selbstständig

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Drei Wochen war es her, dass sie sich zuletzt gesehen hatten.

Drei verdammte Wochen.

Es war einfach kein Zusammenkommen gewesen, entweder konnte Mycroft keine Zeit erübrigen, oder bei Greg steppte der Bär im Kettenhemd.

Aber nun war es wieder so weit.

Sie saßen gemeinsam in dieser kleinen süßen Pizzeria und hatten köstlich gegessen. Greg hatte Spaghetti Napoli gehabt; er hatte Myke eine Gabel voll vor die Lippen gehalten, der hatte die köstliche Pasta genommen, Greg hatte allerdings schnell ein lose herunter hängendes Spaghetti-ende zwischen seine Lippen genommen und es langsam in sich hinein geschlürft, bis ihrer beider Lippen sich trafen.

„Wie bei Susi und Strolch", hatte er gekichert. Myke hatte verständnislos dreingeschaut, worauf Greg nur „Oh Mann!" brummte, und beschloss, welchen Film sie sich demnächst gemeinsam anschauen würden.

Was Myke wohl dazu sagen würde, wenn er ihm mit einem Disney-Zeichentrickfilm käme? Er konnte sich die skeptisch hochgezogene Augenbraue schon vorstellen; den Gesichtsausdruck, der ganz klar ausdrücken würde:

„Na, gut, Greg, aber nur dir zuliebe!", aber vermutlich würde er am Ende dann doch Spaß daran haben.

Greg grinste erneut.

Dann fiel sein Blick auf seinen Partner. Und er stellte fest, das Myke irgendwie angespannt wirkte.

„Myke? Was ist los?"

„Nun, Gregory, ich habe etwas getan, wo ich nicht genau weiß, ob du dich darüber freuen wirst, oder ob du böse auf mich bist."

Greg schluckte. Er spürte, dass sein Bauch zu grummeln begann.

„Okay", sagte er, und sein Tonfall pendelte irgendwo zwischen streng und ängstlich.

„Was hast du angestellt?"

„Ich habe meinem Butler gekündigt."

„Aber warum?"

„Keine Sorge, Gregory. Ich habe ihm schon einen neuen Posten besorgt. Ebenso gut bezahlt wie bei mir."

„Myke, ich verstehe nicht ..."

„Na ja, in meinem Haus konnte er schließlich nicht bleiben, immerhin habe ich das verkauft. Zum nächsten ersten."

„Du hast was? Dein Haus verkauft?"

„Ja, was soll ich auch mit zwei Häusern ..."

„Mycroft Haggerty Holmes, du sagst mir auf der Stelle, was hier los ist!"

Wenn Greg Mycrofts verhassten Zweitnamen verwendete, den er ihm in einem Anfall von Zärtlichkeit verraten hatte und den sonst kaum jemand kannte, außer Sherlock natürlich, dann wusste Mycroft, dass er jetzt besser zurückstecken sollte, weil Greg auf dem besten Wege war, ernsthaft wütend zu werden.

Und ein zorniger Greg ... nun Mycroft mochte es einfach lieber, wenn Harmonie zwischen ihnen beiden herrschte.

Also erklärte er.

„Greg, ich habe ein Haus gekauft. Wesentlich kleiner und wesentlich weniger pompös als mein altes. Aber immer noch groß genug, um einiges an Annehmlichkeiten zu bieten. Der Kaufvertrag ist perfekt, es fehlt nur noch eine letzte Unterschrift. Deine. Ich möchte, dass wir beide als Besitzer des Hauses eingetragen sind. Das es uns beiden gehört."

Er atmete durch.

„Weil ich möchte, dass du mit mir zusammen dort einziehst."

Wow. Nun musste Greg echt schlucken.

Zusammen ziehen mit Mycroft hörte sich großartig an, sein Herz pochte freudig bei dem Gedanken.

Aber ...

Er war sich nicht ganz sicher, ob er sich einfach so über die Überraschung freuen sollte, oder ob es ihn ärgerte, dass Mycroft das ganze über seinen Kopf hinweg entschieden hatte. Ohne etwas mit ihm abzusprechen.

Und außerdem ... er verdiente als Detective Inspector ja nicht schlecht Es reichte für alles, was man brauchte, und darüber hinaus auch für den ein oder anderen kleine Luxus.

Dennoch vermutete er, dass ein Haus, wie es Mycroft Holmes passend erschien, immer noch ihn einer Preisklasse lag, die für seine Möglichkeiten jenseits von Gut und Böse lag.

Mycroft hatte das Haus gekauft, das heißt, er war bereit, es komplett allein zu bezahlen. Und vermutlich war das für ihn ein Kinderspiel, ein Trinkgeld aus der Portokasse. Und Greg war sich sicher, dass er das gern tat.

Aber... wollte er das? Es kam ihm nicht richtig vor.

„Hör mal, Mycroft. Ich möchte sehr gerne mit dir zusammenwohnen. Die Woche, wo du bei mir gewesen bist, war wunderbar. Es hat sich gut angefühlt, dich so um ich zu haben, es hat sich warm und vertraut angefühlt. Aber ..."

Der Blick aus Mycrofts Augen war jetzt undurchdringlich, als hätte sich ein Schatten davor gelegt.

„Myke, ich möchte nicht, das der Eindruck entsteht, ich würde mich von dir aushalten lassen. Ich stehe immerhin auf eigenen Beinen und bin durchaus in der Lage ..."

Er schwieg. Er fand nicht die richtigen Worte, aber er war sich sicher, sein Schatz verstand ihn auch so.

„Der Eindruck entsteht nicht", sagte Mycroft.

„Jedenfalls nicht bei mir. Ich weiß, wer du bist und was du kannst. Ich weiß aber auch, was deine Möglichkeiten übersteigt. Und ich will mit dir zusammenleben. Ich verspreche dir, dass ich versuchen werde, mich in dein Leben weniger einzumischen, als in das jedes anderen. Aber lass mich das hier tun. Bitte. Ich will so gern mit dir zusammenziehen. Ich will Abends zu dir nach Hause kommen, ich will, dass du nach langen, anstrengenden Tagen zu mir nach Hause kommst. Du bedeutest mir inzwischen so viel, dass ich dich nicht immer nur als Besuch haben oder bei dir zu Besuch sein will. Ich will dass wir Lebensgefährten sind, mit allem, was dieses Wort in sich birgt. Bitte."

Greg schluckte.

Eine solch romantische Liebeserklärung zu bekommen, noch dazu vom „Eismann" Mycroft Holmes, der für Greg schon lange kein Eismann mehr war, das war verdammt schön. Und aufregend.

Gregory kaute auf seiner Unterlippe, dann nahm er sein Weinglas, trank den letzten Schluck Rotwein, und sagte:

„Nun gut, wir werden sehen. Das Essen zahle ich. Keine Widerrede. Und dann fahren wir zu dem Haus und du zeigst mir alles. Und dann werde ich entscheiden, wie ich zu der ganzen Sache stehe, einverstanden?"

Mycroft seufzte.

Aber zumindest war Gregory nicht zornig, und wenn er die leichten Schmunzelfalten um seine Augen herum richtig deutete, bestand eine gute Chance, dass er einverstanden sein würde.

FieberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt