Um Leben und Tod

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***Ich habe haufenweise Teile vorgeschrieben, die irgendwann in den nächsten Tagen erscheinen werden, aber bis dahin kämpfe ich noch ein bisschen mit den anderen Teilen, die ich noch nicht vorgeschrieben habe. In diesem Teil werden zwei alte Bekannte auftauchen, die man so vielleicht nicht erwartet hätte. Viel Spaß beim Lesen!***

„Bitte Amelie, leg nicht gleich wieder auf! Es geht hier praktisch um Leben und Tod!", flehte Simon mich an. Ich seufzte: „Schieß los." Am anderen Ende hörte ich Simon leise lachen: „Das ist das richtige Stichwort!", er machte eine kurze Pause, ehe er weiter sprach: „Wir sind gerade in Östersund und morgen muss Martin ins Rennen, aber seit einigen Tagen ... ach was soll ich sagen, seit dem du weg bist, klappt bei ihm einfach nichts mehr!" Er übertrieb eindeutig. „Dir ist schon klar, dass ich schon fast ein halbes Jahr weg bin?", fragte ich vorsichtig nach. Es hätte ja sein können, dass er in dieser Zeit verrückt geworden war. „Ich schicke dir ein Video von seinem letzten Schießen, du wirst vermutlich einen Herzinfarkt bekommen, aber du musst ihm helfen!" – „Na gut. Dann sehe ich was ich tun kann." Ich hörte die Erleichterung aus Simons Stimme heraus: „Du bist die Beste, Amelie! Bis bald!", damit legte er auf, ehe ich noch etwas erwidern konnte. Kurz darauf blinkt mein Handy erneut auf. Ich öffnete das Video und sah es mir an. Auf den ersten Moment schien alles zu passen, aber als der erste Schuss daneben ging, konnte ich immer mehr erkennen, wie Martin sich verkrampfte. Seine Atmung ging sehr unregelmäßig und er verkrampfte mit jedem Schuss mehr. Mit Müh und Not bekam er zumindest zwei der fünf Schüsse einigermaßen auf die Scheibe. So kannte ich ihn gar nicht. Fieberhaft begann ich zu überlegen, was ihm helfen könnte, als mich plötzlich jemand an der Schulter antippte: „Was machst du hier draußen, Am? Solltest du nicht mit rein kommen?", fragte mein bester Freund nachdenklich. Ich schüttelte abwesend den Kopf. Noch immer überlegte ich, was ich tun sollte. Alex sah über meine Schulter und sah das Video: „Ist das Martin Fourcade?" Ich nickte: „Irgendetwas stimmt hier ganz gewaltig nicht, aber ich finde einfach keine Lösung." - „Ich verstehe.", ebenfalls nachdenklich ließ er sich auf die Bank neben mir gleiten und stützte den Kopf auf die Hand. Da kam mir eine Idee: „Alex, ich brauche unbedingt deine Hilfe. Kannst du mich zum Schützenheim fahren?" Überrascht sah er mich an. Dann nickte er und schob mich zum Auto. Er halb mir hinein und startete den Motor. Mit quietschenden Reifen fuhr er vom Hof in Richtung Ortsausgang wo sich das Schützenheim befand. Auch dort half er mir mit dem Rollstuhl und schloss dann die Tür zum Schießstand auf. „Was hast du vor?", fragte er, als er die Lichter anschaltete und ich erst einmal die Augen zukneifen musste. „Nimm dir ein Gewehr und stell dich genauso hin wie Martin in dem Video, dann sag mir, wie es sich anfühlt.", kommandierte ich und Alex tat, wie ihm befohlen. Völlig verkrampft stellte er sich an den Stand. „Ich verstehe nicht, wie er überhaupt abdrücken konnte. So steht kein normaler Mensch da, wenn er schießen will.", meinte er schließlich: „So würde ich mich vielleicht hinstellen, wenn mir der Rücken und die Knie wehtun würden, aber nicht, wenn ich top fit wäre.", kommentierte er weiter. Ich nickte: „Was schlägst du vor?" Alex verzog das Gesicht: „Ich würde ganz vorsichtig nach fragen, ob er sich in den letzten Wochen mal verletzt hat, oder ob er mal krank war. Vielleicht kommt es ja daher." – „In Ordnung. Ich werde Simon gleich anrufen." Alex setzte sich auf die Bank, die normalerweise zum Umziehen und herrichten genutzt wurde, während ich mit zittrigen Fingern die Nummer von Simon wählte. Es klingelte einige Male, ehe Simon abnahm. Da ich ihn über Sprachanruf anrief, konnte ich sein verschwitztes Gesicht sehen. Vermutlich kam er gerade vom Training. „Amelie! Schön dass du so schnell zurück rufst...", im Hintergrund erkannte man das Sportstudio. „Warte kurz, ich mach hier noch schnell fertig.", ich sah ihm zu, wie er eine Wasserflasche und ein Handtuch vom Boden aufhob und die Sachen auf einer Bank ablegte: „So ... jetzt erzähl... oh ... äh warte kurz.", er drehte so, dass ich auch die Person hinter ihm erkennen konnte. Da stand tatsächlich sein gut aussehender Bruder, der sich mit schmerzverzehrten Gesicht an einer Übung versuchte. „Äh ... Simon?", ich versuchte ihn vorsichtig auf den Fauxpas aufmerksam zu machen, aber er reagierte nicht. Stattdessen winkte er Martin zu sich her und kurz darauf erschien sein Gesicht neben dem von Simon. Mein Exkurzzeitfreund war nicht minder geschockt, als er mich sah. Ich musste zugeben, er sah müde aus. Hatte dunkele Ringe unter den Augen und seine schokobraunen Augen strahlten nicht so, wie ich es kannte. „Amelie?", er schien es nicht glauben zu können, dass ich tatsächlich die war, die er in dem kleinen Kästchen sehen konnte. Ich nickte vorsichtig: „Hallo Martin.", ich merkte, wie mir Tränen in die Augen traten. Schnell versuchte ich diese weg zu blinzeln. „Martin, ich habe Amelie angerufen, weil ich glaube, dass sie dir helfen könnte.", erklärte Simon seinem Bruder. „Ich brauche keine Hilfe. Ich hab alles im Griff.", Martins Stimme wurde lauter, was mich zusammenzucken lies. „Das glaube ich nicht, Martin.", flüsterte ich, so leise, dass er es nur mit Mühe verstehen konnte, aber sofort verstummten die Stimmen der beiden Brüder. „Du hast Schmerzen. Und das sieht man dir an. Deshalb funktioniert das Schießen auch nicht mehr. Bitte lass dich behandeln.", ich atmete einmal tief durch: „Ich kann nicht mehr tun, als dir das zu sagen, und ich tue es auch nur, weil ich ... Ach vergiss es. Tu mir und deinem Bruder den Gefallen.", damit beendete ich das Gespräch und schaltete mein Handy aus, ehe ich in Tränen ausbrach. Ich vermisste ihn, aber das wollte ich mir einfach nicht eingestehen.


Je t'aime (Martin Fourcade ff) *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt