Verzweiflung

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„Und was soll ich anziehen?", verzweifelt saß ich vor meinem Kleiderschrank und zog ein Oberteil heraus, nur um es gleich wieder zurück zu werfen. Frustriert schüttelte ich den Kopf. In zwei Stunden würde Stefan kommen, um mich und meine kleine Schwester ab zu holen. Carina saß im Schneidersitz auf meinem Bett und sah mich an, wie ein Psychiater seinen unheilbaren Patienten ansieht. Hoffnungslos. „Amelie! Ich bitte dich! Wenn Martin dich wirklich liebt, bist du für ihn selbst in einem Müllsack die schönste Frau der Welt.", versuchte sie mich zu beruhigen. Aber auch das half nichts. Seit einer knappen Woche war ich ein reines Nervenbündel und konnte es einerseits kaum erwarten, Martin wiederzusehen, andererseits wollte ich mich einfach nur verkriechen. „Aber was ist wenn er mich gar nicht sehen will?", ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Simon kennt seinen Bruder ziemlich gut. Wenn er sagt, dass du Martin fehlst, dann wird es auch so sein.", kam die genervte und gleichzeitig ziemlich verzweifelte Antwort meiner kleinen Schwester. Das beruhigte mich zwar kaum, aber anscheinend ging ich ihr so sehr auf die Nerven, dass sie mich kurzerhand ins Bad beförderte, mir den Auftrag gab, mich herzurichten und die Kleiderwahl auf ihre Schultern nahm. So sehr ich meine kleine Schwester manchmal echt auf den Mond schießen könnte, so dankbar war ich ihr in diesem Moment.

Keine drei Stunden später waren wir auch schon an der Chiemgauarena von Ruhpolding angekommen. Wie versprochen hatte mir Simon drei Karten am Eingang und dazu eine Handgeschriebene Botschaft hinterlegt. Als wir an unseren Plätzen, von denen aus wir den kompletten Schießstand im Blick hatten, angekommen waren, faltete ich den Zettel auf und begann zu lesen:

***Salut Amelie. Wenn du diese Nachricht liest, bedeutet das wohl, dass du gekommen bist. Komm bitte nach dem Rennen zum Pressebereich. Da ist es am einfachsten Martin abzufangen. Ich wünsche dir von ganzem Herzen viel Glück. Simon.***

Einen Moment lang dachte ich über seine Worte nach, dann faltete ich den Zettel wieder zusammen und verstaute ihn in einer Tasche meiner Daunenjacke. Kurz darauf ging das Rennen bereits los. Gespannt wartete ich, bis Martin an der Reihe war. Er strengte sich sichtlich an, aber man sah ihm an, dass er seit fast drei Monaten kein richtiges Rennen mehr hatte. Trotzdem fühlte ich einen gewissen Stolz, als er an den Schießstand kam. Auch wenn er einige Fehler machte, wurde er doch noch 29. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als er sich in Richtung Pressebereich begab und ich meinen Rollstuhl in dieselbe Richtung schob. Stefan und Carina bekamen davon nichts mit. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um darauf zu achten, was ich tat. Es wunderte mich, dass es so einfach war, in den Pressebereich zu kommen. Und da sah ich ihn.

***Es tut mir leid, dass das Kapitel so kurz ist, aber ich kann euch versprechen, dass die nächsten deutlich länger werden.***


Je t'aime (Martin Fourcade ff) *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt