Kapitel 14 || Baby, it's cold outside

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"Und du sagst, es ist das Kleid? Das schwarze?" fragte Dean erneut. Wir saßen zu dritt in meiner Küche und wollten unser Vorgehen planen.
Ich nickte leicht.
"Die einzige Möglichkeit, Victor zu besänftigen ist, dass eine Blutsverwandte von Cathleen mit Victor tanzt. Danach können wir das Kleid verbrennen und es heißt auf Nimmerwiedersehen Geist."
Ich nahm einen Schluck warmen Kakao und sah aus dem Fenster. Es hatten sich Eiskristalle an meinem Küchenfenster von außen gebildet.
"Warum verbrennen wir es nicht einfach gleich?" Dean lehnte sich zurück.
"Weil es sein letzter Wunsch ist, Dean. Außerdem war er der Geliebte von Evannas Tante." Sam sah mich mitfühlend an. Ich erwiderte sein schwaches Lächeln.
Dean stöhnte genervt.
"Wir werden nicht ihr Leben riskieren um einem Geist den letzten Wunsch zu erfüllen."
Er stand aufgebracht auf und lehnte sich gegen die Wand.
Es war genug. Ich hasste es, wenn man über mich entschied, ohne meine Meinung anzuhören.
"Es reicht. Ich mache es." um meine Aussage zu unterstreichen, stand ich auf und sah beide Brüder ernst an.
"Und damit Schluss, okay?"
Ich stellte den Kakaobecher in die Spüle, warf einen Blick auf die Wanduhr über der Spülmaschine und wandte mich danach wieder an die beiden Brüder.
"Es ist spät und morgen werde ich mich konzentrieren müssen. Ihr könnt ja noch aufbleiben, aber ich gehe jetzt erstmal ins Bett. Nacht"
Sam wünschte mir ebenfalls eine gute Nacht, als ich an ihm vorbeiging und kurz darauf in meinem Zimmer verschwand. Nachdem ich mich umgezogen und geduscht hatte, putzte ich mir die Zähne. Ich spülte meinen Mund aus und sah mich im Spiegel an. Ich sah Angst in meinen eigenen Augen. Ein Gefühl, das ich immerwieder verdrängte, während ich meinen Job erledigte. Es kam jedoch immer und immer wieder zurück. Krampfhaft umfasste ich mit beiden Händen das Waschbecken. Ich konnte nicht anders, als zu schreien, alles loszulassen. Es tat gut, so gut wie sich die Tränen auf meinen Wangen anfühlten.
Da klopfe es plötzlich leise an meiner Badezimmertür. Ich drehte mich um und sah Dean, der im Türrahmen stand.
"Evanna...", mein Blick glitt wieder zum Spiegel. Das grün meiner Augen stach immer besonders heraus, nachdem ich geweint hatte.
"Es ist gefährlich..."
"...aber richtig." beendete ich seinen Satz.
Ich sah den Mann durch den Spiegel an.
"Wie lange kennen wir uns jetzt, Dean? Ein paar Monate? Zwei? Du müsstest eigentlich wissen, dass mir Gefahr nichts macht."
Ich lachte kurz auf, was jedoch dazu führte, dass ich im nachhinein wieder anfing zu weinen.
Dean kam einen Schritt auf mich zu, sah mir durch den Spiegel in die Augen.
"Du hast Angst." stellte er fest.
"Ja, verdammt. Ja, ich habe Angst. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht tun werde."
Ich ließ das Waschbecken los und drehte mich zu ihm um. Ich ging ihm gerademal bis kurz über die Schultern und musste deswegen aufsehen.
"Er ist an das Kleid gebunden...es reicht es einfach zu verbrennen."
Ich nickte, da ich die Sorge in seinen Augen sah.
"Wir sind hier für dich. Ich bin hier für dich." flüsterte er.
Es war mir längst bewusst gewesen, jedoch tat es gut, diesen Satz aus seinem Mund zu hören.
Ich schloss meine Augen und wollte Luft holen, um etwas zu sagen, kam jedoch nicht dazu, da Dean mir das Wort abschnitt.
"Wo ist das Kleid?" fragte er leise.
"Im Requisitenraum." antwortete ich.
Mein Blick lag auf seinen Lippen. Ich realisierte dies erst, als er wieder anfing zu reden.
"Und du kannst den Tanz sicher tanzen?"
Ich antwortete nicht.
Meine Augen irrten ziellos durch den Raum. Es fühlte sich falsch an, diese Verantwortung auf mich zu nehmen, doch ich wusste, es war das richtige.
Ich erschrak leicht, als Dean seine Hand an meine Wange legte, da ich so in Gedanken vertieft, aber auch ein wenig überrascht über diese Aktion war.
Ich sah zu ihm auf. Zwischen seinen Augen und Lippen hin und her sehend, lehnte ich mich gegen ihn. Ich wollte seine Lippen auf meinen spüren, wollte wissen, ob sie sich so weich anfühlten, wie sie aussahen, doch er sah zur Seite. Enttäuscht, verwirrt und hauchrot im Gesicht, trat ich einen Schritt zurück.
Ich hätte ihn eigentlich so eingeschätzt, dass er mit jeder Frau sofort schlafen würde. Natürlich war dies nicht meine Intention gewesen...ich wusste nicht, was mich dazu angetrieben hatte, aber ein One-Night war es sicherlich nicht.
"Tut mir leid." murmelte ich leise.
"Evanna ich-" bevor Dean seinen Satz beenden konnte, schnitt ich ihm das Wort ab.
"Egal. Vergiss es einfach, okay? Du solltest jetzt gehen. Ich bin müde. Gute Nacht, Dean."
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hob fordernd eine Braue. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verschwand Dean aus meinem Bad und meinem Zimmer in den dunklen Flur. Als er die Tür hinter sich zuknallte, atmete ich tief durch.
Ich schaltete das Licht aus, verließ das Bad und legte mich auf das weiche Doppelbett, das ich ganz für mich alleine hatte. Eigentlich war dies das Gästezimmer, jedoch hatte ich Sam und Dean meins gegeben, da dort die Heizung funktionierte, die vorgestern im Gädterzimmer kaputt gegangen war. Ich hatte eine Matratze auf den Boden gelegt, sodass beide Brüder in meinem Schlafzimmer Platz hatten. In dem Gästezimmer, das nun meines war, fühlte es sich an, wie in der Antarktis.
Zu blöd, dass das Sofa im Wohnzimmer nicht breit genug war, um darauf zu schlafen.
Ich hätte den Heizkörper reparieren lassen müssen, jedoch kam ich nie dazu.
Die große Wohnung, die nun mir gehörte, hatte meiner Mutter gehört, die das Geld in die Familie brachte. Die Platten ihres Vaters mussten sich wirklich gut verkauft haben.
Seufzend schaltete ich die Nachttischlampe aus und kuschelte mich in die Decke und die Kissen. Es war eine kalte Novembernacht und demnach frierte ich sehr. Zum Glück war mein Immunsystem stark genug, mithilfe von zwei Wärmflaschen, um die Nacht durchzuhalten.
Tyr hatte es sich auf dem flauschigen Teppich bequem gemacht, er schlief bereits.
Nach einer gefühlten Ewigkeit wurden meine Augen so schwer, dass ich sie nichtmehr offen halten konnte. Doch dies würde keine schöne Nacht werden.

Als Sam die Unruhe und gequälten Stöhner aus dem Nachbarzimmer hörte (die Wände waren sehr dünn), weckte er seinen Bruder auf. Dieser beschimpfte ihn kurz und drehte sich auf die andere. Seite, um weiterzuschlafen.
"Dean! Wach auf. Irgendwas ist mit Evanna."
Sam wäre selbst nachgucken gegangen, jedoch fühlte er sich unwohl dabei, bei einer jungen Frau, die er irgendwie kannte aber irgendwie auch nicht, nachts ins Zimmer reinzuschneien. Er wusste, Dean kannte sie besser als er.
Sam stand vom Bett auf und ging zur Matratze rüber, auf der sein Bruder schlief. Er schüttelte ihn kurz an seiner Schulter.
"Dean da stimmt was nicht bei Evanna." meinte er erneut.
Sams Bruder sah, plötzlich hellwach, zu ihm auf.
"Was? " fragte er.
Sam nickte zum Nachbarzimmer, aus dem immernoch dieselben gequälten Stöhner kamen wie zuvor.
Dean rieb sich kurz über die Augen, stand auf und verließ mit einem "Ich seh nach" das Zimmer.
Sam legte sich zurück ins Bett und schloss die Augen. Er wollte nurnoch schlafen.

Ohne zu Klopfen, betrat Dean das Zimmer und fand eine verschwitzte Evanna in ihrem Bett vor, die sich hin und her wälzte, ihr Blick gequält. Tyr wimmerte neben dem Bett, er hatte seine beiden Vorderpfoten auf die Matratze gelegt. Hilflos starrte der Rottweiler sein Frauchen an, und war überglücklich als er Dean, den er eigentlich kaum leiden mochte, im Türrahmen stehen sah.
Dieser verlor auch sein letztes bisschen Müdigkeit, schloss die Tür hinter sich und stellte sich neben das Doppelbett. Er verfluchte die Kälte. Evanna musste unheimlich frieren, da sie ihre Bettdecke vom Leib gerissen hatte und sie nun am Fuße des Bettes lag.
Er legte eine Hand an ihre Stirn und versuchte die junge Frau zu beruhigen.
"Shhhh, ganz ruhig."
Es funktionierte; sie lag wieder ruhiger im Bett, ihr Atem jedoch, ging immernoch schnell und gepresst. Dean nahm die Decke, legte sich neben Evanna und zog sie über ihren zierlichen Körper. Dabei entdeckte er Narben an Beinen, Bauch und Armen. Narben, die seinen ähnelten. Er strich über eine noch nicht ganz verheilte Schusswunde, was das Mädchen zusammenzucken ließ.
Langsam und sanft streichelte Dean ihre Wange und summte eine sanfte Melodie eines Liedes, dessen Name ihm nichtmehr einfiel.
Ihr Atem ging ruhiger und er hätte schwören können, dass sie im Schlaf lächelte.
Er entschied sich, die Nacht über bei ihr zu bleiben. Dean konnte sie in diesem Zustand einfach nicht alleine lassen.
Er deckte sich ebenfalls mit der Decke zu.
Tyr hatte neben ihnen wieder auf dem Teppich Platz genommen und beobachtete die beiden. Der Hund schniefte.
Draußen fing es an zu schneien und Eiskristalle bildeten sich an den Fenstern, doch die Kälte machte Dean nichts aus.

Irgendwann im Tiefschlaf legte er unbewusst einen Arm um sie und das Mädchen rückte näher an ihn heran. Sie lagen nun Arm in Arm, ohne dass sie davon bescheidwussten.

November Rain//Dean WinchesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt