Meine Freundin

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***Für alle, die morgen wieder zur Schule müssen... so wie ich, und all die anderen armen Menschen da draußen, die schon länger keine Ferien mehr haben.***


Es war früh morgens, als ich am Sonntag aufwachte. Martin hatte seine Arme von hinten um mich gelegt und spielte mit einer Haarsträhne, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte. „Guten Morgen, ma chérie.", flüsterte er mir sanft ins Ohr. Langsam drehte ich mich um und sah ihm in die Augen, ehe er mir einen federleichten Kuss auf die Stirn gab. Ich befreite mich vorsichtig aus seinen Armen und streckte mich. Erst jetzt fiel mein Blick auf den Wecker, der auf dem Nachttisch stand. Er zeigte 7:30. „Mist!", fluchte ich leise. „Was ist los, ma chérie?" – „Stefan und Carina machen sich bestimmt schon mächtig Sorgen." Martin lächelte: „Das glaube ich nicht." Verwirrt sah ich ihn an: „Warum nicht?" – „Na ja, ich habe ihnen gestern eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie dich wahrscheinlich erst heute Mittag in der Arena treffen werden.", er zuckte grinsend mit den Schultern. „Du hast was?!", ich versetze ihm einen Rempler mit dem Ellenbogen: „Du warst dir deiner Sache da aber ganz sicher, was?" Wieder zuckte er nur grinsend mit den Schultern: „Ich hatte ja auch recht, nicht wahr." – „Mh, ja, vielleicht.", dann fiel mir aber eine ganz bestimmte Tatsache ein: „Hast du nicht heute Mittag ein Rennen?" Martin schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn: „Ich sollte schon lange beim Frühstück sein.", er drückte mir einen Kuss auf die Wange, ehe er aufsprang und im Bad verschwand. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, deshalb blieb ich einfach liegen, und wartete, bis Martin nach einer gefühlten Ewigkeit endlich aus dem Bad kam. „Willst du dich nicht auch langsam mal umziehen?", fragte er, als er mich noch immer im Bett liegen sah. „Jetzt mach du dich erstmal fertig. Ich kann immer noch ins Bad, wenn du beim Frühstück bist.", erklärte ich, als wäre das selbstverständlich. Martin, der gerade vor seinem Schrank stand, wandte sich abrupt zu mir um: „Kommst du gar nicht mit?" – „Ich wusste nicht ... Ich dachte ich gehe einfach ...", wollte ich einwenden, aber er unterbrach mich: „Das kommt gar nicht in Frage! Du kommst natürlich mit zum Frühstück. Außerdem brauche ich meine Trainerin später beim Rennen." Mit diesem Satz wischte er alle Zweifel beiseite. Er hatte also niemand neuen engagiert. Er hatte mich nicht einfach ersetzt. Martin hob mich aus dem Bett und setzte mich in den Rollstuhl. Ich trug eine von seinen, mir viel zu weiten, Jogginghosen und ein T-Shirt, das ebenfalls ihm gehörte. Schnell verschwand ich im Bad und richtete meine Frisur, bevor ich die Jeans von gestern anzog und einen Pullover von Martin bekam, der mir nur ein kleines bisschen zu groß war. „Kann's los gehen?", fragte Martin, als ich aus dem Bad kam. Ich nickte. Er schob mich durch die Gänge zum Aufzug, der uns ins Erdgeschoss brachte, wo sich auch der Speisesaal befand. Vor dem Speisesaal hielt er an und hob mich aus dem Rollstuhl: „Martin! Was wird das jetzt?" – „Ma Chérie... willst du wirklich, dass ich dich die Stufen hinunter im Rollstuhl fahren? Das könnte böse ausgehen.", erklärte er und bat mich schließlich, die Tür zu öffnen. Es musste schon seltsam aussehen, wie Martin mich in den Speisesaal trug und mich auf einen Stuhl am Tisch von Simon und seinen Mannschaftskollegen setzte, ehe er sich selbst einen Stuhl holte. Simon sah verwirrt von Martin zu mir und wieder zurück: „Amelie? Was machst du hier?" Ich konnte gar nicht antworten, denn Martin kam mir zuvor: „Sie war bei mir." – „Die ganze Nacht?", mischte sich Jean ein. Martin nickte. „Darf man fragen, wer du bist?", fragte ein anderer, der am Tisch saß, und den auch ich nicht kannte. „Ich bin Amelie, Martins...", ja, was waren wir eigentlich? Ich meine, wir hatten uns zwar unsere Liebe gestanden, aber ... „Amelie ist meine Freundin." Der junge Biathlet grinste: „Gut zu wissen. Sonst hätte ich ja vielleicht eine Chance gehabt.", es war keine direkte Frage, aber ich wusste, dass diese Aussage an mich gerichtet war: „Wenn du mir verrätst, wer du bist, kann ich dir das vielleicht sagen.", antwortete ich selbstbewusst. „Simon Desthieux, mein Name." – „Tja, Simon, da muss ich dich leider enttäuschen. In meinem Herzen ist nur Platz für einen französischen Biathleten.", für diese Aussage bekam ich einen Kuss von Martin und mehrere anerkennende Blicke von den übrigen am Tisch. „1 zu 0 für dich, würde ich sagen.", gab Simon zu. Damit konnten wir uns jetzt alle unserem Frühstück widmen. Martin brachte mir, was auch immer ich wollte und irgendwann fragte mich Simon hinter vorgehaltener Hand: „Hat er dich heute Nacht so ... na du weißt schon ... dass du nicht mehr laufen kannst, oder was?" Ich lachte: „Nein hat er nicht. Ich hatte vor einem halben Jahr einen Unfall. Seit dem bin ich querschnittsgelähmt.", es fiel mir nicht mehr schwer, über das was passiert war, zusprechen. Simon allerdings wurde blass: „Das ... also ... sorry, wenn ... das war jetzt ziemlich peinlich, oder?", stotterte er herum. Ich lächelte: „Schon okay. Ist doch kein Problem."






Je t'aime (Martin Fourcade ff) *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt