«Mit dir an meiner Seite»

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„Wir sind da bald da“, hörte ich in der Ferne jemanden sagen, doch ich hatte keine Kraft die Lider zu öffnen und mein Kopf fiel zur Seite. Mich umgab eine warme Umarmung in der ich, wie auf einer Wolke durch die Luft schwebte, bis ich unter mir eine weiche Matratze spürte. Wie durch einen milchigen Schleier blickte ich in die Dunkelheit und in mein Blickfeld rückte ein undeutlicher Schatten. Er hielt meinen Teddy in der Hand und betrachtete ihn. Immer wieder zog mich die Erschöpfung in die Tiefe und ich glitt in die Schwärze der Nacht. Nicht für lange, wie mir schien, denn das nächste Mal als ich durch das trübe Glas des Halbschlafes sah, saß er an meinem Bett. Besorgnis und Schuld lag in seinem Blick.

„Schlaf gut, Zuckerpuppe“, murmelte er, dabei zeichnete sein Finger behutsam die Narbe an meinem Unterarm nach. Mit einem Gefühl der Geborgenheit kringelte ich mich wie ein Kind im Mutterleib zusammen und versank in einem herrlich süßen Traum von Daryl.

Zersplitterndes Glas riss mich aus meinem Schlaf. Innerhalb von Sekunden saß ich senkrecht im Bett. „Was?“ Verwirrt blinzelte ich gegen das sanfte Licht meiner Nachttischlampe. Ich hob den Kopf und sah ihn. „Wie bist du ...? Und warum ...?“, murmelte ich. Noch einmal zwinkerte ich, doch das Ergebnis blieb das gleiche. Daryl kniete am Rand meines Bettes. Allmählich kam ich zu mir.

„Du solltest deinen Türcode am Schlüssel besser entfernen. Du weißt nie, wer ihn in die Hände bekommt“, meinte er mit einem ernten Seitenblick. Ich folgte ihm zu meinem Tagebuch. Hatte er darin gelesen? Ich hob fragend die Braue und sein Gesicht färbte sich an den Wangen, dann räusperte er sich verlegen.

„Glücklicherweise war ich es“, entging er meiner stummen Frage mit einem schiefen Lächeln und reichte mir einen kaputten Bilderrahmen. „Entschuldige das Maleur, ich besorgt dir einen neuen, versprochen.“

„Nicht nötig, das wichtigste ist das hier“, sagte ich und brach den Augenkontakt. Sorgsam entfernte das Bild hinter dem zersplitterten Glas. Zum Glück war es unbeschädigt geblieben. Ich strich über das Gesicht meiner Mom, das meinem so ähnlich war. „Danke für's Heim bringen, Daryl. Du hältst mich jetzt bestimmt für eine komplette Irre.“

Das Bett gab unter seinem Gewicht nach, als er sich zu mir setzte. „Nein tu ich nicht. Ich bin der Volltrottel hier. Innerhalb von kürzester Zeit versuche ich dich zweimal zu küssen, obwohl wir uns kaum kennen. Ich wollte dich nicht überfahren. Es ist offensichtlich das du etwas mit dir rumschleppst.“

Sein Blick verharrte auf dem Foto in meiner Hand. Nun war ich mir sicher, dass er in meinen Aufzeichnungen gestöbert hatte, auch wenn er es vermutlich nie zugeben würde. Also konnte ich mir jegliche Ausrede sparen.

„Mehr als etwas würde ich sagen“, gab ich zu. „Und deshalb wird es auch keine Fortsetzung von dem geben, was auch immer da zwischen uns ist”, sagte ich entschieden, denn das riet mir mein Verstand. Aber dann blickte ich ihm in die Augen und mein Herz fügte leise hinzu: „Auch wenn ich es vielleicht mehr als alles andere will.“

Wie als hatte ich ihm gerade einen Platz in der ersten Reihe eines Yankee Spiels versprochen, richtete er sich mit einem weiten Lächeln auf. Und ich konnte ihm seine Überraschung auch nicht verdenken, war es für mich selbst ein Schock was mir gerade über die Lippen gekommen war.

„Hör zu, ich weiß wir hatten einen komplizierten Start“, begann er wohlüberlegt, „aber ich will dich unbedingt kennenlernen. Keine Verpflichtung zu irgendetwas, nur ein Spaziergang oder ein Essen zu zweit“, sagte er und wartete geduldig auf meine Antwort.

Wieder entbrannte in mir ein innerer Kampf. Nervös wickelte ich meine Finger in die Decke und biss mir dabei auf die Unterlippe. „Mein Leben ist das reinste Chaos. Ich muss das erst ordnen, bevor ich an irgendetwas anderes denken kann.“

Glück reist auf weißen Schwingen (Neufassung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt