Die Sache mit dem Vertrauen

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Thranduil
Die Tage vergingen und mein Zustand besserte sich kein bisschen, eher verschlechterte er sich und es schien so, als würde ich bald wieder in den tiefen Abgrund der Verzweiflung abrutschen, wie zu Beginn meiner Blindheit. Hinzu kam noch, dass Celleth mich fast jeden Tag besuchte, und mir versuchte, einzureden, dass ich zu schwach sei, ein Königreich zu regieren. Aber in diesem Punkt blieb ich standhaft. Ich wusste, dass er vorhatte, den Thron des Düsterwaldes an sich zu reißen, aber das konnte ich einfach nicht zulassen. Egal, wie schlecht es mir ging, das Wohl des Volkes war mir ebenfalls wichtig. Heute war meine Verzweiflung aber besonders schlimm, denn Celleth hatte mir zum einen seine Pläne für die Zukunft halbwegs offenbart, welche meine Vermutung bestätigten, und zum anderen verriet er mir, wie er es überhaupt so weit geschafft hatte: Begonnen hatte alles, mit dem simplen Plan, ein wenig Chaos zu stiften, in den einer seiner Handlanger, in diesem Fall Alanel, Feuer im Stall legen sollte. Als er dann erfuhr, dass ich nach dem Brand durch einen Unfall erblindet und Legolas aufgebrochen war, um die legendäre Feuerrose zu suchen, änderte er seine Pläne. Er beauftragte einige seiner Spione in meinen Hallen, herauszufinden, wie es um mich stand und ob ich etwas über Legolas' Aufenthaltsort wüsste. Während dieser ganzen Aktion, die bis zu seiner Ankunft angedauert hatte, waren Tavor und das Elbenpaar von seinen Männern getötet worden, da sie diese bei Besprechungen gelauscht hatten. Das schlimmste aber war, dass Feren sich dabei als Verbündeter von Celleth herausstellte, der sowohl an Tavors Tod beteiligt gewesen war, sowie es Celleth auch ermöglicht hatte, die Hallen ungesehen zu betreten. Als ich Feren zur Rede stellte, floh dieser in den Wald. Tauriel folgte ihm allerdings, obwohl ich versuchte, sie daran zu hindern. Wenn mein engster Vertrauter, mein Seelenbruder, mich verraten hatte, konnte ich eigentlich niemandem mehr vertrauen.

Feren (eine kurze, "blutige" Szene folgt)
Ich rannte und rannte immer tiefer in den Wald, einfach nur weg vom Palast, Celleth und Thranduil. Ich hätte wissen müssen, dass Celleth mich verraten würde, aber die Hoffnung, meine Schwester, ihren Mann und ihre gemeinsame Tochter dadurch aus der Gefangenschaft befreien zu können, war einfach zu groß gewesen. Vor mir sah ich eine Lichtung. Als ich diese betrat blieb ich stehen, denn in der Mitte der kleinen Lichtung lag etwas, mit einer schwarzen Decke vor neugierigen Blicken geschützt. Langsam ging ich darauf zu. Ein Windstoß fegte über die Lichtung und schlug die Decke zurück, sodass ich sehen konnte, was darunter lag. Ein verzweifelter, schockierter Schrei entwich meiner Kehle. Unter der schwarzen Decke lag meine Schwester zusammen mit ihrem Mann und ihrer gemeinsamen Tochter. Alle drei rührten sich nicht, ihre Augen waren kalt und leblos. Meine Schwester und ihre Tochter schienen mich abzustarren, während der Mann meiner Schwester in den Himmel starrte. Blut klebte an der Kleidung der drei Elben, sowie in ihren Haaren und Gesichtern. Ich begann, zitternd einen Schritt hinter den anderen zu setzen, bis ich mich schließlich umdrehte und wieder rannte. Schließlich erreichte ich einen Wasserfall, der an einer Felswand der Berge des Düsterwaldes in einen See stürzte. Ich entdeckte den Eingang zu einer Höhle hinter dem Wasserfall und beschloss, mich dort vorerst zu verstecken, denn sicher würde Thranduil nach mir suchen lassen. Geschickt sprang ich über die Felsen bis zum Höhleneingang. In der Höhle war es relativ dunkel, da das Einzige Licht durch den Wasserfall hindurch schien. Ich setzte mich auf den kalten Höhlenboden. Langsam kamen alle Geschehnisse und Emotionen der letzten paar Stunden wieder hoch und ehe ich mich versah, kauerte ich bitterlich weinend in der dämmrigen Höhle auf dem kalten Steinboden.
Einige Stunden später waren meine Tränen versiegt, doch meine Verzweiflung und Schuldgefühle noch lange nicht. Plötzlich hörte ich, wie jemand oder etwas leise die Höhle betrat und sah ruckartig und auch ein wenig erschrocken auf. ,,Endlich finde ich dich", sagte Tauriel, die soeben die Höhle betreten hatte. ,,Du solltest nicht hier sein, Tauriel", entgegnete ich, ,,Nicht bei mir." ,,Und dennoch bin ich hier", sagte Tauriel, ,,Ich bin hier, weil ich wissen will, warum du den König verraten hast." ,,Das ist doch jetzt auch egal", wehrte ich ab. ,,Ich möchte es wissen, Feren", bat Tauriel, ,,Bitte, mir kannst du doch vertrauen." ,,Aber du solltest mir nicht mehr vertrauen", entgegnete ich, sprang auf, als sie mich berühren wollte und wich zurück, bis ich mit dem Rücken an die Wand der Höhle stieß, ,,Siehst du es denn nicht? Siehst du nicht die Realität? Ich bin ein Verräter, ich habe Celleth über Jahre hinweg Informationen gegeben, ich habe Alanel nicht aufgehalten, als er Tavor tötete, ich habe Celleth unbemerkt Zugang zu den Hallen beschafft und damit Thranduils Untergang besiegelt. Kannst du so jemandem wirklich noch vertrauen?" ,,Ja, weil ich nicht glaube, dass du es aus eigenem Willen getan hast", antwortete Tauriel, ,,Was hat er dir angetan, damit du für ihn arbeitest? Was war der Preis?" Ich zögerte, aber letztendlich war es doch eigentlich egal, ob ich schwieg oder sprach. "Er hat meine Schwester und ihre Familie entführt", erzählte ich schließlich knapp, ,,Sie waren das Druckmittel. Ich sollte mich in seine Dienste stellen und dafür würde er sie nach getaner Arbeit befreien. Doch jetzt sind die tot. Er hat mich nur benutzt..." Wieder traten mir Tränen in die Augen und ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe, sie zurück zu halten. Schluchzend glitt ich an der Felswand hinunter. Kurz darauf spürte ich zwei Hände an meinen Schultern und sah auf, direkt in Tauriels Gesicht. ,,Das tut mir unglaublich leid", sagte sie leise. Ich sah sie einen Moment lang an. "Tauriel", hauchte ich, legte eine Hand an ihren Nacken, drückte sie zu mir und küsste sie. Als wir uns wieder voneinander lösten, sah sie mich perplex an. ,,Ich musste das tun", flüsterte ich, ,,Nur ein einziges Mal." ,,Ich will nicht, dass es nur bei einem Mal bleibt", flüsterte Tauriel zurück. Jetzt sah ich sie perplex an. ,,Aber...was ist mit...mit Legolas?", fragte ich. ,,Legolas? Zwischen uns ist nichts, es ist nur eine sehr lange und tiefe Freundschaft und...naja er ist mein Bruder. Mein Halbbruder um genau zu sein", erklärte Tauriel. ,,Was soll das heißen, er ist dein Halbbruder?", fragte ich verwirrt. ,,Das war es, was Thranduil mir am Abend des Festes in seinen Gemächern erzählt hat", sagte Tauriel, ,,Er kannte meine Mutter. Sie waren gut befreundet. Mit der Zeit entwickelte sich etwas zwischen ihnen, allerdings nichts emotionales, zumindest von Thranduil aus, sondern etwas...nunja körperliches, falls du weißt was ich meine. Bis meine Mutter überraschend und ungeplant von ihm schwanger wurde. Mit mir." ,,Verrückt...", murmelte ich nur, worauf sie nickte. ,,Ich liebe Legolas und auch Thranduil, weil sie meine Familie sind", sagte Tauriel, ,,Aber dich liebe ich auch und zwar für immer." ,,Ich liebe dich über alles", sagte ich nur und unsere Lippen verschmolzen wie von selbst in einem langen, intensiven Kuss. Es fühlte sich so unbeschreiblich gut an und ich wollte nie mehr ohne sie sein. Am liebsten hätte ich in diesem Moment die Zeit angehalten, sodass dieser Kuss niemals enden würde. Und für diese Nacht wurde mir dieser Wunsch gewährt. Es war wie unsere eigene, kleine Ewigkeit in dieser Nacht, in der wir gar nicht genug voneinander bekommen konnten.

Struck by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 2⚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt