Nachdem ich mit Lucille gesprochen habe und sie mir meinen Vorschlag bejahte, sitze ich nun auf meinem Boden mit dem Telefon zwischen meiner Schulter und meinem Ohr, und bin dabei, meinen kleinen weißen Koffer mit einigen Klamotten zu füllen. Heute ist Samstag und in einigen Minuten geht unser kleiner Ausflug auch schon los.
Ich hatte das vollkommene Glück, dass Lucille sich fit genug zum Arbeiten fühlt und mir somit meine Schichten vom Samstag bis Montag abnimmt. So ganz sind ihre Mandeln nicht abgeschwollen, jedoch hindert sie das nicht mehr am Arbeiten.
Einige Schuldgefühle habe ich, da sie nun vier Tage mit Jessica verbringen muss. Aldwyn ist keine große Aufmunterung, denn es knirscht vielleicht zwischen Ihnen, jedoch nicht liebevoll. Ich hoffe, das legt sich auch wieder."Schläft ihr bei uns?" fragt Ana, meine große Schwester von der anderen Leitung.
Ich erzählte ihr von unserem kleinen Trip und da sie und ihr Verlobter ebenfalls in der Nähe wohnen, werden wir auch ihr einen Besuch abstatten. Unser Freundeskreis ist nicht ziemlich groß. Eigentlich besteht der ganz enge Freundeskreis bloß aus drei Personen. Wenn man Hope und mich einschließt, sind es fünf Personen. Eigentlich gehörte Adam immer mit dazu, jedoch kann ich jetzt leider nicht von ihm erwarten mitzukommen.
"Ich schätze, die heutige Nacht könnten wir bei euch verbringen." antworte ich und falte meinen beigen Strickpulli zusammen. Den Pulli, welchen ich noch vor einigen Wochen trug, als Adam mich mit dem Adventskalender überraschte und es der Tag war, an welchem er sich das erste Mal an eine kleine Sache aus seinem alten Leben erinnerte.
Der Gedanke an den Kalender lässt mich schmunzelnd zu diesem blicken, welcher schon auf meiner Kommode steht. Vergessen hatte ich ihn natürlich nicht. Wie ein kleines Kind, freute ich mich jeden Tag des Dezembers, auf den Morgen, um das bevorstehende Türchen mit Adam zu öffnen und die kleinen Köstlichkeiten mit ihm zu vernaschen.
"Also gut. Ich will dich nicht weiter aufhalten. Wir sehen uns heute Abend sowieso."
Wir verabschieden uns und ich wähle die Nummer von Hope. Das nervige Tuten zieht sich in die Länge, als sie auch endlich abnimmt.
"Hallihallo." mampft sie in ihr Mikro.
Ich verdrehe meine Augen. Ich mag es nicht, mit Menschen zu reden, wenn sie dabei kauen. Deshalb versuche ich mich so kurz wie möglich zu fassen.
"Mein Koffer ist gepackt."
"Was schon?" sie schluckt und redet nun mit leerem Mund weiter. "Ich esse gerade."
"Toll, dann beeil dich. Ich warte in 15 Minuten draußen vor deiner Wohnung auf dich." entgegne ich und puste mir die Strähne, welche sich aus meinem Zopf gelöst hat, aus meiner Sicht.
"Aber das-" setzt sie an, wird jedoch von mir unterbrochen.
"Gut, 20 Minuten, dann bist du aber fertig. Bye bye."
Ich lege auf und lasse mich auf mein Bett plumpsen. Ich bin so müde. Die letzten Tage waren so anstrengend. Ich freute mich nicht auf die Arbeit, aber ich freute mich darauf, dieses Haus endlich zu verlassen. Dieses Haus ist wie ein großes Album voller Erinnerungen an Adam. Nicht nur die Räume und Möbel erinnern mich an ihn, nein selbst der kleine Löffel zum Joghurt essen, lässt mich ihn sehen.
Ich muss hier raus. Nicht nur aus dem Haus, sondern aus dieser Stadt. Für einen Moment aus diesem ganzen Schlamassel.
Deshalb stehe ich auf und setze mich auf mein Koffer, um ihn ein für eine mal zu schließen. Ich versuche den Reißverschluss zuzuziehen, jedoch gelingt es mir nicht.
Na toll, das auch noch.
Zunächst probiere ich es mit Feingefühl, da Gewalt bekanntlich keine Lösung ist, doch auch nach dem dritten Anlauf ergattere ich kein Erfolg.
Als meine Nerven Blank liegen, ziehe ich einmal mit voller Kraft an diesem blöden Teil und siehe da, es funktioniert.
Gewalt ist wohl doch ein Weg.
Ich schließe meinen Koffer nun endgültig und ziehe ihn hinter mir mit zur Tür. Im Türrahmen bleibe ich nochmals stehen und sehe durch das Zimmer. Es ist mir so fremd geworden, dabei habe ich nur die Decke neu gestrichen. Doch eigentlich, liegt das nicht an der Decke, aber an das möchte ich jetzt nicht denken. In den nächsten Tagen, werde ich nicht meine ganze Energie in Adam stecken. Ich brauche Auszeit.
Etwas motivierter, laufe ich die Treppen runter und ziehe mir meinen Mantel über, schlüpfe in meine Stiefel und binde mir noch meinen Schal um. Draußen setze ich meine Füße vorsichtig einem nach dem anderen auf die Stufen, bevor ich auch schon mein Auto öffne und meinen Koffer, in den Kofferraum befördere.
"Wo geht es denn hin." eine alte Stimme dringt durch die Eiseskälte leise zu mir hindurch und lässt mich kurz erschrocken zusammenfahren. Ich drehe mich um und sehe Linden auf der anderen Straßenseite den Schnee aus der Ausfahrt schippen.
Lächelnd schließe ich mein Kofferraum und überquere die Straße, bevor Linden mich auch schon in eine Umarmung drückt.
"Ich besuche mal wieder meine Freunde und Familie." beantworte ich ihr die Frage.
Ein kleines Lächeln schleicht sich auf ihr von Falten besetztes Gesicht. "Das ist aber schön." erwidert sie und lehnt sich an die Stange der Schaufel ab. Ihre Atmung geht etwas schwerer, was an der Überanstrengung liegen könnte.
"Ach Linden, ich sagte Ihnen doch, dass sie mich rufen sollen, wenn sie ihre Einfahrt frei haben wollen." ich lege ihr eine Hand auf die Schulter, doch sie seufzt bloß und legt ihre ebenfalls auf meine Hand.
"Ich wollte bloß etwas frische Luft schnappen." entgegnet sie jedoch und tätschelt mir die Hand. "Außerdem warte ich doch auf Maik." ergänzt sie, als hätte ich es wissen müssen. Als sie seinen Namen erwähnt, überdeckt ein süßes kleines Schmunzeln ihre dünnen Lippen, welches sich nun auch auf mich überträgt.
"Und da kommt er auch schon." sie lässt meine Hand los und greift mit beiden Händen zur Schaufel, um diese an der Hauswand anzustellen.
"Ich mach das schon." stoppe ich sie und erledige ihr Vorhaben, während sie darauf wartet, dass Maik endlich aus dem Auto steigt. Ein kleiner Kuss landet auf ihrer Backe, als er auch schon zu mir blickt und auf mich zu läuft.
"Avelin, kleines." er nimmt sich meine Hand in beide Hände und drückt diese kurz. "Du bist ja ganz kalt, warum steht ihr denn noch hier draußen? Lasst uns drinnen einen Tee trinken." schlägt er vor und setzt den ersten Schritt Richtung Haustür.
"Nein, nein. Ich muss dann auch wieder los." verneine ich sein Angebot und lächle ihn entschuldigend an.
Ich winke Ihnen nochmals zu, bevor ich mich auf den Weg zu meinem Auto mache.
Vorsichtig rolle ich aus meiner Ausfahrt, während ich mein Handy und WhatsApp öffne.
"Bin auf dem Weg." spreche ich und schicke die Audio an Hope.
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Erinnere dich
RomanceAdams Griff um meine Taille verstärkte sich. Ich hob vorsichtig den Kopf und vertiefte meinen Blick mit seinem. Mein Herz machte einen Sprung, als diese Intensität mich durchdrang und mir allen Glauben schenkte. Den Glauben, dass er mich immer noch...