Kapitel 4

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Niall:
Mein Traum war es immer ein echter Rockstar zu sein. Singend auf der Bühne zu stehen, von den Frauen angehimmelt, von den Männern beneidet. Viel Kohle und ein fettes Haus auf den Malediven. Diesen Traum habe ich immer verfolgt. Erst war es unsere kleine Band, später kamen wir zu einem Label, wobei wir uns nach einem Jahr Profi-Musik schon wieder getrennt haben. Für meine Solokarriere war das der Startschuss. Für mein normales Leben mit Privatsphäre war es eher die Hinrichtung. Meine erste Single startete durch, die folgenden wurden Mega Hits. Was erst die Erfüllung meines Traumes war, wurde zur reinen Profit Maschine. So kommt es jetzt auch dazu, dass ich hier stehe.

In einem Meet and Greet Raum, bis zum Anschlag voll mit kreischenden Fans, keine auch nur alt genug um in einem Pub ein Bier zu bekommen. Alle haben Sie knappe 500 Euro ausgegeben, damit sie mich kurz umarmen und ein Foto machen können und schließlich auch noch ein Autogramm bekommen. Es wäre cooler, wenn nicht derart viele MAG-Karten verkauft werden würden, denn so könnte ich wirklich mit ihnen reden. Das wäre nicht so eine Abzocke. Aber würde das nicht soviel Geld einbringen. Und wenn ich eines gelernt habe, seitdem ich Berühmtheit erlangt habe, im Showbusiness gibt es nichts, was mehr zählt als Geld. Durch den Vertrag den wir Musiker bei Labels abschließen, machen wir uns selbst zur Melk-Kuh.

Niall, bald ist der shit vorbei. Heute letztes Konzert und dann hast du mehr als genug Zeit zu überlegen wie es weiter geht.

Durch den Gedanken brachte ich es zustande mal aufzusehen. Bis jetzt hatte ich einfach nur funktioniert. Ein Lächeln aufgesetzt, jedes Mädchen umarmt, in die Kamera gesehen. Nicht gerade die feine englische Art. Ich hab einfach den braven kleinen Rock-Star gespielt. Was für eine Ironie. In allen Zeitungen werde ich als Bad-Boy der Musikindustrie abgebildet, doch in Wahrheit mache ich einfach das was von mit verlangt wird.

Ich muss zugeben, dass ich ein wenig verwirrt war, als ich den Blick hob. Denn vor mir stand nicht eine weitere Halbstarke, sondern eine Frau. Eine erwachsene Frau. Eine zugegebenermaßen atemberaubende Frau.

So anders als alle anderen weiblichen Wesen die ich heute gesehen habe. Verdammt nochmal, als alle weiblichen Wesen die ich die letzten Jahre gesehen habe. Sie war nicht rausgeputzt als würde sie heute den Präsidenten der Vereinigten Staaten kennenlernen. Normale Alltagskleidung, kein Glitzer auf den Augen oder roter Lippenstift. Einfach ein ganz normaler Mensch. Eigentlich traurig dass ich so jemanden schon so lange nicht mehr gesehen hatte.

Jemanden der Down-to-Earth ist.

Down kam auf mich zu und ergriff meine Hand. Die ihrige waren gleichzeitig angenehm und schwielig. Offensichtlich war sie keine Telefontussi, sondern eine Frau die mit ihren Händen arbeitete. Doch das herausstechendste an ihr, war ihre Begrüßung:" Hallo, ich bin Quinn. Wer bist du?" Ich war so verzaubert von ihrer Glockenstimme, die sogar nicht zu ihren sonst sehr legeren Auftreten passte, dass ich fast nicht bemerkte, dass sie mich gerade nach meinem Namen gefragt hat.

Da entkam mir glatt ein Lachen. Nicht eines derer, die ich sonst raus lies. Dieses Lachen hatte nichts mit dem höflichen Lachen bei Talkshows zutun, die ich bei schlechten Witzen zu meiner Person brachte. Dieses Lachen hatte auch nichts mit jenen zutun, die man lachten wenn man sich Katzenvideos anschaut. Nein dieses Lachen war eines derer, wenn man gerade wirklich kalt erwischt wurde. So ungläubig und belustigt. Schallendes Lachen. Vermutlich wirkte ich gerade als hätte ich vorher einen Joint geraucht. Aber das war mir egal. Dieses Mädchen brachte mich mit einem Satz so zu lachen, wie selten zuvor.

Ein Mädchen fragte mich bei einem meiner Konzerte, während eines MAG, für das sie 500 Euro gezahlt hatte, nach meinem Namen. Wow. Es war einfach nur surreal.

Die Wörter kamen mir nur so aus dem Mund:"Das ich das nochmal höre. Wow, Quinn du hast echt den Hund abgeschossen. Ich bin ein schwer beeindruckter Niall Stinson. Womit kann ich dir eine Freude machen?" Ohne zu zögern hielt sie mir ein Shirt hin und aus ihren süßen Mund kamen leise Worte:" Ein Autogramm auf dieses Shirt bitte. Für Jamie." Jamie vermutlich ihre kleine Schwester, dachte ich und fragte auch danach. Doch sie antwortete:" Lange Geschichte."

Soll ich, oder soll ich nicht? Würde sie ja sagen? All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich sie musterte.

Schließlich rang ich mich durch, trotz dem Risiko das sie mich abweisen könnte,  Quinn zu sagen:" Ich würde mich freuen wenn du die Show im Back-Stage Bereich ansiehst, damit du mir die Geschichte dann erzählen kannst." Doch meine Angst war unberechtigt, denn sie sah mich strahlend an und ihre warme Hand drückte die meine, womit sie die Gänsehaut die über meine Arme lief auslöste.

Quinn wurde von meinem Bodyguard in den Back-Stage Bereich gebracht, und man liebsten wäre ich sofort zu ihr gegangen um die frische Brise in meinem Leben sie gerade gebracht hatte, voll auszukosten, doch ich hatte meine Pflichten.

Also machte ich brav Fotos mit meinen Fans und unterschrieb auf den verschiedensten Unterlagen. Shirts, Handys, Hosen, ein Mädchen das aussah als wäre sie maximal 16 Jahre alt, wollte, dass ich ihr auf die Brüste unterschreibe und ein Foto davon haben. Wiederwillig spielte ich mit, und dachte mir dabei: Bald ist es vorbei.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wahrheit vielleicht eher eine halbe Stunde war, ging der letzte Fan glücklich und zufrieden aus dem MAG Raum. Sofort machte ich mich auf den Weg zu Quinn. Unterwegs hielt ich nur kurz beim Kühlschrank an, um zwei Flaschen Wasser zu holen. Hinter der Bühne angekommen, sah ich Down auf einer der Couches sitzen.

Die beinahe schwarzen Augen ruhten auf mir, sie musterte mich während ich auf sie zukam. Schließlich setze ich mich zu Down und es passierte etwas komisches. Mein Selbstbewusstsein war wie weggeblasen. Normalerweise konnte ich mich, wenn ich jemanden kennenlernte hinter meiner "ich-bin-ein-Star" Masche verstecken, doch etwas in ihren Augen sagte mir, dass sie in mir keinen Star sieht. Zur Hölle, sie wusste bis vor einer Stunde nichtmal meinen Namen.

Frag sie doch einfach warum sie hier ist, du Dummkopf.

"Also Quinn, erzähl doch mal, warum bist du hier, wenn du mich nicht kennst." Fuck, meine Stimme hört sich viel zu zögerlich an. Ihre hingegen war die eines Engels der zu viel rauchte,melodisch und doch rau: "Die Tochter meines Chefs hat sich die Karte gekauft, doch sie hat sich den Fuß gebrochen, weshalb ich die große Ehre hatte hier herzukommen und eine Stunde zwischen kreischenden Fangirls schlange zu stehen." Wieder entkam mir ein lachen. Nur die wenigsten die hier waren störten sich an den Fans. Aber sie ist anders.

"Du hörst dich echt begeistert an hierzu sein." sagte ich ihr schließlich, als ich mein Lachen unter Kontrolle gebracht hatte.

Schrei des Wolfes - Spiel gegen die ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt