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„Ein Junge war hier", informiert mich meine Mutter knapp, als ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lasse.
Bitte nicht.
„Hat er dir was gesagt?", hake ich nach und vergesse beinahe, dass wir uns nicht wirklich leiden können und unsere tägliche Dosis an Gespräch wahrscheinlich schon längst überschritten ist.
„Er braucht Hilfe", antwortet sie seltsam monoton, doch ich gehe nicht weiter darauf ein und stürme wieder aus dem Haus.
Den Weg, den ich zu Fuß normalerweise in einer halben Stunde zurücklege, schaffe ich jetzt in weniger als einer Viertelstunde.
Bevor ich nachdenken kann, liegt mein Finger auf der Klingel.
Und dann überkommt mich die Panik.
Es könnte ein anderer Junge gewesen sein, der sich in der Tür geirrt hat.
Sie könnten Besuch von Simon haben.
Vielleicht sind sie auch nicht da.
„Gott sei Dank", höre ich in dem Moment Harrys erleichterte Stimme, bevor ich ins Haus gezogen werde.
Im kleinen Eingangsbereich stehen die anderen vier schon bereit, wie ein Begrüßungskomitee.
Und das ist es, was mich skeptisch macht, noch bevor ich durchdrehen kann, weil ich sie seit einigen Wochen zum ersten Mal wieder richtig sehe.
„Halt", sage ich und habe sofort die gesamte Aufmerksamkeit.
„Was geht hier vor sich?"
„Komm erst mal rein", schlägt Zayn vor.
„Noch kann ich gehen, ohne dass es wieder so sehr weh tut", seufze ich, wissend, dass das ganz und gar nicht der Fall ist.
Doch dieser Satz macht ihnen wohl Angst, denn sie werfen sich schnell ein paar Blicke zu, bevor Harry meine Hand nimmt und etwas unsicher in meine Augen schaut.
Mein Herz schlägt schneller.
Das gibt es nicht.
Er weiß, dass er mich jetzt um alles bitten kann - ich werde ja sagen.
„Wir brauchen deine Hilfe für das nächste Album", offenbart er mir.
Ich schließe meine Augen.
„Sagt, dass das nicht wahr ist", seufze ich.
„Es ist nicht wahr", meint Niall, doch sein Tonfall verrät, wie zerknirscht er in Wirklichkeit ist.
„Ich habe euch erklärt, wieso ich euch nicht mehr helfen will", sage ich und versuche, mich selbst davon zu überzeugen, dass ich nicht weitermachen kann.
Ich will nicht so enden wie mein Vater.
Louis schaut mich ernst an.
„Komm mal bitte kurz mit", meint er und zieht mich in die Küche, bevor ich protestieren kann.
„Harry ist nicht er selbst, wenn du nicht dabei bist. Er braucht dich", sagt er und ich erinnere mich an den Tonfall.
Genau den hat er immer benutzt, wenn er Harry und mich spaßeshalber verkuppeln wollte.
„Louis, ist das ist eine ganz, ganz schlechte Idee", protestiere ich schwach.
Ich glaube, er ist der Einzige von One Direction, der weiß, wie sensibel ich reagiere, wenn man Harry erwähnt - oder der Einzige, der es auch schamlos ausnutzt.
„Sie macht es!", ruft Louis und grinst mir zu.
Ich protestiere nicht.
Sie würden mich so oder so innerhalb von zwei Minuten überzeugt haben.
„Das heißt nicht, dass wir wieder Nummern tauschen, ich habe mir schon letztes Mal ein neues Handy gekauft. Ich schreibe die Lieder unter der Woche und komme am Wochenende immer zu euch. Seid ihr irgendwann auf Tour?"
„Ab übermorgen", werde ich von Liam informiert.
Ungläubig starre ich die Gruppe an.
„Ach ja. Und ich sitze dann hier fest und schreibe euer nächstes Album?", frage ich.
Wieder macht sich betretenes Schweigen breit.
„Es tut weh etwas zu schreiben, was euch von hier fernhält, weil ihr damit auf Tour gehen werdet", seufze ich, bevor ich das Haus verlasse.
Der Schmerz in mir frisst mich dabei fast auf.


Written In These StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt