachenden Gesichter der Frauengrüppchen einzufangen, das Gemüse auf den Bildern strahlen zu lassen und die Momente aufzunehmen.

Angus kauft ein paar Kirschen und ich lichte ihn dabei ab. Er lacht strahlend in die Kamera und ich muss lächeln. Was für ein Mann!

Wir gehen ein paar Stände weiter und er besteht darauf, dass ich den Käse probiere. Er schmeckt zwar ziemlich nach Ziege, aber er ist gut.

Irgendwann greift er nach meiner Hand während wir herum schlendern und ich genieße das Gefühl festgehalten zu werden. Wir holen uns ein Eis und als wir an einem Straßenmusikanten vorbei kommen, bringt er mich dazu Salsa zu tanzen. Zuhause wäre mir das peinlich gewesen, aber hier macht fast jeder mit.

Er dreht mich im Kreis, aber ich verliere mein Gleichgewicht und stolpere. Noch im letzten Moment fängt er mich auf und zieht mich an sich. Mein Bauch und meine Handgelenke kribbeln wieder stark, denn wir stehen uns eng gegenüber und schauen uns in die Augen. Er kommt mir immer näher und küsst mich erst sanft und dann innig.

Als er sich wieder von mir löst, flüstert er mir leise ins Ohr: "Ich bin froh, dass du angerufen hast." Ich lächle an seiner Backe, und spüre wie auch er seine Mundwinkel hoch zieht.

"Komm mit. Ich will dir jemanden vorstellen.", zieht er mich hinter sich her.

Wir kommen an einer kleinen Bäcker in einer Seitenstraße an. Als er mir die Tür auf hält, bimmelt eine kleine Glocke. "Buenos dias, Neila!" "Hey Angus!" "Darf ich dir die entzückende Lorena vorstellen? Lorena, das ist Neila, meine Schwester. Sie macht die besten Kuchen in der Stadt." "Hi." "Ach was, die sind ganz in Ordnung." "Du weißt das sie gut sind!", beharrt Angus und die blonde junge Frau zuckt lachend mit den Schultern.

"OK also zwei mal meinen Lieblingskuchen." Sie nickt und holt eine Schokotorte hinter der Theke hervor. Jeder bekommt ein Stück. "Und, es ist doch ein sehr guter Kuchen, oder?" Ich nicke lächelnd mit der Hand vor dem Mund. Denn schmecken tut es gut, nur klebt die Schokolade zwischen den Zähnen. "Du brauchst doch die Zähne nicht verdecken, das ist doch das lustige daran.", lacht Angus und Grinst mich breit an. Seine Zähne sind dunkelbraun und mit seinem dämliche Grinsen sieht es einfach nur zum schreien aus. Ich muss laut lachen, man sieht die verklebten Zähne und jetzt hat auch er einen Lachflash. Die Situation ist einfach zu komisch!

Doch unser Lachschwall wir von Schüssen auf der Straße unterbrochen. "Ich seh mal nach.", sagt Angus und zieht eine Waffe hervor. Neila nimmt mich nach hinten mit in den Hinterhof und von dort aus in eine Wohnung.

"Das ist Angus Wohnung. Hier sind wir erstmal sicher. Weißt du, sowas kommt hier öfter vor." Ich nicke nur und denke schon wieder an den Mann im Müll. Man hört weitere Schüsse. Ob es Angus gut geht? Neila scheint zu wissen, was ich denke und beruhigt mich: "Er mischt sich bei sowas nie ein. Er passt nur auf, dass es nicht außer Kontrolle gerät. Angus ist ein toller Kerl." "Ja, das ist er."

"Ja. Kannst du mir einen Gefallen tun?" Fragend schaue ich Neila an. Was denn für einen Gefallen? "Pass auf ihn auf. Ihr scheint euch zu mögen, man spürt, dass es gut läuft. Aber verletze und belüge ihn nicht. Seit etwas schlimmes mit unserem Vater wegen der Mafia passiert ist, verkraftet er sowas nicht mehr so leicht."

Ich nicke nur. Wie kann ich ihn denn nicht belügen?! Ich soll ihn doch ausspionieren.

Me runnigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt