Teil 45

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Wie erstarrt blickte ich zu meinem Handy. Auf dieses kleine Licht, welches mir beim einsteigen entgegen gesprungen war. "A-Aber?.." Flüsterte ich vor mich hin und spürte wie sich meine Augen langsam mit Tränen füllten. "Was ist aber?" Perplex zuckte ich zusammen und setzte mir ein gezwungenes Lächeln auf. "A-Ach nichts." Antwortete ich Mihyun und sah wie sie sich damit beschwichtigte.

Verkrampft hielt ich mein Handy in der Hand fest und hoffte das die Rückfahrt schnell zu ende sein würde. Als wir ankamen schnappte ich mir den Haustürschlüssel und platzte regelrecht aus der Tür raus, auf unser kleines Haus zu. Im Flur hieß mich Mi Yeom willkommen, doch ich brauste zu schnell an ihm vorbei, bevor er noch seine Hand heben konnte. Ich verschloss die Tür hinter mir, ließ mich auf mein Bett fallen und griff zögernd nach meinem Handy. Als ich es anschaltete fingen meine Hände an zu zittern, denn die Nachricht war noch immer da. Tränen bildeten sich erneut in meinen Augen, allein schon die Erinnerung daran brachte alles wieder hoch. Ich öffnete den Chat und lass ein einzigen Satz. 'Ok. 22:00 Uhr am Salang See."

Jeno hatte sich bei mir gemeldet, er hatte mir zurück geschrieben. Doch meine Freude hielt sich in Grenzen. So kalt und knapp schrieb er mir noch nie, außerdem hatte ich Angst ihn wiederzusehen. In seine Augen zu schauen und Abneigung zu erkennen, sein breites Grinsen nicht mehr zu sehen, seine Arme, seine Nähe nicht mehr zu spüren. Es war der Grund warum ich ihm damals nichts sagen wollte, warum ich es ihm verschwieg. Ich hatte Angst. Ich drehte mein Kopf zur Uhr und sah das wir 20 Uhr hatten. Sollte ich hingehen? Und wenn ja, wie sollte ich ungesehen raus? Wir hatten es mitten in der Woche, mein Vater würde mich niemals so spät noch rauslassen. Vor allem nicht in Seoul. In meinem Kopf schwirrten so viele Gedanken umher, welche ich erstmal alle sammeln und verkraften musste.

"Du schaffst das." Redete ich mir selber zu. Ich stand in meinem Zimmer vor dem Spiegel und betrachtete ein ängstliches Mädchen. Wo war nur das Mädchen von damals hin verschwunden?

Alle schliefen und ich machte mich langsam auf den Weg raus, jedoch ging ich vorher nochmal zur Balkontür und drehte den Henkel um. Danach Schlich ich mich raus und ging auf den schnellsten Weg zum See. Mein ganzer Körper war angespannt und zitterte, als ich das umgedrehte Schild des Nuguna da sah und die Sonne bewunderte, wie sie sich langsam dem Horizont zu neigte. Alles erinnerte mich an den Tag, als ich meine erste Verabredung mit Jeno hatte, dem mir damals völlig unbekannten und unscheinbaren Jungen vom Flughafen. Wie sich Zeiten doch ändern konnten.

Die Zeit verstrich und ich wartete und wartete. Es war bereits über dem abgemachten Zeitpunkt, jedoch wartete ich weiter, denn ich wollte ihn nicht verpassen. Die Sonne war bereits hinter den Häusern der Stadt verschwunden und der Abendhimmel machte sich über mir breit. "00:09 Uhr", murmelte ich nachdenklich vor mich hin und schloss verletzt meine Augen. Eine stumme Träne lief mir aus dem Augenwinkel an der Wange hinunter, diese ich mir aber sofort wegwischte.
Langsam hörte ich Schritte zu mir kommen und alles in mir gefror. Die Schritte hörten hinter mir plötzlich auf. Ich vernahm nur eine weitere Atmung, doch die Stille blieb erhalten. Nach einiger Zeit drehte ich mich vorsichtig um und schaute in Jeno's dunkle Augen.

"Du hast gewartet?" Fing er plötzlich an zu reden, woraufhin ich nickte. Eine Träne rollte mir erneut die Wange hinunter, sofort drehte ich mein Kopf von ihm weg und schaute zur Seite. "Jeno-.." Begann ich, doch wurde von meinem gegenüber unterbrochen. Er kam einen Schritt näher und strich mir die Träne mit seinem Daumen weg. "Nicht weinen", meinte er monoton und lief langsam Richtung Fluss. Er setzte sich zwischen den Bäumen auf die Wiese und betrachtete das fliesende Wasser. Langsam kam ich zu ihm und setzte mich mit Abstand neben ihm hin. Er zupfte einige Grashalme aus dem Boden und warf sie in das Wasser hinein. Ich beobachtete die davon ziehenden Grashalme, doch brachte kein Wort raus. Es war eine komische Situation.
Der neben mir atmete bedrückt aus, woraufhin ich erschrocken zusammen zuckte. Er wendete seinen Blick vom Wasser weg und richtete ihn auf mich. "LinKi, ich habe einen Fehler gemacht." Begann er. "Ich hatte zu voreilig gehandelt, es war nur diese pure Wut die dort aus mir gesprochen hatte. Du solltest mich niemals so zu Gesicht bekommen, doch leider sahst du mich so. Du sollst wissen, dass ich das niemals wollte." Eine frische Abendbrise ummantelte uns und ließ meine, sowie auch seine Haare, umherwehen. "Jeno...entschuldige dich nicht für meine Fehler. Es ist alles meine Schuld und auch wenn du mir nicht verzeihst, bitte ich dich darum, dich wenigstens mit Mark auszusprechen..." Der Schwarzhaarige gab ein belustigtes Kichern von sich, welches mich verstummen ließ. Er rückte ein Stück näher zu mir und legte seine Hand auf meine, welche ich zum stützen auf der Wiese abgesetzt hatte. Verwirrt schaute ich von seiner Hand auf meine und ihm dann in die Augen, in die Augen welche ich so lange vermisst hatte und Angst hatte sie nie wieder zu sehen.

"Mark ist der Grund, warum ich hier bin. Mach dir keine Sorgen, Mark und ich haben uns ausgesprochen. Er hatte mir die ganze Situation erklärt, dass du nichts dafür konntest und du es mir sagen wolltest. Es ist zwischen uns alles wieder gut, okay? Aber er ist nicht der Hauptgrund warum ich mich mit dir treffen wollte." Mir fiel ein riesiger Stein vom herzen, als ich hörte, dass die beiden sich wieder vertragen hatten. Es war meine größte Sorge, dass nun NCT wegen mir auseinander brach. Die Jungs gehörten einfach alle zusammen, egal ob U, 127 oder dream. Sie waren eine Familie.

"Was ist dann der Grund?" Brachte ich nervös raus. Jeno atmete tief ein und schaute dann wieder zu mir hoch. "LinKi es war ein riesen Fehler dich von mir weg zu stoßen. Ich war blind vor Wut, es kam einfach alles über mich. Was ich sagen will ist..." Mit jedem Wort wurde er nervöser, es schien so als würden ihm die richtigen Worte entfallen sein. "..das ich dich nie wieder verlieren will, Linn ich möchte mir meinen Wunsch erfühlen.." Bevor ich mich dazu äußern konnte aber war es schon passiert. Jeno schloss seine Augen und küsste mich, ich war zu geschockt um überhaupt zu reagieren und schloss noch nicht mal meine Augen, da war es schon vorbei. Langsam löste er sich von mir und blickte mir in die Augen. "LinKi ich möchte dich nicht mehr verlieren." Er lächelte mich sanft an und legte seine Hand an meine Wange. Ich fiel ihm vor Freude um den Hals und küsste ihn erneut, worauf der Schwarzhaarige garnicht richtig reagieren konnte. Doch eins tat er. MICH küssen und mich in seinen Armen halten, diesen Halt hatte ich so vermisst und nun hatte ich ihn wieder. Mein Lee Je No.

Nach dem ich ihn so überfallen hatte, hatten wir uns dazu entschlossen einfach liegen zu bleiben und in die Sterne zu schauen. Ein müdes Gähnen verließ meinen Mund und ich kuschelte mich noch weiter in seine Schulter, dabei schloss ich meine Augen und vernahm wieder seinen Duft. "Ich möchte diesen Moment wirklich nicht unterbrechen aber wir haben es gleich schon 01:00 Uhr und du musst morgen zur Schule." Flüsterte Jeno behutsam in mein Ohr und fuhr weiter mit einem Grashalm mein Gesicht auf und ab. Ich richtete mich verwirrt auf und schaute den älteren sichtlich irritiert an. "Du etwa nicht?" Fragte ich ihn und runzelte die Stirn. "Nein, diese Woche ist Fortbildung bei uns an der Schule." Mein gegenüber stand auf und hielt mir die Hand hilfsbereit hin, welche ich auch dankend annahm. Zusammen liefen wir noch bis zu meinem Haus und verabschiedeten uns dort, doch bevor er sich wegdrehte hielt ich ihm an Arm fest. Überrascht blickte er in mein Gesicht und machte einen besorgten Eindruck. "Jeno du sagtest vorhin, dass du dir deinen Wunsch erfüllen wolltest. Was für einen Wunsch meintest du?" Er griff nach meinen Händen und grinste fröhlich vor sich hin. "Kannst du dich noch an meinen Geburtstag erinnern? Mein Kerzenwunsch, der warst du. Ich hatte mir gewünscht dich zu küssen und nun da er in Erfüllung gegangen ist kann ich es dir auch erzählen." Jeno gab mir einen Kuss auf die Stirn und umarmte mich noch einmal fest. "Jeno?" Fragte ich ein letztes Mal leise. "Bist du mir wirklich nicht mehr böse?" Nuschelte ich vor mich hin und bekam ein ernsten Blick meines gegenüber zugeworfen. "Lass uns einfach nicht mehr darüber reden, einverstanden?" Mit gemischten Gefühlen nickte ich und lief auf den Japanischen Blüten-Kirschen Baum neben unserem Haus hin. Kurzerhand kletterte ich die Äste hinauf bis zu einem geeigneten Platz um auf den Balkon gelangen zu können. Ich sprang auf den festen Untergrund und lief sicheren Weges auf mein Zimmer zu. "Hmmhm?" Erklang es und ich zuckte zusammen, als ich mich umdrehte stand dort Mihyun ihm Bademantel und schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Wir sprechen uns noch." Meinte sie kurz und war dann auch wieder verschwunden, erleichtert ließ ich mich in mein Bett fallen und hörte nicht mehr auf zu strahlen. Jeno hatte mir verziehen, es ist wie im Traum!

Doch heißt es nicht, dass nach dem Traum das böse Erwachen droht?

⁰¹ LIMITLESS | jenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt