Unerwarteter Besuch

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Seit zwei Tagen war ich wieder zu Hause. Mittlerweile hatte Martin seinen siebten Gesamtweltcupsieg geholt und mehrere kleine Kristallkugeln abgestaubt. Irgendwo in meinem Herzen meldete sich dieses Gefühl, dass ich stolz auf ihn war. Ich hatte noch zwei Tage Urlaub. Anscheinend will mich mein Chef nicht so schnell wieder im Büro haben. Aber das war mir auch recht. So konnte ich meinen freien Sonntagvormittag zum Training nutzen.

Ich stand gerade am Schießstand, als mich diese Stimme aufhorchen ließ. Sie gehörte weder meiner Trainerin Elke, noch Alex, der hinter mir stand und meinen Anschlag korrigierte. Nein, diese Stimme gehörte ganz jemand anderem. „Amelie? Kannst du mir bitte mal erklären, weshalb Martin Fourcade oben steht und nach dir fragt?", Elke wollte sich nur schnell etwas zu trinken holen, da musste sie ihm wohl begegnet sein. Ich beendete meine letzte Serie und legte dann mein Gewehr zur Seite. Langsam pellte ich mich aus meiner Jacke und zog die Schuhe aus. Die starre Schießhose landete irgendwo in meinem Koffer und meine Brille flog gleich hinterher.

Mit einigen schnellen Schritten war ich die Treppe nach oben gesprintet und öffnete die Tür zur Gaststätte, die zu unserem Schützenheim gehörte. „Martin?", wir hatten in den letzten Tagen viel geschrieben und auch telefoniert. „Amelie!", er begrüßte mich mit Küsschen links, Küsschen rechts und umarmte mich kurz.

„Ihr kennt euch?", Elke sah überrascht zwischen Martin und mir hin und her: „Warum hast du das nie erzählt?!" Ich lachte. „Ich kenne Martin auch erst seit einer Woche.", ich hob entschuldigend die Hände. „Martin... aha.", Elke sah mich mit diesem eindeutigen Blick an, den sie normalerweise nur den jüngeren zu warf, wenn diese mal wieder mehr mit ihren zahlreichen Freundinnen prahlten, als sich aufs Training zu konzentrieren. „Nichts ... aha!", verteidigte ich mich so gut ich konnte. Martin, der von unserer Unterhaltung kein Wort verstanden hatte, fragte mich jetzt auf Französisch, worum es ging und ich übersetzte ihm unsere kurze Unterhaltung. Er lachte, flüsterte mir dann etwas zu, dass ich für Elke ins Deutsche übersetzte: „Martin ist der Meinung, dass du viel zu neugierig bist." Elke verdrehte genervt die Augen: „Na vielen Dank auch."

Meine arme Oma bekam beinahe einen Herzstillstand und reagierte mit einem „Ja bist du deppert!" auf den unerwarteten Besuch. Sofort wurde für einen zusätzlichen Gast gedeckt, und Martin saß zwischen mir und meinem Großvater, der sofort über die aktuellen politischen Geschehnisse fachsimpelte, an unserm Küchentisch. Meine Eltern waren bei Freunden und meine kleine Schwester bei ihrem Freund, so dass, obwohl Oma ja eigentlich nur für drei, und ihrer Meinung nach viel zu wenig, gekocht hatte, immer noch genug übrig blieb, um eine ganze Fußballmannschaft zu versorgen.

Martin unterhielt sich begeistert mit meinem Großvater, der selbst sehr gut Französisch sprach, während ich meiner Großmutter beim Abwasch half. Martin hatte mir zwar angeboten, das zu übernehmen, aber ich hatte mich nicht davon abbringen lassen. So hatte ich endlich Gelegenheit ungestört mit meiner Oma zu reden. „Dein Martin ist schon ein ganz lieber Junge, Amelie.", erklärte sie mir begeistert. „Ja, er hat mir sogar einen Job angeboten." „Einen Job?" Ich nickte: „Als Schießtrainerin." Oma klatschte in die Hände, sodass sich der Schaum, der noch an ihnen klebte, im ganzen Raum umher flog: „Das ist ja wunderbar! Du hast doch angenommen?" Ich schüttelte langsam den Kopf: „Nein, hab ich nicht." „Ja, sag mal! Dieser Junge hat dir doch nicht einen Job angeboten, nur damit du ihn ablehnst!", sie schnaubte verärgert: „Er ist ja sogar hierhergekommen, nur wegen dir!" „Nein, nicht wegen mir." Omas Augen blitzten gefährlich und sie setzt zu einem erneuten Donnerwetter an: „Sag mal, bist du blind? Soll ich dir mal meine Brille leihen? Der Junge ist über beide Ohren in dich verliebt, und du, du lässt ihn einfach abblitzen.", innerhalb von Sekunden wandelte sich das wütende Glitzern in einen sanften Oma-Blick: „Schau, Kindchen. So eine Chance hast du nur einmal im Leben. Du solltest sie wirklich nutzen."


Je t'aime (Martin Fourcade ff) *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt