«Schrei in der Nacht»

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Ich fühlte mich ausgebrannt und leer nach diesem Katastrophenabend, als ich in mein warmes Bett kroch. Innigst sehnte ich mich nach einem erholsamen Schlaf, doch mit der Nacht kamen auch immer die Träume.

***

Über uns funkelten die Sterne und die laue Luft der Sommernacht streichelte meine Haut. Auf Zehenspitzen schlich ich in das bereits schlafende Haus, führte Alex mucksmäuschenstill über die leise knarrenden Dielen des Flures. Nur so konnte ich ihn heimlich mit in mein Zimmer nehmen, denn meine Mom hielt nicht viel von ihm.

Ich zündete ein paar Kerzen an, um den dunklen Raum gemütlich auszuleuchten. Wir konnten es nicht erwarten uns nah zu sein und begannen uns zu küssen. Gemeinsam setzten wir uns auf mein Bett, ohne voneinander zu lassen.

Plötzlich hielt er inne und starrte auf mein neues Sommerkleid, das noch ungetragen über dem Stuhl hing. Er löste sich von mir und schrie mich an: „Wie oft hab ich dir gesagt, ich will dich in so einem Scheiß nicht sehen."

Alex, wir haben das doch geklärt. Es funktioniert so nicht. Du kannst mir nicht dauernd vorschreiben, was ich anziehen soll", antwortete ich ihm in einem ruhigen Ton. Ich wollte die Situation nicht unnötig anheizen und womöglich noch meine Mom wecken. Zu oft hatte sie unsere Dispute vor dem Haus mit angehört, wenn er mir wieder einmal vorwarf mich nach anderen Männern umgesehen zu haben. Und genau so oft hatte sie mir ans Herz gelegt, es zu beenden.

Doch ich liebte ihn.

Sein Blick wurde eiskalt und er verschränkte die Arme. „Willst du aussehen, wie eine dieser billigen Schlampen und dass dir die Typen auf den Arsch glotzen?", wollte er wissen, doch seine Stimmlage verriet, dass ihm völlig egal war, wie meine Meinung dazu ausfiel. Alles was zählte, war seine Ansicht und der hatte ich mich zu fügen. Aber ich war es leid weiter fremdbestimmt zu werden.

„Nein, natürlich nicht! Aber ich werde auch nicht bei 40 Grad in langen Hosen herum laufen", bot ich ihm die Stirn, was seine Augen vor Wut aufflackern ließ. Fest presste er seine Zähne aufeinander, als sich seine Kiefermuskeln verkrampften. Aus heiterem Himmel packte er mich mit aller Gewalt an den Handgelenken und zog mich zu sich. Ein Schmerz, als hätte ich mich zwischen einer Tür geklemmt, fuhr meinen Arm hinauf. Mit dieser Reaktion von ihm hatte ich nicht gerechnet. Noch nie zuvor hatte er in einer Diskussion derart die Kontrolle verloren.

Glück reist auf weißen Schwingen (Neufassung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt