Kap. 12: Admit it

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“Baby, you just have to admit they touched you.”
“I don’t have to do anything.”‘
“What, are you so afraid of admitting they were touching your dark, cold heart?”

 

Es war acht Uhr morgens. Genau genommen zehn vor acht. Viel zu früh, um an einem arbeitsfreien tag aufzustehen. Nun, wenn man ehrlich war, war es viel zu früh, um überhaupt jemals aufzustehen. Vor allem, wenn man nicht gleich nach dem aufstehen einen Kaffee zur Hand hat. Und wenn dieses Aufstehen bereits eine gute Stunde her ist und man in Wirklichkeit kurz davor war, von einer Meute junger Menschen belagert zu werden. Nun gut, Melissa würde kaum belagert  werden von den Kindern und Jugendlichen des Bietz, dessen war sie sich so ziemlich sicher. Okay, sie hoffte es. Aber der mangelnde Koffein in ihren adern machte sich bereits jetzt bemerkbar. Aber, wenn sie eine Szene schieben würde… Jason würde sie anfahren wie noch was. Und nachdem sie ihm gestern zum fertigmachen der Einladungen gezwungen hatte und danach einfach so verschwunden war, nun… wäre es vermutlich nicht das Praktischste, wenn sie jetzt eine Szene schieben würde, so wie eben Zuhause bei Kate und Chris. Aber es war auch einfach unverständlich für sie, wie man nicht gleich losging, um Kaffee zu kaufen, sobald dieser leer war. Das sie die anderen schonungslos aus dem Bett geschmissen hatte? Interessierte sie reichlich wenig. Immerhin waren sie schuld daran, dass sie heute auf ihr dringend benötigtes Suchtmittel verzichten musste. Ausgerechnet heute.
 Es hätte ja auch an den Tagen davor passieren können. Aber nein. Ausgerechnet an dem Tag, an dem sich Melissa das erste Mal seit langer Zeit nicht sonderlich sicher fühlte, musste der Kaffee leer sein. Da hätte ihr Kate noch so oft erzählen können, dass sie wegen der Schwangerschaft weniger Koffein zu sich nahm und es einfach für sie war, wenn sich erst gar keines hiervon in der Wohnung befand. Melissa wäre dennoch an die Decke gesprungen. Und war sie auch, nebenbei bemerkt.
Aber nicht nur ihre Unsicherheit schob sie an diesem Morgen, auf das mangelnde Koffein in ihrem Blut. Auch ihre Nervosität war ganz eindeutig eine Auswirkung hiervon. Es lag keines falls daran, dass sie in kurzer Zeit auf rund dreißig, fünfzig Kinder treffen würde. Sie kam mit großmäuligen Reportern und nervigen Kritikern zurecht, da würde sie es ja wohl mit dreißig Kindern aufnehmen können, die Jason vermutlich eh aus der Hand fraßen wie noch was. Und ja, hätte sie es sich weiter so eingeredet und dafür vielleicht auch noch eine halbe Stunde mehr Zeit gehabt, vielleicht wäre sie soweit gekommen, dass das nervige Zittern ihrer Hände aufhörte. Aber das hatte sie nicht und so stieg sie mehr als nur nervös aus dem wagen. Jason hatte gemeint, er würde drinnen auf sie warten. Er sah es also nicht ein, dass sie möglicherweise ein wenig Unterstützung  gebrauchen könnte, bevor sie in dieses… in dieses… in das Bietz gehen würde. Nein, Melissa glaubte nicht, dass Jason je auch nur auf die Idee gekommen war, dass sie in Wirklichkeit ziemliche Angst davor hatte, ihn am heutigen tag bei der Arbeit zu besuchen. Aber wie hätte er auch auf die Idee kommen können? Sie  war es doch gewesen, die ihm hoch und heilig versprochen hatte, dass sie das konnte. Ja, sie war schon immer gut darin gewesen, sich selbst anzulügen. Als sie dann aber am heutigen  morgen viel zu früh aufgewacht war und sich dann auch noch viel schneller als nötig fertig gemacht hatte, ja, da war es ihr klar geworden: Sie hatte ja so was von Schiss. Und dies hatte, wenn sie ehrlich war, nur einen, wirklich ausschlaggebenden Grund: Sie konnte nicht mit Kindern umgehen. Und mit Jugendlichen noch weniger. Aber das war ja kein Grund zum verzweifeln, nicht? Es war ja nicht so, als würde sie gleich von unzähligen dieser umgeben sein. Moment mal, würde sie ja doch. Vielleicht. Vielleicht, und dieses vielleicht war wirklich wahnsinnig klein, würde es doch ein klitzekleines, wirklich ein minimales Problem darstellen. Aber es würde so klein sein, dass es niemand bemerken würde, da war sich Melissa sicher. Sie hoffte  zumindest, dass sie sich sicher war. Aber ganz sicher war sie sich hierbei dann doch nicht.
Und überhaupt verwirrt sie das alles. Es verwirrte sie, vor diesem doch relativ großen, teilweise schon maroden und alten Gebäude zu stehen. Und es verwirrte sie noch mehr, dass sie  da gleich hinein gehen würde. Und warum? Genau, wie sie  darum gebeten hatte. Ihr beschissenes Ego hatte es ja einfach nicht zugelassen, einzusehen, dass Jason etwas konnte ihn dem sie… nun ja… nicht sonderlich gut war. Und das erklärte vermutlich auch, warum sie nun seit nunmehr fünf Minuten draußen in der Kälte stand, dass Gebäude skeptisch beäugte, hoffte, niemand würde sie bemerken und gedanklich das Zittern der Kälte zuschob.
Bei nahe schnaubte sie schon über sich selber. Darüber, wie sie sich eigentlich anstellte. Sie war doch kein Kind mehr. Sie würde da reingehen, und sich erstklassig anstellen, so wie immer. Und dann würde sie gehen und die Kinder werden sie lieben. Und Jason, ja, der würde beeindruckt sein von ihrem Talent, mit Kindern umzugehen. Nur doof, dass dieses Talent bisher z8iemlich tief in ihr vergraben zu sein schien…

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