Als Liam vor knapp einer Woche fragte, was ich zu meinem Geburtstag vorhatte, war ich mir tatsächlich selbst noch nicht sicher. Erst wollte ich zur Abwechslung mal gar nichts machen, dann aber entschied ich mich für eine Party. Bis heute hatte ich nicht viele Leute eingeladen, da ich beschloss in der WG zu feiern. Die üblichen Verdächtigen kamen natürlich. Liam, Zayn und sogar Niall waren eingeplant. Harry wohnte hier auch, der war also ebenfalls auf der Liste. Dann noch unsere zwei anderen Mitbewohner Kyle und Dan, dessen Freundinnen, ebenso wie Gigi und Taylor – auch wenn Letztere eher ungern gesehen ist... außer von Harry. Ich weiß immer noch nicht, was er an dieser Frau findet...
Die älteste meiner Schwestern Lottie würde morgen Nachmittag zusammen mit Harrys Schwester Gemma hier eintreffen und dann waren wir komplett. Für mehr Gäste hatte ich keine Nerven und das wir überhaupt so viele werden, wundert mich jedes Mal aufs Neue, da morgen nicht nur mein Geburtstag, sondern auch Heiligabend ist.
Während ich im Supermarkt, durch die Gänge lief und noch Getränke und Knabberzeug für die Party in den Einkaufswagen packte, hörte ich neben mir eine junge Frau telefonieren.
„Ja Mom... Nein, keine Sorge. Ich werde über die Feiertage schon nicht verhungern... Stell dir vor, ich kann kochen."
Ich schmunzelte, weil ich mich daran erinnern konnte, dass ich mit meiner Mutter ein ähnliches Gespräch führte, kurz bevor wir alle nach London zogen.
„Mom, ihr müsst die Reise nicht absagen, dass ist doch völliger Quatsch. Mom hat diesen Auftritt und muss das durchziehen, ich bestehe darauf..."
Sie hat also zwei Moms... Erinnert mich an...
Ich drehte mich zu der Frau und konnte sie nur von der Seite sehen. Langes weiß-graues Haar, verdeckte ihr Gesicht, aber da war etwas in ihrer Stimme, dass mich an meine beste Freundin erinnerte.
„Ja Mom... Ich liebe euch auch. Meldet euch, wenn ihr angekommen seid. Ja... Tschüß..."
Die junge Frau atmete tief durch, ließ ihr Handy dann in ihre Jackentasche fallen und drehte sich in meine Richtung. Mir blieb das Herz stehen und als sie mich ansah, ließ sie den vollgepackten Korb fallen und ihr schossen Tränen in die Augen.
„Lou..."
„Katy..."
Katy stürmte auf mich zu und fiel mir um den Hals. Sofort legte ich meine Arme um sie und drückte sie an mich. Ich konnte es gar nicht fassen. Ich hielt Katy im Arm. Die Katy, die vor mehreren Jahren einen totalen Zusammenbruch erlitten hat. Die Katy, die mit ihren Eltern einfach verschwand. Die Katy.... Meine beste Freundin.
„Katy... Du..."
„Es tut mir leid, Lou. Ich wollte mich immer bei dir entschuldigen, aber ich hatte Angst. Ich wusste nicht, wie ich das alles erklären sollte und hatte nicht den Mut bei euch anzurufen..."
Sie weinte. Sie sollte nicht weinen.
„Komm... Lass uns woanders hingehen."
Sie nickte, wir verließen den Supermarkt ohne unsere Besorgungen und liefen ins nächste Cafe'. Dort bestellten wir uns Kakao, setzten uns an einen Tisch und redeten. Wir saßen den ganzen restlichen Tag dort und redeten über die vergangenen drei Jahre. Ich erzählte ihr von den Tagen nach ihrem Verschwinden, von unserem gemeinsamen Entschluss nach London zu gehen, ich erzählte ihr, was wir studierten und wie wir lebten. Außerdem erfuhr ich, dass sie ebenfalls nach London ging um zu studieren, jedoch einen tollen Job bekam und deswegen lieber arbeitete. Zusätzlich engagierte sie sich für Vergewaltigungsopfer und besuchte drei Mal die Woche ein Therapiezentrum, um Zeit mit Kindern und Jugendlichen zu verbringen, denen das Selbe wie ihr passiert ist.
Als ich ihr erzählte, dass Harry mittlerweile mit Taylor zusammen war, blickte sie kurz traurig auf ihre Hände, sah mich dann aber wieder an und lächelte.
„Das ist schon okay. Ich kann nicht erwarten, dass er nach meinem plötzlichen Verschwinden einfach so lange Single bleibt und auf mich wartet... Er wusste ja nicht, dass ich auch hier in London bin und niemand konnte ahnen, dass wir uns je wiedersehen... Es ist schon in Ordnung, dass er jetzt eine neue Freundin hat. Das Leben geht weiter..."
„Hast du denn einen Freund?"
„Nein... Es gibt da Jemanden, mit dem ich öfter essen gehe. Sein Name ist Sam und wir verstehen uns sehr gut. Er ist ebenfalls Fotograf und wir lernten uns im Park kennen... Aber mehr als hin und wieder zusammen essen gehen, ist noch nicht passiert und das wird es auch nicht... Ich..."
„Du liebst Harry immer noch."
Es war keine Frage, es war eine Feststellung.
Wieder blickte sie traurig drein, dann nickte sie.
„Natürlich tue ich das. Wie könnte ich nicht?"
Sie lächelte und ich tat es ihr gleich.
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Lost on you ✔️
FanfictionSchlimme Dinge passieren und man kann überhaupt nichts dagegen machen... Aber sie verändern nicht nur dich, sondern auch die, die dich lieben...