Kapitel 28

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„Bis morgen, Scott." Ich schenkte dem Securitymann ein Lächeln, als er mir die schwere Eisentür aufhielt und schlüpfte in die kalte Winterluft. Erleichtert stellte ich fest, dass keine Paparazzimeute vor dem Studio darauf wartete, bis ich endlich Feierabend hatte und mich blicken ließ.

Eilig lief ich über den leeren, beleuchteten Platz, meine Hände in der schützenden Wärme meiner Ärmeln vergruben und den Schal extra fest um meinen Hals gebunden. Das breite Stahltor öffnete sich langsam, je näher ich kam. Mit einem Nicken bedankte ich mich bei einem weiteren Sicherheitsmann dafür, bevor ich das Gelände endgültig verließ. Vorsichtshalber ließ ich meinen Blick von links nach rechts wandern, um aufdringliche Paparazzi mit Sicherheit ausschließen zu können; erst danach machte ich mich schnellen Schrittes und mit gesenktem Kopf auf den Weg zur nächsten U-Bahn Station, froh darüber, dass die Dunkelheit mir zusätzlichen Schutz bot. Ein Hupen tönte durch die Straße, ab und zu kamen mir Leute entgegen und Fahrradfahrer versuchten sich, einen Weg durch den dichten Verkehr zu bahnen. Ich hatte noch nie verstanden, wie man so wahnsinnig sein und in London auf ein Fahrrad als Fortbewegungsmittel umsteigen konnte. Das war ähnlich wie mir einem Segway, wie Niall und ich festgestellt hatten: Entweder kam man nicht voran oder lief der Gefahr, jeden Moment überfahren zu werden.

„Alyssa!"

Oh Scheiße, bitte nicht! Ich zog meinen Kopf noch weiter ein, als ich jemanden hinter mir rufen hörte, der vermutlich mit einer Profikamera bewaffnet hinter mir her stelzte. Kurz darauf hörte ich die Schritte näher kommen und auf einmal wurde ich am Handgelenk gepackt um zum stehen bleiben gezwungen.

„Gott, Ally, du hast ja fast einen Schritt drauf wie Usain Bolt!"

Erschrocken wich ich einen Schritt zurück, bis mein Gehirn realisierte, wer da vor mir stand und die Anspannung von mir abfiel. „Und du pirscht dich schlechter an, als Mister Bean. Musst du mir so einen Schrecken einjagen?"

„Entschuldige." Niall lächelte schief und trat einen Schritt auf mich zu. „Hi." Kurz darauf hatte er mich in eine Umarmung gezogen. Und was das für eine war. Er drückte mich so fest, dass er mich fast zerquetschte, doch andererseits schien er genau zu wissen, wann zu viel zu viel wäre.

„Hey." Ich löste mich wiederwillig von ihm und sah ihn mir gerunzelter Stirn an. „Warum humpelst du?"

Für einen winzigen Augenblick huschte ein Schatten über sein Gesicht, doch dann winkte er ab. „Halb so schlimm."

„Das beantwortet meine Frage nicht."

Er seufzte. „Das ist ein bisschen komplizierter... Kann ich dir das gleich im Auto erklären?"

Ich nickte, doch dann stockte ich. „Im Auto? Ich habe keine Zeit. Tut mir leid, aber ich muss zu Richard. Gitarrenunterricht und so."

„Ich weiß." Niall grinste und ließ mich noch verwirrter werden. „Kleine Planänderung. Ich gebe dir Unterricht."

„Was?"

„Das hast du schon richtig verstanden." Immer noch grinsend griff er nach meiner Hand und zog mich mit sich. Mein Blick wanderte zu seinem linken Bein, das er bei jedem Schritt kaum belastete und dann zu seinem Gesicht. Er versuchte, es nicht allzu sehr zu verziehen, aber ich bemerkte es trotzdem. Fast schon automatisch befreite ich meine Hand aus seiner und legte meinen Arm stattdessen um seinen Körper, um ihn irgendwie zu stützen. „Wo steht dein Auto?"

Niall nickte nach vorne. „Kurz vor der Litfaßsäule." Sein Arm legte sich um meine Schultern, doch anstatt sie als Stütze zu benutzen, zog er mich noch enger an sich. Ich seufzte leise. Mein Versuch, ihm das Laufen zu erleichtern, klappte nicht wirklich, weil Niall anscheinend so stur war und seine Männlichkeit unter Beweis stellen musste. Unter andern Umständen hätte ich ihn zur Rede gestellt, aber sein Wagen kam schon in Sichtweite und irgendwie war ich mir sicher, dass er seine Einstellung sowieso nicht ändern würde.

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