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„Feline?", ruft Pedro gestresst.
Ich lasse fast den Scheinwerfer fallen, den ich grade abgewischt habe und zu den anderen, sauberen stellen will.
„Hast du kurz Zeit?", fragt er und eilt auf mich zu.
„Ich soll die Scheinwerfer...", sage ich und sehe dann, wie ernst er es meint.
Wahrscheinlich ist ihm wieder ein Kandidat abgehauen, den ich einfangen muss.
Diese Aufgabe gibt er mit Vorliebe mir.
„Klar habe ich Zeit, ich mach das einfach später", seufze ich und hoffe, dass ich keine Überstunden deswegen machen muss.
Die werden schlauerweise nämlich nicht bezahlt.
„Danke. Ich hab dir die Akte mitgebracht. Er muss gleich mit den anderen Jungs die Performance machen, aber er ist nicht da", erklärt Pedro, drückt mir die Kartei in die Hand und eilt davon.
Ich verdrehe die Augen, schlage die Mappe auf und schaue kurz das Bild an, damit ich weiß, wen ich suche.
Schon nach fünf Minuten werde ich fündig.
Er sitzt in einem der Nebengänge, die Augen geschlossen, den Kopf in den Nacken gelegt.
Klarer Fall von Lampenfieber.
„Hey", sage ich und setze mich ein Stück von ihm entfernt an die Wand.
Er reagiert nicht mal ansatzweise.
„Ich soll dich holen, aber ich denke nicht, das du willst, oder?", frage ich sanft.
Manchmal fühle ich mich wie die Mutter aller Kandidaten.
„Kannst du mir eine Frage beantworten?"
Er zuckt leicht mit den Schultern.
Immerhin hört er mir zu und versucht nicht, sich taub zu stellen.
„Weswegen bist du hier? Hast du eine Wette verloren?", frage ich.
Er hebt seinen Kopf, und sein Blick durchdringt mich.
„Ich lebe quasi für den Gesang", meint er mit einem trocknen Lachen.
Er will nicht schwach wirken.
„Aber Tanz ist nicht so dein Ding?", stelle ich grinsend fest.
Hoffentlich blockt er jetzt nicht ab.
„Wäre ich sonst hier?", fragt er spöttisch.
An der Selbstachtung müssen wir aber noch mal arbeiten.
„Wie war deine Audition?"
„Ganz gut", antwortet er.
Jetzt nicht locker lassen, sonst sperrt er mich aus seiner Wahrnehmung aus.
„Wie viele Jas hast du bekommen?", bohre ich nach.
„Drei", sagt er leise und lässt mich nur noch genauer spüren, dass er es sich selbst nicht zugeben will, dass er es geschafft hat.
„Drei von drei. Du hast die gesamte Jury überzeugt. Du hast Simon überzeugt. Sei mal bitte stolz auf dich, okay? Was ist dein Ziel? Was versprichst du dir hiervon?"
Er zuckt wieder mit den Schultern.
„Groß rauskommen. Berühmt werden. Was das Ziel von den Leuten hier eben ist", meint er.
Ich verkneife mir einen Kommentar über sein Alter.
Er ist selbst schuld, wenn er seine Jugend verschenkt.
„Denkst du, du wirst berühmt, wenn du dich hier versteckst? Du wirst dafür berühmt werden, dass du zu ängstlich warst, um da rauszugehen, und dann ist der Wirbel um dich vorbei! Das ist es also, was du willst, ja? Du willst hier die Diva spielen, einen Aufstand machen, ein paar Angestellte aufscheuchen, und damit groß rauskommen? Oh, viel Spaß dabei. Ich mache das nicht mit. Ich brauche nicht noch jemanden, der denkt, er ist der Star in diesem Spiel. Ich sage dir etwas: Das hier ist kein Spiel. Das hier ist purer Ernst, hier geht es um so viel mehr als Geld und einen Plattenvertrag, hier geht es um Berühmtheit. Hier geht es um dein zukünftiges Leben. Die Leute werden dich anschauen, erkennen, wenn du hier erfolgreich rausgehst. Sie werden dir zujubeln, dich nach Autogrammen und Fotos fragen, sie werden dich feiern. Aber wenn du da nicht rausgehen willst, wenn du schon an einem Tanz scheiterst, der absolut gar nichts mit deinem Gesang zu tun hat – Und glaub mir, das weiß die Jury – dann bist du vielleicht nicht gut genug. Dafür machen die das doch. Die wollen sehen, wie sehr du das willst. Die wollen sehen, dass du dich überwindest, dass du auf der Bühne Spaß hast, dass du das, was du willst, schaffen kannst, dass du diese Hürden überwinden willst und kannst. Aber wie gesagt, wenn du dich weigerst, kann ich auch gleich wieder gehen. Der Ausgang ist da hinten, wenn du mit deinem Stargehabe fertig bist", meine ich und stehe auf, als seine Stimme mich zurückhält.
„Wo ist die Bühne?", fragt er mit kühlem Unterton.
Ich grinse.
„Richtige Einstellung, Malik. Ich bring dich hin."

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