Kapitel 14

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Er machte es mir nicht leicht, ihn zu vergessen. Es wäre mir sowieso schon nicht leicht gefallen, ihn aus meinem Kopf auszuradieren, aber er hatte anscheinend das Bedürfnis, mich mit Nachrichten und irgendwann auch Anrufen davon abzuhalten.

Doch ich ignorierte sie alle.

Ich las sie mir durch, ich hörte mir die Mailboxnachrichten an, aber ich antwortete nicht.

„Alyssa, verdammt, kannst du dich nicht ein einziges Mal melden? Ich mache mir Sorgen!“

Die Frage, die in meinem Kopf herum schwirrte war, wieso zum Henker er das Tat. Wieso machte er sich Sorgen um mich, wenn er mich nicht kannte? Wenn wir kaum Zeit miteinander verbracht hatten?

Man konnte eine Person in dieser kurzen Zeit nicht kennenlernen und noch weniger sich Sorgen um sie machen. Das funktionierte nicht. Vielleicht war es am Anfang so, weil man dachte, die Person, die man gerade anfing ins Herz zu schließen, könnte einem wieder entschwinden, einfach wieder hinaus flutschen. Aber nach einiger Zeit würde es sich legen. Man würde anfangen zu denken, dass diese Peron es nicht wert wäre, dass man seine ganzen Gedanken an sie verschwendete. Man würde merken, dass sie sich wie eine egozentrische Zicke aufführte und sich ärgern, je einen Gedanken an sie verschwendet zu haben.

Das Problem hierbei war nur, dass Niall nicht man war und eigentlich hätte mir das von vornerein klar sein müssen.

Trotzdem war ich mehr als überrascht, als er auf einmal vor meiner Haustür stand und eine Erklärung erwartete.

Und egal, wie sehr mein Verstand mir dazu riet, die Tür einfach vor seiner Nase zuzuknallen, ich konnte es nicht übers Herz bringen, selbst wenn ich ihn nicht wie versteinert angestarrt hätte.

„Okay, ich weiß, du hast mich nicht erwartet und um ehrlich zu sein ist es ein Bisschen übertrieben, dass ich hier auftauche, aber wenn du mir von deinen Sorgen erzählst, die nicht gerade harmlos sind, mache ich mir Sorgen. Vor allem wenn du von jetzt auf gleich nicht mehr auf meine Nachrichten oder Anrufe reagierst.“

„Mein Handy ist kaputt“, log ich.

„Schwachsinn“, entgegnete er und quetschte sich an mir vorbei in die Wohnung. „Schön hier.“

Ich verdrehte die Augen. Er kam aus einem nicht nachvollziehbaren, anscheinend sehr dramatischen Grund hierher und alles, was er zu sagen hatte, war ein Kompliment über meine Wohnung?

„Danke.“

Er drehte seinen Kopf wieder zu mir. „Bist du alleine?“

„Du klingst wie ein Vergewaltiger.“ Vorsichtig lächelte ich.

„Ich will nur in Ruhe mit dir reden.“

Okay, es war ihm anscheinend wirklich wichtig, wenn er noch nicht einmal auf meinen Witz ansprang. „Ja, Phoebe ist einkaufen.“

„Gut.“

„Also?“ Abwartend sah ich ihn an. Ich wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter mich bringen.

„Können wir in dein Zimmer gehen?“

Ich seufzte. „Klar.“

Wortlos ging ich voran und blieb schließlich unentschlossen vor meinem Bett stehen, Niall dabei beobachtend, wie er die Tür hinter sich schloss und sich danach zu mir umdrehte.

„Okay, wieso hast du mich ignoriert?“, fragte er ohne jegliche Ablenkung und sah mich eindringlich an, sodass ich Schwierigkeiten hatte, überhaupt irgendwelche Worte zu finden.

„Ich dachte, es wäre besser so“, murmelte ich und wich seinem Blick aus, damit ich klar denken konnte.

„Wieso?“ Er klang nicht sauer oder enttäuscht, nur schon wieder besorgt.

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