Kapitel 8 || Wonderland

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"Ich hasse Strip Clubs."
Mein angewidertes Gesicht war der perfekte Kontrast zu Deans erfreutem.
Sam, Dean und ich standen direkt vor dem Eingang. Das Licht des Neonschilds fühlte sich toxisch in der dunklen Nacht auf meiner Netzhaut an. Ich blinzelte ein paar mal und sah dann den Türsteher an. Ein gut gebauter, dunkelhäutiger Mann mit einem Gesichtausdruck so kalt wie die Antarktis.
Sam und Dean gingen problemlos durch die Tür, mich hielt der Türsteher jedoch auf.
"Kein Durchgang für Frauen." meinte er grimmig.
Äh..was?!
Die beiden Brüder blieben in der Tür stehen und drehten sich zu mir um.
Dean nahm einen Atemzug, um dem Mann antzuworten, ich kam ihm jedoch zuvor.
"Entschuldigung aber ich soll hier heute für ein krankes Mädchen einspringen. Würden Sie mich freundlicherweise durchlassen?"
Es war nicht die beste Idee, jedoch musste ich improvisieren. Mein Gehirn schlug Alarm, als ich mir der Bedeutung meiner Worte bewusst wurde.
Der Mann nahm die Hand runter und sprach in sein Walky Talky.
"Es wird dich gleich jemand abholen und zum richtigen Eingang für die...Tänzerinnen führen."
Ich sah die beiden Winchesters hilfesuchend an, die zuckten jedoch nur hilflos die Achseln. Sam formte ein "bis gleich" mit seinen Lippen und die Tür fiel hinter ihnen zu.

Fuck

Das könnte lustig werden.

Ich fühlte mich sichtlich unwohl in dem engen und sehr knappen Stripperkleid. Wenn man dies überhaupt noch Kleid nennen konnte; allein der Brustbereich und der untere Intimbereich wurden von braunen Falschlederfetzen bedeckt. Meine Netzstrumpfhose hatte ein paar Löcher, die mit Sicherheit absichtlich hineingeschnitten wurden.
"Willst du ein anderes Outfit?" fragte mich eine große, schlanke Frau, deren schwarze Locken ihr bis zur Taille gingen. Auf der rechten Seite über ihren rot geschminkten Lippen befand sich ein Muttermal, das definitiv nicht echt war.
"Nein, alles okay." ich lächelte sie gekünzelt an und hoffte auf keine weiteren Fragen.
Sie schnürte sich ihre knielangen schwarzen Stilettostiefel.
"Du bist neu, oder?"

Verdammt

Ich nickte widerwillig. Die Frau kaute auf einem Kaugummi herum, während sie mich genau beäugte. Dann setzte sie sich auf die Metallbank, die inmitten der Umkleidekabine stand und klopfte ein paar mal auf die freie rechte Seite neben ihr. Zögernd setzte ich mich neben die dunkelhaarige Frau.
"Sie mich an." befahl sie und ich gehorchte.
"Wie heißt du?"
Sie strich mir ein paar mal nachdenklich durch die Haare.
"Evanna." antwortete ich und sah ihr in die bernsteinfarbenen Augen.
Sie lächelte schief und ließ ihre Arme sinken.
"Heute Abend bist du nichtmehr Evanna. Du heißt für heute...Angel."
Ich hob eine Braue. Angel? Meinte sie das ernst?
Unbehaglich zupfte ich an meiner Netzstrumpfhose herum, was dazu führte, dass ich ein Loch vergrößerte.
"...genauso wie ich für heute Anastasia bin. Und nun suchen wir dir ein anderes Outfit heraus, braun ist überhaupt nicht deine Farbe, Schätzchen."

Ich trat mit Anastasia aus der Umkleidekabine in die dunklen Räumlichkeiten des Clubs. An den Wänden waren nebeneinander runde Tische mit Stangen in der Mitte aufgestellt, um die herum Ledersessel gestellt wurden. An einer dunklen Wand befand sich eine Bar, deren Theke gerade von einem Mann geputzt wurde. Ein DJ kontrollierte die Electro Musik, die aus den Lautsprechern neben seinem Mischpult kam. Grüne und blaue Lichter flackerten abwechselnd als Strahl und dann wieder als Punkte. An manchen Tischen saßen Männer und bewarfen an den Stangen tanzende Frauen mit Dollarscheinen.
Anastasia nickte mir kurz zu, wünschte mir viel Spaß und nahm direkt den ersten Mann ins Visier. Nun war ich auf mich allein gestellt. Ich war eigentlich eine sehr unabhängige junge Frau, jedoch sank mein Selbstbewusstsein. Ich suchte nach Sam und Dean, kam dabei an ein paar starrenden wiederwertigen Männern vorbei.
Als ich die beiden Brüder bei auf einer violetten Ledercouch sitzen sah, viel mir ein Stein vom Herzen. Sam saß neben Dean und schlürfte einen Cocktail. Dean hatte seine Hand auf den Oberschenkel einer braunhaarigen Frau, die auf dem Tisch mit dem Rücken zu mir saß, gelegt und redete lächelnd mit ihr. Man konnte seine Begierde förmlich greifen.
Dann erblickte mich Sam. Er verschluckte sich fast an seinem Cocktail und musste mehrmals blinzeln. Dann stieß er Dean gegen den Arm. Dieser motzte ihn verständnislos an, bevor er in die Richtung sah, in die Sam mit seinem Kinn zeigte.
Deans Gesichtsausdruck änderte sich von einer Sekunde auf die andere komplett. Er starrte mich einfach nur an und ich hätte schwören können, dass ihm gleich die Kinnlade runterfallen würde. Doch nichts regte sich. Ich kam langsam näher und merkte, dass seine Augen strahlten. Die geweiteten Pupillen musterten mich von oben bis unten. Anastasia hatte mich in ein weißes Dessou gezwängt, mir die blonden Haare etwas gelockt und mir eine weiße Netzstrumpfhose ohne absichtlich reingemachte Löcher geliehen. Dazu trug ich weiße High-Heels, die mich um fast 10 cm größer machten. Aber das Highlight waren die gefederten Engelsflügel, die von meinen Schultern abstanden. Anastasia hatte es mit meinem zweiten Namen ernster gemeint, als ich vorher geahnt hatte.
Die Brünette Frau drehte sich verwirrt um, als Dean seine Hand von ihrem Oberschenkel nahm und seine Augen immernoch wie gebannt an mir klebten.
Ihre Verwirrung verwandelte sich in Ärger, als sie mich erblickte.
"Und wer bist du?" fragte sie sarkastisch, verschränkte die Arme und stand vom Tisch auf.
"Ev-...Angel." sagte ich bestimmt und sah ihr dabei direkt in die blauen Augen. Sie blickte nocheinmal zu Dean, rollte mit den Augen und stolzierte davon, wobei sie mich 'ausversehen' an der Schulter anstieß.
Ich sah ihr nicht nach, sondern setzte mich leicht zögernd neben Dean.
Sam räusperte sich.
"Hast du schon irgendetwas herausfinden können?" fragte er sichtlich nervös.
Ich verschränkte die Arme und versuchte so, meinen tiefen Ausschnitt zu verbergen.
"Nein, leider nicht. Ihr?"
Sam schüttelte langsam den Kopf und nahm einen weiteren Schluck von seinen Cocktail.
"Angel also, hm?" neckte Dean grinsend. Ich konnte nicht anders, als sein Grinsen zu erwidern.
"Jetzt lenk nicht ab. Wir müssen diesen Hugo finden." konzentriert sah ich mich im vollen Gebäude um. Ich erinnerte mich an eine Beschreibung von Sydney. Hugo war ein gut gebauter, dunkelhaariger Mann, der eine Sondererlaubnis hatte, im Wonderland eine Zigarre zu rauchen. Das waren die einzigen Informationen, die ich über Hugo hatte doch es musste reichen. Ich durchsuchte jede Ecke des Clubs bis mir ein Rauchschwaden ins Auge fiel.
"Ich glaube, ich habe ihn."

November Rain//Dean WinchesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt