Teil 6

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Die restlichen Stunden vergingen zum Glück recht schnell. Wir hatten Musik und durften mit Kopfhörern Musik hören, da unser richtiger Lehrer in einer anderen Klasse einspringen musste und wir uns frei beschäftigten durften. Nach dem Schlussklingen packte ich meine Sachen ein und warf mir schnell meine Tasche auf den Rücken. Draußen angekommen schaute ich mich um, ich musste mit dem Bus nach Hause kommen, weil alle arbeiten waren und ich mich selbst noch nicht gut genug auskannte, um alleine zu laufen. Als ob ich wieder drei wäre, schrecklich. Ich hielt mich einfach an meine Klassenkameraden die auch mit dem Bus fuhren, jedoch wusste ich nicht, ob sie auch mit meiner Linie fuhren. Ich schreckte kurz zusammen, als mich jemand an der Schulter leicht antippte. Hinter mir stand der blondhaarige Junge der mir heute das Besteck gegeben hatte. Wie hieß er noch gleich? Ach, ich und mein Gedächtnis schon wieder. "Hi," sagte ich mit einem eher aufgesetzten Lächeln und hoffte, dass er es mir abkaufte. "Fährst du auch in Richtung Salang See?" Eine Erleichterung durchfuhr meinen Körper nachdem er den Salang See erwähnte, Gansu meine Richtung. Ich nickte als Antwort und schaute erwartungsvoll zu ihm auf. Wohl zu lange, da er mir etwas näher kam und seinen Mund leicht öffnete. "Du hast keine Ahnung, wo du hin musst oder?" Er hatte mich durchschaut und ich gab ein leises 'Ertappt' von mir. Es war mir sichtlich peinlich, dass er mich so schnell durchschaut hatte, es passierte mir aber auch zu oft derzeit. "Komm ich zeig' dir, wo du dich anstellen musst." Er deutete mit einer Kopfbewegung an, dass ich ihm folgen sollte, was ich auch tat. Wir stellten uns in die Schlange zu den anderen Schülern und warteten auf den Bus, der auch kurze Zeit später kam. Wir stiegen ein und der Blonde redete für mich. "Welche Straße?" Kam es plötzlich von ihm. Ich musste einen Augenblick überlegen, da ich zu Beginn nicht mitbekam, dass die Frage an mich gerichtet war. 

"Haesbich," gab ich kleinlaut von mir und bekam nur ein Nicken von ihm. Was mich dezent verwunderte war, dass er plötzlich Geld auf das Pult des Fahrers legte, welches dieser auch entgegen nahm. Hatte er gerade mein Ticket bezahlt? Er lief los und drehte sich kurz zu mir, schnell folgte ich ihm und der Blondhaarige hielt mir ein kleines Papier entgegen, mein Ticket. Wir setzten uns nach hinten und ich schaute aus dem Fenster. Nach kurzem angenehmen Schweigen drehte ich mich zu ihm und tippte ihn am Arm an, da er Kopfhörer in seinen Ohren stecken hatte. Er nahm einen raus und lächelte mich schmunzelnd an. "Warum hast du das gemacht?" Fragte ich ihn und zog an dem Saum meines Pullovers. "Was?" Antwortete er mir verwirrt. "Mein Ticket, warum hast du es bezahlt, das hättest du nicht tun müssen." Erklärte ich nun ausführlicher und deutete auf den kleinen Zettel in meiner Hand hin. "Ach so, das ist doch selbstverständlich." Ich schüttelte dem Kopf. "Da wo ich herkomme nicht." Worauf er aber nur anfing mit den Augen zu rollen und zu Schmunzeln. Ich machte ein gespielt böses Gesicht, aber fing dann an zu Lächeln. Nachdem wir das geklärt hatten, schaute ich wieder aus dem Fenster, langsam sah ich kleine Tropfen auf der Scheibe die immer mehr wurden, Regen. Meine Aufmerksamkeit war aber wieder auf meinem Sitznachbarn, der mit seinen Händen auf seinen Oberschenkeln, wohl im Tackt seiner Musik, rum trommelte. Er hatte noch immer nicht seinen Kopfhörer zurück in sein Ohr getan, den er während unserer Unterhaltung rausgeholt hatte. Ich schnappte ihn mir und hörte mir das Lied an welches er abspielte, es war schnell und der Text gefiel mir sehr. Er schaute einmal zu mir und achtete auf mein Gesicht, ob es mir gefiel, als Antwort lächelte ich ihn einmal an was er auch erwiderte. Ich summte leise mit als ich meine Station an der Leiste lesen konnte. Sofort riss ich mich aus meinen Gedanken, quetschte mich an ihm vorbei und verabschiedete mich von dem Blondhaarigen, dessen Name mir noch immer nicht einfallen wollte. Ich stieg aus und lief in Richtung meines Hauses, der Regen wurde mit der Zeit stärker und ich wurde immer schneller. Kurz vor meinem Haus fing es dann aus Strömen an zu schütten und ich rannte die letzten Meter nachhause.

Die Haustür öffnend schaute ich mich um, wahrscheinlich war ich die Erste, da ich niemand anderen vorfinden konnte. "Appa? Mihyun? Min Chan?" Es schien niemand da zu sein. Ich bekam keine Antwort, also zog ich meine Schuhe aus und lief hoch in mein Zimmer. Angekommen legte ich meine Tasche ab und zog mir erstmal trockene Sachen an, eine schwarze Leggins und einen grauen overside Pullover müssten zum Rumgammeln reichen. Danach kämmte ich mir noch meine Haare durch und legte mich in mein Bett. Man konnte ein kleinen Ton im Raum vernehmen, der von meiner Tasche ausging. Mühevoll erhob ich mich auf ein weiteres und kramte aus ihr mein Smartphone raus. Nachdem Entsperren schaltete ich sofort meine ganzen Wecker aus und stellte mir neue für morgen, damit mir so etwas wie heute in der Mensa nicht nochmal widerfahren würde. Da fiel mir ein, dass ich doch heute Morgen eine Nachricht bekam, doch zu meinem Erstaunen war sie von dieser Live App und nicht wie angenommen von WhatsApp. Ich überlegte einen Augenblick ob ich sie öffnen sollte, irgendwie war ich einwenig aufgeregt. Ich schloss kurz meine Augen und tippte mit immer noch geschlossenen Augen auf die App drauf. Meine Neugierde gewann dann zum Schluss doch gegen die Nervosität. Eine fremde Nummer hatte mich angeschrieben und ich lass mir die Nachricht mehrmals durch, da ich es nicht ganz glauben konnte was dort stand.

"Hey, ich bin es, Jeno, vielleicht erinnerst du dich ja noch an mich? Ich bin der Junge, der dir geholfen hatte, jedenfalls entschuldige, dass ich mich erst später bei dir melden konnte. Ich hatte viel um die Ohren... Jedenfalls ging deine Nummer einfach nicht von meinem Arm und du so zu sagen, nicht mehr aus meinem Gedächtnis"

Ich konnte es nicht glauben, war es wirklich der Junge vom Flughafen? Eine breites Lächeln bildete sich in meinem Gesicht und meine Augen wurden immer größer. Wahrscheinlich sah ich jetzt grade aus wie ein verrücktes oder verstörtes Kind was in die Psychatrie eingeweißt werden müsste. Doch ich war einfach zu überrascht, zu glücklich, um mir in diesem Moment um sowas Gedanken zu machen. Sofort überlegte ich was ich antworten konnte, aber tippte Schluss endlich einfach was in mein Handy ein und drückte auf senden.

"Hi Jeno, ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch bei mir melden würdest. Ich hätte es dir nicht verübelt, war immerhin schon aufdringlich, verzeih mir plss~
Mein Name ist übrigens Linn Kim Kaiser, von Freunden werde ich jedoch lediglich LinKi genannt:) Wie geht es dir?"

Manchmal konnte ich selbst über meine Art nur den Kopf schütteln. Doch ich konnte nichts dafür, ich war einfach so und konnte es auch nichts ändern. Nachdem ich ihm zurück geschrieben hatte, speicherte ich ihn noch schnell ein und legte mich dann hin. Ich war einfach fertig vom Tag, von diesen Typen, von der gesamten derzeitigen Situation.

⁰¹ LIMITLESS | jenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt