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DSG 21

Mary und ich waren etwa 12 Jahre alt, wie allen Kindern in diesem Alter war der Ernst des Lebens uns noch fremd. Unsere Ferien verbrachten wir oft gemeinsam bei Marys Onkel Tobi. Er war selbst für mich wie ein Onkel. Wir gingen häufig in die Wälder, die sich hinter Onkel Tobi's Haus befanden. Jedes Mal aufs neue verspürte ich eine unglaubliche Sicherheit wenn die Bäume mich umgaben. Nach drei Wochen Ferien bei ihm hatten wir endlich das Baumhaus fertig gestellt, welches uns so viel Mühe gekostet hatte. Sogar Gardinen für die Fenster hatte uns die Nachbarin genäht. Damit es auch aussieht wie ein richtiges Haus, hatte sie gesagt. Eines Abends kamen Mary und ich dann auf die glorreiche Idee, dass wir oben in unserem Baumhaus übernachten könnten. Onkel Tobi sollte die Tür auflassen, für den Fall, dass wir doch Angst bekämen und wieder ins Haus wollten. Ebenfalls versprach er, jede Stunde nach uns zu sehen. Wir jedoch waren mutige Mädchen und kletterten nun mit unseren Schlafsäcken die schmale Leiter hinauf. Es war ein heißer Juli-Tag gewesen und die untergehende Sonne wärmte die Luft noch immer. Nun lagen wir in unseren Schlafsäcken, mit einer Taschenlampe und waren dabei einzuschlafen. Mary schnarchte schon friedlich mit ihrem Teddy im Arm, als ich plötzlich einen Ast laut knacken hörte. Mein Herz pochte vor Nervosität heftig in meiner Brust und ich sprang auf um nachzusehen. Ich lehnte mich vorsichtig zur Leiteröffnung hinaus um das Umfeld besser erkennen zu können und dann sah ich sie, ein Paar Augen die in hellem Orange leuchteten und mich am unteren Ende der Leiter fixierten. Ich erschrak so sehr, dass ich den Halt verlor und in die Tiefe stürzte. Sogar zu schreien hatte ich vergessen, so verwirrt war ich. Als ich mich auf den Aufprall gefasst machte, fiel ich aber nicht auf den harten Boden, sondern landete in jemandes Armen. Die Person war kalt und keinen Augenblick später wurde ich wieder in meinen Schlafsack gelegt. Ich spürte eine eiskalte Hand an meiner Stirn und dann sah ich zum Sternenhimmel hinauf und fragte mich, was geschehen war. Mir kam es vor, als sei es ein Traum gewesen, trotz meiner Verwirrtheit fand ich schnell in den Schlaf.

Ich schreckte auf und setzte mich kerzengerade ins Bett. Die Bilder meines Traumes verblassten wieder vor meinen Augen und waren schneller verschwunden als ich meine Gedanken nach den Szenen durchsuchen konnte. Cosmin saß hinter mir und beobachtete mich besorgt, als ich mich zu ihm umsah.
"Hast du schon wieder geträumt?" fragte er leise und hielt mir ein Glas Wasser hin, welches er vom Nachttisch nahm. Ich trank gierig das ganze Glas leer und überlegte fieberhaft, was ich geträumt hatte, doch ich konnte mich nicht mehr erinnern.
"Ja, irgendwie schon" murmelte ich und ließ mich von Cosmin wieder an seine Brust ziehen.
"Schlaf noch eine Weile, in einer Stunde geht die Sonne unter." flüsterte er mir ins Ohr und strich sanft an meinem Arm auf und ab, bis mir wieder die Augen zu fielen und ich dann traumlos und ruhig weiter schlief.
Helles Mondlicht weckte mich das nächste mal und ich streckte mich einmal kräftig. Ich musste zugeben, dass die Stunden Schlaf gut getan haben, auch wenn sie recht unruhig waren.
Plötzlich spürte ich kalte Finger über meinen Rücken streichen, gefolgt von ebenso kalten Lippen und einem warmen Knurren, welches eher dem Schnurren einer Katze glich. Langsam drehte ich mich um und sah direkt in ein paar eisblaue Augen, gesprenkelt von einem gold-Orange.
"Deine Augen, sie sind wieder blau." bemerkte ich verblüfft und beobachtete weiter das Farbenspiel in ihnen.
"Der Hunger ist annähernd gestillt, mein Verlangen nach dir ist im Moment nicht so stark, denn ich habe meine Liebste an meiner Seite." er lächelte mich frech an, ganz ohne Fangzähne. Ich war etwas verwundert über diese Situation und gab ihm einen kleinen Kuss aufs Kinn. Er liebte mich tatsächlich so sehr? Ich konnte es kaum glauben, dass Cosmin es wirklich so ernst meinte. Wenn ich mir überlegte, dass ihm sein Titel und sein Ansehen weit attraktivere Partien bescheren konnte, wusste ich nicht wirklich was ich dazu sagen sollte. Ich war einfach nur sehr glücklich über seine Worte und fing an, ihn nur noch mehr zu lieben.

"Ich würde gerne Toby besuchen, während du bei Dr. Gracen bist. Meinst du das ist möglich?" frage ich, als mir nach dem Chaos einfiel, wo genau wir hier waren und dass es eine gute Möglichkeit war ihn einmal zu sehen.
"Auch wenn ich nicht begeistert davon bin, sollst du ihn sehen können, wenn du schon einmal hier bist. Joe und Jason sollen dich mit Gianluca zu den Zellen und Gemeinschaftsräumen begleiten." Ich erinnerte mich nur zu gut an den kahlköpfigen Mann, der uns in der Nacht zuvor begrüßt hatte. Cosmin wirkte besorgt, ließ es mich aber nicht wissen. Nachdem ich mich für das was mir bevorstand zurecht machte und anschließend zurück in das riesige Schlafzimmer kam, schlüpfte ich kurzerhand in eines von Cosmins Hemden und bewunderte die Garderobe in dem riesigen Kleiderschrank, die man mir bereit gestellt hatte. Ich fragte mich, wann man das alles organisiert hatte. Es war genug für mehrere Wochen. Doch am liebsten trug ich noch immer Cosmins Hemden, sie rochen so wunderbar nach ihm und verströmten das Gefühl der Geborgenheit in mir.
Doch plötzlich hörte ich ein bestimmendes Klopfen. Aber nicht an der Schlafzimmertür, sondern etwas weiter entfernt. Ich zog mir fix eine kurze Baumwollhose über, als Cosmin mir mit einer Handbewegung bedeutete, nachzusehen.
"Das ist für dich." er lächelte und folgte mir durch die Tür. Der Raum in dem ich mich nun befand, war fast so groß wie das Schlafzimmer und in ihm befanden sich links an der Wand eine Cremefarbene kleine Couch und ein Glastisch auf einem tiefschwarzen Teppich. Das Parkett war in einem hellen Ton gehalten und einige Meter neben dem Flachbildschirm, der dem Wohnbereich gegenüber stand, befand sich ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Wieder ertönte das Klopfen, dieses Mal etwas lauter und energischer. Ich lief zu der Tür zu meiner Rechten herüber und öffnete sie vorsichtig.
"Guten Abend, Contessa. Mein Name ist Silvio. Mir wurde aufgetragen, Euch etwas zu essen zu bringen" begrüßte mich ein kleiner schwarzhaariger Junge in perfektem italienischen Akzent. Er mochte vielleicht gerade das Jugendalter erreicht haben und schob einen großen Tablettwagen vor sich her.
"Hallo, komm doch herein." entgegnete ich ihm freundlich und trat zur Seite.
"Die italienische Küche mag eigentlich jeder, somit haben wir Ihnen einige Köstlichkeiten zusammengestellt." erklärte er nervös und sah sich immer wieder um, während er die Speisen auf dem Tisch anrichtete.
"Vielen Dank, ich bin begeistert. Ich liebe Nudeln." echte italienische Bolognese, ich war mehr als entzückt und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
"Beruhige dich, es ist alles in Ordnung." immer noch suchte er den Raum ab und sah mich ängstlich mit hellroten Augen an.
"Das ist gar nicht so einfach. Der Besuch bei Euch Contessa, ist meine Freiheitsprüfung. Sie riechen köstlich und ich habe Angst." er schluckte schwer und stellte die letzten Sachen auf den Tisch. Ich sah ihn fragend an und verstand nicht ganz was er meinte.
"Du brauchst keine Angst haben. Du bist sehr freundlich und sehr bemüht."
"Contessa, Sie sind ein absoluter Leckerbissen und ich habe mich eigentlich sehr gut unter Kontrolle. Es fällt mir, wie Sie sehen, sehr viel schwerer als ich vorher vermutete. Der Conte kann sich sehr sehr glücklich schätzen, wirklich." plötzlich erschrak er und blickte angsterfüllt hinter mich.
"Conte, ich wollte nicht länger bleiben als nötig, entschuldigen Sie bitte mein Trödeln. Ich wünsche Ihnen guten Appetit, Contessa." bemerkte er hastig und hielt den Blick gesenkt.
Das Prickeln in meinen Adern zeigte deutlich, dass Cosmin direkt hinter mir stand. Trotzdem vernahm ich ein leises Grollen hinter mir.
"Silvio?" fragte ich.
"Ja Contessa?" er sah zitternd von mir zu Cosmin.
"Richte deinem Vorgesetzen aus, dass du deine Prüfung hervorragend gemeistert hast." sagte ich freundlich und zwinkerte ihm zu.
"Natürlich, vielen Dank."- er verbeugte sich ein zweites Mal, Cosmin sagte immernoch kein Wort. - "Conte ,- Contessa, einen schönen Abend noch"
"Danke, dir auch Silvio" und wünschte ihm das Selbe.
Kaum hatte er die Tür geschlossen spürte ich Cosmin an meinem Rücken, er presste sich gegen mich und legte mir einen Arm um die Taille. Mein Körper erzitterte, als seine kalten Lippen meinen Hals entlang strichen.
"Meine Liebste, zu jedem freundlich, sogar zu dem kleinen Küchenjungen." flüsterte er mir ins Ohr und hauchte weiter Küsse darunter hinab.
"Natürlich, warum nicht? Ich kann auch nicht lang neben diesem leckeren Teller Pasta stehen, ohne bald über ihn her zu fallen. Er hat seine Sache gut gemacht." beteuerte ich und wandt mich den Tellern zu. Ich versuchte, Cosmin nicht zu beachten, was aber garnicht so einfach war und sah nach, was sich sonst noch unter den Tellerhauben befand.
Bolognese, Lasagne, Tiramisu und der Küchenjunge hatte auch Wein mitgebracht.
Plötzlich wurde ich fest an den Hüften gepackt und Cosmin ließ sich mit mir auf dem Schoß auf den nächsten Stuhl fallen.
Erschrocken sah ich ihn an, gab ihm aber dann einen sanften Kuss auf die Wange.
"Cosmin, ich weiß gar nicht wie ich diesen lieben Menschen... ähm... Vampiren danken soll. Das ist alles viel zu viel, wie wurde denn die Kleidung organisiert? Die Zeit war doch so knapp."
"Sophie, ich zahle ihnen ein fürstliches Gehalt, damit sie das tun, was ich von ihnen verlange. Sie haben viel zu großen Respekt, als dass sie es nicht tun würden." erklärte er in einem sicheren Tonfall. Dann schwank er wieder um und grinste frech.
"Mach einfach nur ihren Grafen glücklich, damit dankst du ihnen am meisten." raunte er mir ins Ohr und stahl sich einen Tropfen Blut von mir.

Der schwarze Gral -Blutrausch- Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt