Dritter Schritt

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"Die Liebe ist nicht immer schön. Manchmal hofft man die ganze Zeit, während man liebt, dass sich etwas ändert. Dass es besser wird. Und irgendwann stellt man fest, dass man in einer Sackgasse gelandet ist und unterwegs sein Herz verloren hat.". So beschreibt Colleen Hoover die Liebe. Ich hoffe bloß, ich werde nicht in einer Sackgasse landen. Ich stelle mir meinen Weg eher mit Hindernissen vor. Einen Weg mit Bergen, Schluchten und Kreaturen die meinen schwarzen Streifen immer dicker und dicker malen möchten. Irgendwo flackern Laternen und versuchen den schwarzen Streifen zu beleuchten, um mir den Weg zu zeigen. Aber nein. Der Teufel hat wohl die Stromrechnung nicht bezahlt.

In Mitleid versinken möchte ich jedoch auch nicht. In einer Pfütze aus mir selbst. Das bin nicht ich.

Ich rühre mit dem Löffel meinen schwarzen Tee und blicke nachdenklich auf meine Lichterketten. Heute ist der erste Tag des Dezembers. Mit einer Decke um meine Schultern und zwei Tassen in den Händen gehe ich auf meine Terrasse und setze mich, wie auch schon vor 3 Wochen, auf den weißen Stuhl.

"Hey." begrüßt mich Adam und setzt sich wieder auf die Liege.

Ich drücke ihm seine Tasse in die Hand und diesmal blicken wir dem Schnee dabei zu, wie er alles weiß erscheinen lässt. Wieder versuche ich die weiße Farbe aufzunehmen.

"Ich habe dir was mitgebracht." Adam stellt seine Tasse auf den Gartentisch und holt einen Adventskalender hervor. Etwas überrumpelt sehe ich in seine hellbraunen Sonnen.

"Ich dachte, dass du nichts dagegen hättest." kratzt er sich verlegen am Kopf.
"Aber wenn er dir nicht gefällt, dann fahre ich sofort los und gebe ihn zurück."

Mein Inneres fängt an zu schmelzen. Es scheint so, als würde mein Herz auftauen. Er erinnert sich daran, dass ich Adventskalender über alles liebe. Dass ich mir jedes Jahr einen Adventskalender kaufe. Seit klein auf, habe ich Adventskalender angehimmelt. Wortwörtlich. Die Vorstellung, dass ich morgens aufstehe und gleich Schokolade essen darf, war als Kind sehr verlockend. Und auch heute noch, freut man sich über die kleine Überraschung hinter den Türchen.

"Nein, nein, ich würde ihn gerne behalten." sage ich und lächle ihm entgegen.

Seine gelockten Haare fallen ihm über die Stirn und liegen im Kontrast zum Schnee. Ich suche das erste Türchen, öffne es und empfange einen kleinen Weihnachtsmann. Behutsam, weil meine Finger vor Kälte taub sind, versuche ich ihn dem kleinen Türchen zu entnehmen und fluche innerlich, da das nicht so schnell funktioniert. Er ist gerade einmal so groß wie mein kleiner Finger, weshalb mir das Brechen schwer fällt. Zwei von der Sonne geküsst, warme Hände schließen sich um meine Hände und nehmen mir vorsichtig den Weihnachtsmann weg.

"Lass mich das machen, bevor du dir deine kleinen Finger brichst."

Mit Acht, teilt er den kleinen Mann in noch kleinere Teile und übergibt mir einen davon. Ein angenehmes Schweigen fällt über uns her, während wir unsere Hälften genießen.

"Mh, ich verstehe, wieso du Milka so bevorzugst." murmelt Adam genüsslich und fährt sich mit der Zunge über die Lippe.

"Das habe ich nie erwähnt." entgegne ich und sehe ihn lächelnd an.

"Bist du dir sicher? Ich könnte schwören, dass wir darüber gesprochen haben." versichert er überzeugt und legt sich auf die Liege. 

Ich verberge das Lächeln auf meinen Lippen. "Das habe ich einmal erwähnt. Nur ist das schon 6 Jahre her." zucke ich unbekümmert mit den Schultern. Innerlich jedoch feiern meine ganzen Körperzellen mit mir mit.
Jesus. Er hat sich erinnert.
ER HAT SICH ERINNERT!

"Du hast dich erinnert." sage ich überraschend ruhig und blicke ihn glücklich an.

"Mag sein." Murmelt er, bevor sich seine Augen aufreißen, welche er geschlossen hatte. "Ich habe mich erinnert..." nuschelt er und blickt starr auf das Dach meiner Terrasse. Sein Kopf schießt in die Höhe. "Weißt du was?" fragt er mich.

Ich schüttle nur meinen Kopf und sehe ihn lächelnd an.

"Ich habe mich erinnert!". Er springt freudig auf und umarmt mich.

Diese Umarmung überrumpelt mich, sodass ich nicht einmal die Chance habe ihn zurück zu umarmen. 

"Das müssen wir feiern!" seine Augen glänzen und er sieht mich abwartend an. "Ich lade dich ein, für einen kleinen Harry Potter Abend mit keinem Snack. Sonst werden wir beide aus der Garage rollen müssen."

Ich fange bei dem Gedanken an zu lachen und schüttle den Kopf. "Du ladest mich in meine Garage ein?" frage ich ihn ungläubig und ziehe die Decke um mich enger.

"Hey! Ich zahle Miete dafür!" verteidigt er sich.

"Ach echt? Bei wem denn?" erwidere ich.

In seinen Augen blitzt etwas Vertrautes auf und mein Herz beginnt zu rasen. "Ach komm schon kleiner Schmetterling. Harry Potter zaubert schon seit 5 Minuten, kommst du jetzt mit?" fleht er.

Kleiner Schmetterling.... Verdammt tut es weh, zu sehen, wie frei er diese zwei Wörter aus seinem Mund lässt und dabei keinen Gedanken daran verschwendet, weshalb er mich so nennt.

"Naja, kommt darauf an, welcher Teil es ist." sage ich neckisch und nippe an meinem Tee. Oh Gott, diese Nervosität muss weg.

"Stein der Weisen." gibt er auffordernd zurück. Ich setze an meiner Tasse an und trinke die heiße Flüssigkeit in einem Satz runter, dann nehme ich mir seine Tasse, flüstere "Komme gleich wieder." und verschwinde in mein Haus. Nachdem ich die Tassen in die Spülmaschine gestellt habe, lehne ich mich gegen die Küchentheke.

Er hat sich wirklich erinnert. Es ist zwar nichts Großes, aber er hat es getan. Die Chance, dass er sich weiter an Sachen erinnern kann, ist gewachsen. Ich werde das schaffen! Ich werde seine Erinnerungen zurückholen!
Man, klinge ich hoffnungslos.
Ich fahre mir übers Gesicht und sehe zu Adam raus. Mittlerweile sitzt er auf dem weißen Gartenstuhl und fährt die Gravierungen nach, die er einst selber geschlitzt hat.
Nochmals sehe ich mich um, atme tief ein und wieder aus. Dieser Abend wird schwer werden. Schön, aber schwer.

Dritter Schritt ist erledigt.

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