neugierig

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Es war gegen sieben, als es erneut schellte.

Gregs Herz begann zu klopfen.

Er ging zur Tür, diesmal allerdings in normalem Tempo, und versuchte, sich zu beruhigen. Oder genauer, sich einzureden, dass es sich ohnehin nicht um den erwarteten, erhofften Besuch handeln würde, um die Enttäuschung in Grenzen zu halten. Vermutlich die Nachbarin oder jemand hatte sich im Klingelknopf vertan.

Er öffnete, und vor der Tür stand wirklich und wahrhaftig Mycroft Holmes.

Gregs Herz klopfte ich ein bisschen schneller.

Er konnte nicht verhindern, dass sich ein breites, erfreutes Lächeln auf sein Gesicht stahl.

„Guten Abend, Mr. Holmes. Kommen Sie rein."

Er trat zur Seite und ließ seinen Besucher ein.

Mycroft Holmes betrat die Wohnung. Greg nahm ihm den Mantel ab und hängte ihn auf die Garderobe.

„Lassen Sie uns ins Wohnzimmer gehen", sagte Greg und ging voraus.

Er setzte sich aufs Sofa und bedeutete Holmes, im Sessel Platz zu nehmen.

Sie schwiegen beide verlegen. Keiner von ihnen wusste so recht, was zu sagen sei.

„Nun, ich ...", begann Holmes.

„Es ist schön ...", fing Greg gleichzeitig mit ihm zu reden an.

Wieder schwiegen sie.

Greg holte Luft.

„Mr. Holmes, ich freue mich, dass Sie doch noch persönlich vorbeigekommen sind."

Der nickte.

„Ich wollte nach Ihnen schauen ... ob es Ihnen besser geht."

In dm Augenblick fiel Greg auf, dass noch immer die zweite Tasse auf dem Tisch stand. Er hatte sie vorhin nicht weggeräumt. Er wurde rot.

Mycroft bemerkte die Tasse natürlich auch, und ebenso Gregs Reaktion. Ihm war klar, was das zu bedeuten hatte.

Mein Gott, dachte er, wie sitzen hier, wie die Teenager beim allerersten Date ... ich fühle mich, als wäre ich gerade 16.

„Darf ich fragen, ob sich in der Kanne noch Tee befindet, und falls ja, ob Sie sich in der Lage sehen, mir einen Tee anzubieten, DI Lestrade?", fragte er.

Greg sprang auf und stieß mit dem Knie gegen den Tisch, dass das Geschirr klirrte.

„Nein, der Tee ist alle, aber selbstverständlich ..."

„Bleiben Sie sitzen. Ich werde neuen Tee bereiten. Inzwischen weiß ich, wo Ihre Küche ist."

Mycroft legte seine Hand auf Gregs Schulter und drückte ihn sanft auf das Sofa zurück.

„Sie sind immerhin noch krank und müssen sich schonen."

Gregory ließ es widerstandslos geschehen.

Viel zu sehr gefesselt war er von der Berührung.

Es hatte sich so gut angefühlt. Holmes' warme sanfte Hand auf seiner Schulter. Es kribbelte, wo er ihn berührt hatte, und Greg schloss die Augen, um dem wunderbaren Gefühl nachzuspüren.

Und spätestens in diesem Augenblick war auch Greg vollkommen klar, dass er sich verliebt hatte.

Sie sprachen nicht darüber. Sie genossen den Abend, tranken gemeinsam ihren Tee.

Sie unterhielten sich. Tauschten Gedanken aus. Welche Musik sie mochten, welche Filme, welche Bücher sie lasen; welche Hobbies sie hatten („Hobbies? Oh DI Lestrade, das lässt mein Arbeitsleben nicht zu ...") und als die Kanne leer war, bereitete Mycroft ihm noch einen Teller mit Sandwiches zu, bevor er sich verabschiedete und ging.

Er hatte versprochen, am nächsten Tag wieder um diese Zeit vorbeizuschauen.

Es bürgerte sich ein.

Er rief am Nachmittag an, um zu fragen, was der DI benötigte. Und dann kam er abends, brachte mit was benötigt wurde, bereitete Tee und setzte sich zusammen mit Greg ins Wohnzimmer.

Im Verlauf der Woche ging es Greg nach und nach besser.

Am Donnerstag Abend war er soweit wieder hergestellt, dass er Mycroft verbot, sich in die Küche zu begeben.

„Ich möchte gerne selber meinen Gastgeberpflichten nachkommen, Mycroft", sagte er.

Der lächelte.

„Gerne, DI ..."

Doch der fuhr ihm ins Wort.

„Gregory. Wenn Sie ... du nichts dagegen hast, dass ich dich einfach Mycroft nenne, dann nenne mich bitte Gregory. Oder Greg."

Mycroft nickte.

„Gregory", sagte er und sah sehr erfreut drein.

Die gemeinsamen Stunden machten ihnen beiden Spaß. Sie hatten viele Gesprächsthemen, die sie beide interessierten und entdeckten auch sonst eine Menge Gemeinsamkeiten.

Am Freitag fühlte Greg sich schon wieder recht gut.

Seine Krankschreibung galt noch übers Wochenende; er würde sich richtig auskurieren und am Montag wieder arbeiten gehen.

Es sollte in den nächsten Tagen klares, frostiges Wetter geben. Wen das einträfe, würde er ein paar kleine Spaziergänge machen, denn kalte klare Luft war gut für die Atemwege.

Vielleicht könnte er gemeinsam mit Mycroft ...? Er beschloss ihn heute Abend zu fragen.

Und noch etwas wollte er ihn fragen.

Etwas, was für ihn ziemlich wichtig war.

Als sie gemeinsam beim Tee saßen, platze es aus Gregory heraus:

„Mycroft, sag mir bitte eins: warum?"

Mycroft sah ihn erstaunt an.

„Warum was?"

„Warum bist du zu mir gekommen? Hast dich gekümmert all die Tage?"

Mycroft schwieg einen Augenblick.

Dann sagte er:

„Sherlock hat mich darum gebeten."

„Mycroft, verkauf mich nicht für dumm. Du springst auch sonst nicht sofort los, wenn Sherlock dich um etwas bittet."

„Sherlock hat mich tatsächlich darum gebeten. Aber der Grund, weshalb ich seiner Bitte nachgekommen bin, ist, dass mir etwas an dir liegt."

Und zu seiner größten Verblüffung spürte Greg, wie Mycroft seine Hand vorsichtig auf seine legte.

Mycrofts Herz schlug bis zum Hals.

Es dauerte einige Sekunden, bis ihm bewusst wurde, dass Gregory seine Hand nicht wegzog, sondern ihn einfach mit großen, kaffeebraunen Augen ansah.

Und sich ein erfreutes Lächeln über sein Gesicht zog.

Dann hörte er leise Gregorys Stimme.

„Mir liegt auch etwas an dir, Mycroft."

Greg holte Luft, sah sein Gegenüber an und sagte:

„Ich ... ich möchte dich noch etwas fragen."

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