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„Hast du auch eine Geschichte?", fragt Liam und obwohl ich meine Augen geschlossen habe, weiß ich, dass er mich meint.
„Natürlich. Aber keine langweilige, tut mir leid", sage ich und versuche, zu grinsen.
Das geht bei diesem Thema nur leider unglaublich schwer.
„Macht nichts", lächelt Niall.
„Mein Vater ist abgehauen, als ich zwei war", meine ich nach einer Weile.
Ich bekomme keine Antwort darauf, und das erleichtert mich.
Vielleicht muss der Satz aber auch einfach erst mal wirken.
„Abgehauen ist das falsche Wort. Er hat meiner Mutter gesagt, dass er gehen wird. Ich war nie geplant. Eigentlich wollte er schon viel früher gehen, aber dann wurde meine Mutter schwanger und er hat es nicht übers Herz gebracht, sie allein zu lassen. Aber als ich zwei wurde, war er der Meinung, dass wir ihn nicht mehr brauchen. Das Problem ist, dass ich mich zwar noch an ihn erinnere, aber trotzdem nichts mehr so genau weiß. Und das macht mich wahnsinnig."
Ich schlucke und starre den Himmel an.
Die Jungs unterbrechen mich nicht, sie lassen mich reden, oder sie wissen nicht, was sie darauf antworten sollen.
Ich gebe ja zu, es kommt etwas plötzlich.
„Er wollte berühmt werden und ist auf dem Weg nach Los Angeles irgendwie bei meiner Mutter hängen geblieben. Er ist zu ihr gezogen, weil er sich in sie verliebt hat, oder weil er es nicht übers Herz gebracht hat, ihr zu sagen, dass er weiter muss und sie ihn dann mehr oder weniger gezwungen hat."
Ich lache leise.
„Er wusste von Anfang an, dass es nicht für immer halten würde. Aber anscheinend war er trotzdem der Meinung, dass es schlau wäre, mich in die Welt zu setzen. Meine Mutter hasst ihn nicht dafür. Sie himmelt ihn immer noch an. Aber ich hasse ihn dafür. Er hätte zwei, drei Jahre länger warten können, und ich hätte ihn gehen gelassen, aber in Erinnerung behalten können."
Ich rede nicht weiter.
Mir ist klar, dass es nicht so einfach gewesen wäre.
Ich hätte ihn nicht gehen gelassen.
Und irgendwann hätte er auch nicht mehr gehen können.
Es gibt nur eine unglaublich kurze Zeitspanne im Leben, in der man berühmt werden kann, wenn man so normal ist wie ich.
Die Zeit, in der man jung ist, hübsch, so wie die Jungs.
Auch wenn ich wirklich denke, dass sie es auch später noch geschafft hätten.
„Nein, hätte ich nicht", spreche ich meine Gedanken aus und setze mich seufzend auf.
„Wieso schreibst du Lieder?", fragt Liam mich und ich sehe, dass auch er nicht mehr liegt.
Ich schaue ihn unverwandt an.
„Am Anfang musste ich es noch verarbeiten. Aber inzwischen habe ich herausgefunden, dass ich ein Talent dafür habe, wahrscheinlich von ihm", antworte ich mit einem leichten Lächeln.
„Das glaube ich nicht", meint Harry und setzt sich auf, wobei seine Hand wie selbstverständlich auf meiner Schulter zum Ruhen kommt.
„Dass ich Talent habe? Na warte!", lache ich, doch ich kann selbst spüren, dass ich nicht mit vollem Herzen lache.
Es ist traurig, nicht fröhlich, nicht so wie sonst.
„Nein. Dass du nur schreibst, weil du Talent hast. Ich glaube, dass du schreibst, weil du dich dadurch mit ihm verbunden fühlst. Und solange du schreibst, Feline, das kann ich dir sagen: Solange du schreibst, wirst du auch mit ihm verbunden sein. Du darfst ihn einfach nicht vergessen", sagt der Lockenkopf und ich frage mich einmal mehr, wer so viel Weisheit in sein Gehirn gestopft hat.

Written In These StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt