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Entgegen alle meiner Einwände, blieb Katharina weiter hartnäckig. Zwei Wochen lang hatte sie mich beschwazt bis ich letztendlich ihr Angebot dankend annahm und mir einen freien Samstag gönnte. Ein gutes hatte diese kurze Auszeit. Denn endlich konnten Jess und ich einen längst überfälligen Mädelsabend planen.
Noch völlig unschlüssig wie wir unsere gemeinsam Zeit verbringen sollten, lümmelte wir auf der Couch. Während Jess vertieft in einer Modezeitschrift blätterte, hing ich meinen Gedanken nach. Heimlich still und leise schlich sich das Bild des grünäugigen Fremden in meinen Kopf - nicht das erste Mal, seit meine rüde Abfuhr ihn endgültig vertrieben hatte. Etwas in mir sehnte sich danach ihn wiederzusehen. Ich seufzte leise und hielt mir standhaft mein Motto, der letzten drei Wochen vor Augen: „Wo kein Mann, da auch keine Probleme!"
„Oh ich weiß, was", warf Jess in den Raum und legte ihre Lektüre auf den Couchtisch. „Wie wäre es, wenn wir mal wieder in einen Club gehen?"
„Ich weiß nicht so Recht", zögerte ich. In unserer Collegezeit hatten wir kein Wochenende ausgelassen und gefeiert bis unsere Füße qualmten. Nun war mir allein die Vorstellung, umgeben von Menschen zu sein, die vielleicht meinen Makel sehen könnten, unangenehm.
Sie seufzte. „Lyn, dort ist es dunkel, niemand wird darauf achten", versuchte sie mich zu überreden.
Vehement schüttelte ich den Kopf, dann zog das Shirt über meinen linken Unterarm. Meine Psyche in den Griff zu bekommen war eines, aber die zarte Linie auf meiner Haut konnte ich nicht einfach wegtherapieren. Sie blieb für immer und erinnerte mich daran, dass ich einmal kurz vorm Abgrund stand.
Ich riss den Blick von meinem Schoß weg und lächelte meine Freundin an. „Wie wäre es einfach mit Kino? Da läuft gerade der neue Film mit Johnny Depp", unterbreitete ich ihr meine Idee.
„So so, für den Typen verlässt du also freiwillig tagsüber das Haus. Mit mir gehst du nicht mal im Dunkeln vor die Tür", meinte sie mit einem Schmollgesicht. „Aber okay, abgemacht. Los, raus aus deiner Jogginghose!" Ihr Gesicht strahlte voller Vorfreude, als sie aufsprang und mir ihre Hand entgegen hielt.
Eine gefühlte Ewigkeit war es her seit ich Abends mit Jess weg war und genauso lang hatte wir auf der Suche nach etwas passenden vor meinem Kleiderschrank gestanden. Während sie nun in ihrem Outfit pure Weiblichkeit in allen Farben ausstrahlte, bot ich ein Bild des Schreckens. Einer besonderen Kunstfertigkeit hatte es auch nicht bedurfte, mich in einen mausgrauen Rolli zu hüllen um damit bleich wie eine Geistererscheinung zu wirken.
Ausgiebig betrachtet sie mein Ergebnis und warf ihre Stirn in Falten, die von ihrem fransigen Pony bedeckte wurde. Das sie meinen Schlapperlook furchtbar fand, war kein Geheimnis zwischen uns, obwohl sie durchaus verstand, warum ich mich versteckte. Deshalb sagte sie auch nichts zu meinem Kleidungsstil, sondern legte mir den Arm um die Schulter und zog mich an sich heran.
„Du bist auch ohne den ganzen Girliekram von früher eine wunderschöne Frau, vergiss das nicht." Sie drückte mich und gab mir ein Küsschen auf die Wange, dann wandte sie sich zum Gehen. Bevor sie endgültig mein Zimmer verließ, drehte sie sich noch einmal zu mir. „In einer halbe Stunde geht's los", erinnerte sie mich im neckischen Ton an mein restliches Zeitfenster.
Ohne zu trödeln, band ich fix meine Haare zu einem wirren Knoten zusammen und tuschte mir die Wimpern. Wenigstens ein bisschen wollte ich mich zurechtmachen, um nicht wie ein Zombie auszusehen.
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Glück reist auf weißen Schwingen (Neufassung)
Fiksi UmumDas Leben eines Menschen besteht aus Entscheidungen und jede Wahl zieht Konsequenzen nach sich, die seine Zukunft ändern. So erging es auch der 25jährigen Architekturstudentin Carolyn. Der unerwartete Tod ihrer Mutter hat ihre Träume, wie die morsc...