Kapitel 26 - Flammende Stille

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Still saß Hicks auf Ohnezahns Rücken und betrachtete glücklich die Flasche.
,,Kannst du das glauben Kumpel? Wir haben tatsächlich etwas Tinte. Es ist zwar nicht viel, aber mein Vater kann bestimmt andere Oberhäupter bitten uns zu helfen, sobald er wieder gesund ist."
Ohnezahn ließ ein zustimmendes Grummeln ertönen und setzte zur Freude des Tages zu einem rasanten Sturzflug an.
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Knapp drei Tage später hatten sie die Wechselflüglerinsel passiert. Von hier aus war es nicht mehr lange bis nach Berk.
,,Noch knapp zwei Stunden Ohnezahn. Dann sind wir Zuhause. Und ich seh Astrid wieder und wir haben die Tinte und alllles kann wieder gut wer-..."
Er stockte plötzlich als er in der Ferne etwas sah.
,,Was ist das?",fragte er in die kühle Stille herein und kniff die Augen zusammen. Er griff in seine Umhängetasche und holte sein Fernglas hervor. Sobald er es sich an die Augen drückte schnappte er nach Luft.
,,Komm Ohnezahn, das sehen wir uns näher an",sagte er und einen Augenblick später hatten sie ihren Kurs etwas weiter nach Nordost korrigiert und steuerten auf die weit entfernten Rauchschwaden am Horizont zu. Je näher sie kamen, desto unbehaglicher wurde Hicks und ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Bauch breit. Und als sie schließlich nah genug dran waren, hatte er Gewissheit.
Es war ein Schiff, fast komplett von Feuer zerstört und verbrannt. Dicke schwarze Rauchwolken stiegen nur noch leicht in den Himmel hinauf, sammelten sich auch noch viele Meter über dem verkohlten Holz, allerdings noch gut erkennbar auch aus weiter Entfernung.
Einen Moment musste Hicks realisieren was er hier vor sich hatte und dann wurde sein Kopf plötzlich mit tausend Gedanken überflutet. Doch eins war glasklar:
Auf diesem Schiff wurde ein Wikinger bestattet.
Dem Zustand des Schiffes nach würde Hicks vermuten, dass es bestimmt schon zwei Tage auf See herumtrieb, denn die Strömung war hier nicht so stark wie in anderen Gegenden.
In Hicks Kopf explodierten die Gedanken, aber ein offensichtlicher brach nun ganz deutlich an die Oberfläche seines Bewusstseins hindurch:
Dieses Schiff kam aus Berk.
,,Bei Odin...",flüsterte Hicks entsetzt. Der schwarze Tod war seinem Namen gerecht geworden. Und nicht nur das, er hatte sogar in weniger als 12 Tagen mindestens einen Wikinger zu sich geholt.
Die Frage war: Waren ihm weitere gefolgt?
Als diese Frage durch Hicks Kopf schoss, riss er seinen Kopf hoch, weg von den Überresten des verkohlten Schiffs und blickte panisch über das ungestüme weite Meer. Er sah nichts, doch das musste nichts heißen.
Der braunhaarige Wikinger sagte zu seinem Nachtschatten gewandt: ,,Gib alles was du hast Kumpel. Wir müssen so schnell es geht nach Hause."
Der Nachtschatten verstand und mit mächtigen Flügelschlägen stieg Ohnezahn höher und ließ die Rauchschwaden so zu beiden Seiten entflüchten, während er so schnell er konnte auf Berk zuraste.
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,,Halt mal kurz Kumpel!"
Sie hatten soeben die Dracheninsel hinter sich gelassen. Hicks hielt sich sein Fernglas erneut vor sein Auge und als er es wieder absetzte spürte er wie unvergossene Tränen in seiner Seele brannten.
,,Bitte Ohnezahn, sag mir das wir nicht zu spät sind",sagte Hicks verzweifelt.
Ohnezahn gab ein beruhigendes Geräusch von sich, das sich sein bester Freund nicht so viele Sorgen machen sollte.
,,Bring uns näher ran Kumpel",meinte Hicks mit leicht zitternder Stimme.
Kaum fünf Minuten später konnte man die Rauchwolke über einem weiteren Schiff ausmachen. Als sie darüber hinweg flogen sah Hicks das es sogar noch brannte. Doch sein Blick wurde erneut abgelenkt als er am Horizont ein paar Seemeilen weiter entfernt erneut schwarze Rauchwolken sah.
,,Oh Thor!",rief Hicks. Drei Schiffe. Drei Menschenleben. Wer waren die Wikinger auf den Schiffen? Er wollte nicht daran denken. Wenn es Astrid oder sein Vater oder einer seiner Freunde wäre, dann könnte er nicht damit leben.
Berk hatte der Tod überkommen. Waren das alle Opfer der Krankheit gewesen? Waren sie überhaupt noch am Leben?
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Jedes einzelne Gefühl in Hicks schien zum zerreißen gespannt, als er und Ohnezahn schließlich weit entfernt die vertrauten Umrisse seiner Heimatinsel ausmachten. Vor ihm lag nun ein stiller Ozean ohne weitere brennende Schiffe. Er atmete einmal durch, um sich zu beruhigen.
Schließlich überflogen sie nach einer guten halben Stunde die Küste und damit die ersten Häuser.
Doch es war ungewöhnlich still. Kein Wikinger war aus der Luft zu sehen, in keinen der Häuser brannte Licht auch wenn es helllichter Tag war. Keine Menschenseele, nicht einmal ein Drache war da.
Einen Augenblick schwebten Drache und Reiter unschlüssig in der Luft, doch dann landeten sie auf dem trockenen, staubigen Boden und Hicks stieg nach kurzem Zögern ab. Sein Blick wanderte umher, doch noch immer war niemand zu sehen. Es war still. Totenstill. Als ob nie jemand hier gelebt hätte. War er wirklich zu spät gekommen? Waren sie wirklich alle schon tot? Lagen sie vielleicht gar tot in ihren Hütten? Unwillkürlich breitete sich eine Gänsehaut auf seinen Armen aus und der Gedanke das er tatsächlich die einzige lebende Seele hier noch sein könnte, ließ ihn erschaudern.
,,Hallo?",fragte er in die Stille. Keine Antwort.
,,Dagur?...Grobian?....Gothi?"
Seine Stimme wurde immer verzweifelter.
,,Vater?...Astrid?", flüsterte er am Ende. Unbehaglich schaute er sich um. Er fühlte sich so...so fremd hier. Ohnezahn stupste ihn an.
,,Komm Kumpel.",meinte Hicks leise. Es fühlte sich seltsam dumpf an in dieser Stille zu sprechen und seine Worte wurden sofort von dem Wind fortgetragen. Der braunhaarige junge Mann und sein Drache gingen durch ihr Dorf hinauf zu Hicks Haus, der Hütte des Oberhauptes.
,,Warte erstmal hier draußen Kumpel",sagte Hicks und Ohnezahn blieb wachsam vor der Tür sitzen.
,,Vater? Vater!"
Kaum war Hicks im Haus, stürmte er in das Schlafzimmer Haudraufs. Doch sobald er die Tür aufstieß, blieb er wie angewurzelt stehen. Das Bett war leer.
,,Vater?!!",rief Hicks leicht panisch. Wo war er?
,,Vater?!",rief er erneut, diesmal lauter. Keine Antwort.
,,Was ist hier passiert?",flüsterte Hicks zu sich selbst. Er ging zurück in die Küche und schaute sich um. Alles sah aus wie immer, ja sogar fast so wie er es damals verlassen hatte. Doch vielleicht war Haudrauf ja oben in seinem Bett. Rasch erklomm der braunhaarige Wikinger die Stufen zu seinem Zimmer und drückte die Klinke herunter. Hicks öffnete die Tür und trat schnell ein als er abrupt stehen blieb. Vor ihm breitete sich ein Bild aus, welches er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Albträumen vorzustellen vermochte. Kalte, funkelnde, fast schwarze Augen schauten ihn mit einem dämonischen grinsen an. Er saß wie der Tod persönlich auf Hicks Bett, dort wo Hicks seit er klein war Nacht um Nacht verbracht hatte. Ein Spielbrett lag auf seiner zurückgeschlagenen Decke. Es war Keule und Klaue. Hicks schaute ihm in die Augen und es war als ob der Teufel persönlich hinter diesen Fenstern zur Seele wohnen würde.
,,Wie wärs Hicks.....spielen wir doch ein Spiel",sagte Viggo Grimmborn gefährlich und siegessicher lächelnd.

Don't let this happen (In Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt